Nebenwirkungen durch Statine basieren meist auf einem Noceboeffekt

Dr. Andrea Wülker

Nachdem der Noceboeffect nachgewiesen wurde, nahm die Hälfte der Studienteilnehmer die Statintherapie wieder auf. Nachdem der Noceboeffect nachgewiesen wurde, nahm die Hälfte der Studienteilnehmer die Statintherapie wieder auf. © iStock/rogerashford

Wie kommt’s nur, dass Scheinmedikamente beim Herzpatienten dieselben unangenehmen Nebenwirkungen verursachen wie ein Statin? Eine sogenannte N-of-1-Studie hat Erhellendes zutage gebracht – und liefert Argumente für den Praxisalltag.

Statine werden oft wegen ihrer Nebenwirkungen abgesetzt – und das, obwohl verblindete Studien unter einer Statintherapie keine höhere Symptomlast nachweisen konnten als unter einem Scheinpräparat. Heißt das also, dass sowohl das Arzneimittel als auch Placebo Symptome verursachen?

Um dies herauszufinden, initiierte das Team um Frances Wood vom Imperial College London eine N-of-1-Studie mit 60 Patienten, die zuvor ihr Statinmedikament aufgrund von Nebenwirkungen innerhalb der ersten beiden Behandlungswochen abgesetzt hatten. Jeder Teilnehmer erhielt jeweils vier Behälter mit einer Monatsration Atorvastatin-Tabletten (20 mg) bzw. mit Placebo. Vier weitere Gefäße enthielten kein Medikament und waren leer.

Die Behältnisse sollten in randomisierter Reihenfolge zum Einsatz kommen. Mithilfe einer Smartphone-App zeichneten die Patienten täglich das Ausmaß ihrer Beschwerden auf, wobei der Wert 0 für „keine Symptome“ stand und 100 für „maximale Beschwerden“. Primärer Endpunkt der Untersuchung war die Intensität der Symptome, die mithilfe des Nocebo-Quotienten – also dem Verhältnis der Symptom­intensität unter Placebo zur Symptomintensität unter Statineinnahme – beurteilt wurde. 49 Patienten machten bis zuletzt mit.

Nach den zwölf Monaten hatten die Teilnehmer in den Zeiten ohne Tabletteneinnahme einen Symptomwert von 8 angegeben. Für die Placebo-Monate war es ein Wert von 15,4 und während der Einnahme von Atorvastatin 16,3. Daraus ermittelten die Wissenschaftler eine Nocebo-Ratio von 0,90

Ein halbes Jahr nach Studienende hatten 30 Patienten erneut eine Statintherapie begonnen. Vier weitere planten, wieder mit dem Lipidsenker zu starten, einer war nicht mehr erreichbar. Die übrigen 25 Patienten nahmen kein Statin mehr ein und hatten dies auch für die Zukunft nicht vor.

Jeder Zweite nahm die Statintherapie wieder auf 

Bei den Teilnehmern, die eine Statintherapie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen hatten, wurden 90 % der Symptomlast auch durch Placebo hervorgerufen, konstatieren die Autoren. Diese Tatsache vor Augen, konnte die Hälfte der Kranken die Behandlung wiederaufnehmen und erfolgreich weiterführen.

Quelle: Wood FA et al. N Engl J Med 2020; 383: 2182-2184; DOI: 10.1056/NEJMc2031173

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Nachdem der Noceboeffect nachgewiesen wurde, nahm die Hälfte der Studienteilnehmer die Statintherapie wieder auf. Nachdem der Noceboeffect nachgewiesen wurde, nahm die Hälfte der Studienteilnehmer die Statintherapie wieder auf. © iStock/rogerashford