Pankreaskarzinom: Neoadjuvante Chemotherapie erhöht chirurgische Konversionsrate

Dr. Miriam Sonnet

Eine neoadjuvante Chemotherapie ermöglicht auch bei Patienten mit Pankreaskrebs die Chance auf eine erfolgreiche (Teil-)Resektion. Eine neoadjuvante Chemotherapie ermöglicht auch bei Patienten mit Pankreaskrebs die Chance auf eine erfolgreiche (Teil-)Resektion. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Dank einer vorangehenden Chemotherapie kann rund ein Drittel initial nicht-operabler Pankreaskarzinome doch noch entfernt werden. Die beiden Regime nab-­Paclitaxel und FOLFIRINOX scheinen dabei den Tumor ähnlich gut zu verkleinern. Den Bildbefund können Kollegen bei der Entscheidung für oder gegen eine Laparotomie eher vernachlässigen.

Erhalten Patienten mit Pankreas­karzinom die Diagnose, ist ihr Tumor meist schon zu weit fortgeschritten, um ihn komplett chir­urgisch zu entfernen. Die Gabe von Zytostatika vor dem Eingriff kann bekanntermaßen den Krebs verkleinern, um ihn dann doch noch zu operieren. Unklar war bislang, welche der zur Verfügung stehenden Chemotherapeutika die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche OP schaffen, sagte Professor Dr. Volker­ Kunzmann­ vom Uniklinikum Würzburg in einer Pressemitteilung. Grund genug, die offene Phase-2-Studie NEOLAP-­AIO-PAK-0113 zu starten, in der sich eine Arbeitsgruppe um den Onkologen dieser Frage widmete.

Insgesamt beteiligten sich 28 Zentren. Die 168 eingeschlossenen Teilnehmer litten unter einem behandlungsnaiven lokal fortgeschrittenen Pankreaskarzinom mit ECOG Performance Status zwischen 0 und 1. Sie erhielten zunächst an Tag 1, 8 und 15 der zwei 28-tägigen Zyklen nab-Paclitaxel plus Gemcitabin. Die 130 Menschen ohne Progress und ohne inakzeptable Nebenwirkungen wurden anschließend zu zwei zusätzlichen Zyklen des Regimes oder zu vier Zyklen intensivierter Chemotherapie mit sequenziellem FOLFIRINOX­* randomisiert. Als primären Endpunkt definierten die Autoren die chirurgische Konversionsrate.

Jeder Zweite mit mindestens Grad-3-Toxizitäten

Etwas mehr als die Hälfte der Patienten aus beiden Studienarmen entwickelte therapiebedingte Nebenwirkungen vom Schweregrad 3 oder höher während der Induktion. Am häufigsten litten die Betroffenen unter Neutropenien (28 % vs. 24 %), Nausea und Erbrechen (3 % vs. 12 %) sowie Gallenwegsobstruktionen mit Cholangitis (9 % vs. 11 %). Therapiebedingte Todesfälle traten nicht auf.

Rund ein Drittel kann erfolgreich operiert werden

Anschließend versuchten die Ärzte, die Tumoren bei 40 von 64 Patienten (63 %) im nab-Paclitaxel/Gemcitabin-Arm und bei 42 der 66 Patienten (64 %) der FOLFIRINOX-Gruppe mittels explorativer Laparotomie vollständig zu entfernen. Bislang gab die Bildgebung z.B. mittels CT den Ausschlag, welche Tumoren reseziert werden sollten. Doch in der aktuellen Studie verfolgten die Kollegen einen neuen Ansatz: Auch wenn der Bildbefund gegen einen Eingriff sprach, weil sich der Krebs unter der Chemotherapie nicht ausreichend zurückgebildet hatte, erfolgte eine Laparotomie. „Während der Operation zeigte sich, dass bei vielen dieser vorbehandelten Patienten der jeweilige Tumor soweit geschrumpft oder in Narbengewebe umgewandelt war, dass er sicher von den lebensnotwendigen Gefäßen gelöst und komplett entfernt werden konnte“, betonte Co-Author Professor Dr. Christoph-­Thomas­ Germer vom Universitätsklinikum Würzburg. Damit sieht er das neue Vorgehen als bestätigt an. Der Eingriff gelang in 23 bzw. 29 Fällen, was einer Konversionsrate von 35,9 % bzw. von 43,9 % entsprach (Odds Ratio 0,72; 95%-KI 0,35–1,45; p = 0,38). Diese Patienten hätten für gewöhnlich nur eine palliative Therapie erhalten. Stattdessen wurde ihnen eine kurative Option angeboten. Als einen „bedeutenden Fortschritt“ wertete der Onkologe die Ergebnisse. Nach einem medianen Follow-up von 24,9 Monaten betrug das mediane Gesamtüberleben bei den Patienten im nab-Paclitaxel/Gemcitabin-Arm 18,5 Monate und bei denen in der FOLFIRINOX-Gruppe 20,7 Monate (Hazard Ratio 0,86; 95%-KI 0,55–1,36; p = 0,53). Alle anderen Endpunkte wie progressionsfreies Überleben, radiographisches Ansprechen und R0-Resektionsrate unterschieden sich nicht zwischen den beiden Gruppen. Eine Ausnahme nennt Prof. Kunzmann: Unter FOLFIRINOX gab es häufiger ein histopathologisches Downstag­ing des Tumors.

Regime wählen abhängig von den Patienteneigenschaften

Die Behandlungen mit nab-Paclitaxel/Gemcitabin und FOLFIRINOX sind ähnlich effektiv, um ein Pankreaskarzinom vor einem chirurgischen Eingriff zu verkleinern. Kollegen können sich demnach, abhängig von den Verträglichkeiten des Patienten, individuell für ein Regime entscheiden. Das Konzept wurde sogar bereits in die neuen Leitlinien aufgenommen. In weiteren Studien müsste nun geklärt werden, ob sich die erreichte Resezierbarkeit der Karzinome auf das Überleben der Patienten auswirkt, schloss Prof. Kunzmann.

* Folinsäure, 5-Fluorouracil, Irinotecan, Oxaliplatin

Quellen:
1. Pressemitteilung Uniklinikum Würzburg
2. Kunzmann V et al. Lancet Gastroenterol Hepatol 2021; 6: 128-138; DOI: 10.1016/S2468-1253(20)30330-7

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Eine neoadjuvante Chemotherapie ermöglicht auch bei Patienten mit Pankreaskrebs die Chance auf eine erfolgreiche (Teil-)Resektion. Eine neoadjuvante Chemotherapie ermöglicht auch bei Patienten mit Pankreaskrebs die Chance auf eine erfolgreiche (Teil-)Resektion. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.