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Alkoholsucht mit Tabletten bändigen

Pharmakologisch lässt sich die Alkoholsucht über verschiedene Wege beeinflussen. Einer davon ist die Unterbindung von Belohnungseffekten (z.B. eine verminderte Dopaminausschüttung durch Opioidrezeptorblockade). Anti-Craving-Substanzen reduzieren den Suchtdruck und verbessern die Motivation. Wirkstoffe wie Disulfiram vergällen dem Trinker den Alkoholkonsum durch Unverträglichkeitsreaktionen. Doch welche Substanzen haben sich in der Praxis bewährt? Das Autorenteam um Professor Dr. Michael Soyka von der Psychiatrischen Klinik der Universität München in Bernau und Kollegen fassen die wichtigsten Punkte zusammen.
Deutsche Trinkerzahlen
Neuer Wirkstoff bei leichter Abhängigkeit
Relativ neu in der Alkoholtherapie ist Nalmefen, das im Gegensatz zu Naltrexon nicht alle Opioidrezeptoren blockiert. Nalmefen ist in Deutschland zur Trinkmengenreduktion zugelassen. In Studien zeigte sich eine gewisse Verringerung der schweren Trinktage. Die Nebenwirkungen sind ähnlich wie bei Naltrexon. Eine Kontraindikation besteht bei schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen, Opiatabhängigkeit und Einnahme von Opioidanalgetika. Sinnvoll ist der Einsatz von Nalmefen nach Meinung der Autoren vor allem bei leichterer Alkoholabhängigkeit, nicht bei jahrelang bestehender Erkrankung. Ob eine Prophylaxe (z.B. vor Feiern) Vorteile bietet, muss mit dem Patienten geklärt werden. Disulfiram soll den Alkoholgenuss mit einem einfachen Ansatz verleiden: Es hemmt die Aldehyd-Dehydrogenase. Dadurch akkumuliert das toxische Acetaldehyd nach Alkoholkonsum. Die Folge ist die typische Disulfiram-Alkohol-Reaktion mit Übelkeit, Erbrechen, Flush, Kopfschmerz und Tachykardie. Das Medikament ist in Deutschland nicht mehr verfügbar und eignet sich allenfalls als Wirkstoff der zweiten Wahl. In den vergangenen Jahren wurde auch die Therapie mit dem GABA-B-Rezeptorantagonisten Baclofen propagiert, ausgelöst durch den optimistischen Selbstbericht eines alkoholkranken Arztes. Die Datenlage ist allerdings mehrdeutig: Eine Metaanalyse fand keine Vorteile bezüglich Alkoholrückfällen und Anzahl abstinenter Tage. Außerdem kam es unter Baclofen häufig zu Müdigkeit, Schwindel, Parästhesien und Muskelspasmen.Trockene Alkoholiker dank Hirnstimulation?
Wie einige Untersuchungen zeigen, kann das Antiepileptikum Topiramat ebenfalls eine Trinkmengenreduktion bewirken. Für diese Indikation zugelassen ist es jedoch nicht. Zeitweise diskutierte man auch den Einsatz der narkotisch wirkenden Gammahydroxybuttersäure (GHB, liquid ecstasy) – auch bekannt als „date rape drug“. Aufgrund nicht überzeugender Daten, des Suchtpotenzials und der Gefahren in Kombination mit Alkohol sah man von einer Zulassung ab. Künftig könnten auch Hirnstimulationsverfahren eine Rolle spielen. Die repetitive transkraniale Magnetstimulation z.B. zielt auf den linken dorsolateralen präfrontalen Cortex, der möglicherweise beim Suchtverlagen von Bedeutung ist. Antidepressiva, Antipsychotika und Antikonvulsiva sind nur bei komorbiden Patienten indiziert, schreiben Prof. Soyka und seine Kollegen. Zur Trinkmengenreduktion und Abstinenzsicherung eignen sie sich kaum. Außerdem verstärken sie meist die Alkoholwirkung. Entscheidend bei der Bewertung der Medikamente ist der Blickwinkel, erinnern die Autoren. Insbesondere zu Beginn der Alkoholabhängigkeit kann ihrer Ansicht nach z.B. die Trinkmengenreduktion wichtiger sein als die Abstinenzrate. Dann zeigen auch mehr Wirkstoffe, darunter Vareniclin und Topiramat, einen Effekt. Zudem bahnt eine initiale Remission den Weg für weitere Therapien.Quelle: Soyka M et al. DNP 2019; 20: 42-45
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