Überblick zum Pankreaskarzinom: Adjuvanz bleibt, individualisierte Therapie kommt

Dr. Miriam Sonnet

Die frühe Diagnose des Pankreaskarzinoms ist schwierig, da der Tumor zu diesem Zeitpunkt häufig noch keine Beschwerden bei den Patienten hervorruft. Die frühe Diagnose des Pankreaskarzinoms ist schwierig, da der Tumor zu diesem Zeitpunkt häufig noch keine Beschwerden bei den Patienten hervorruft. © Science Photo Library/Anne Weston, EM STP, the Francis Crick Institute

Tumoren der Bauchspeicheldrüse gelten nach wie vor als schwierig. Was sind aktuelle, nicht-chirurgische Behandlungsstandards und wo geht die Reise in Zukunft hin? Ein umfassender Überblick über die Therapielandschaft.

Durch adjuvante und neoadjuvante Strategien lässt sich das Überleben von Patienten mit Pankreaskarzinom verbessern. Dabei bieten Kombinationsbehandlungen Betroffenen einen Überlebensvorteil gegenüber alleinigem Gemcitabin, berichtete Professor Dr. ­Thomas Seufferlein, Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Ulm. Das kann z.B. Gemcitabin plus Capecitabin oder modifiziertes FOLFIRINOX sein.

Die adjuvanten Protokolle sind jedoch nicht für jeden geeignet: Fitte Patienten unter 70 Jahre profitieren von mFOLIFIRINOX und eingeschränkt fitte oder fitte R0-resezierte über 70 Jahre von Gemcitabin und Capecitabin. Nicht fitte Personen erhalten oftmals keine adjuvante Behandlung oder eine Gemcitabin-Monotherapie, so der Experte.

Die Neoadjuvanz sei zwar bisher kein Thema, es gebe aber Hinweise für ihren Nutzen bei Patienten mit resektablen Karzinomen. Niederländische Forscher demonstrierten im Rahmen der PREOPANC-Studie einen Trend zum besseren Überleben durch eine präoperative Radio­chemotherapie. Es brauche aber weitere Daten, die den Vorteil der Neoadjuvanz belegen.

Mehr Resektionen dank intensiver Induktion

Auch bezüglich der Induktionstherapie bei lokal fortgeschrittenen Tumoren hat sich einiges getan. Bisheriger Standard ist Gemcitabin. „Mittlerweile mehren sich die Daten, dass auch beim lokal fortgeschrittenen Pankreaskarzinom eine intensivere Therapie Sinn hat“, so Prof. Seufferlein. Beispiel ist FOLFIRINOX, mit dem Patienten gemäß den Daten einer Metaanalyse im Median 24,2 Monate überleben und 15 Monate progressionsfrei sind.1

Nun stelle sich die Frage, ob man Betroffenen im lokal fortgeschrittenen Stadium und nach Therapieansprechen resezieren sollte. In einer Studie aus Heidelberg wurden Resektionsraten von 61 % nach FOLFIRINOX erreicht und damit signifikant mehr als unter der Kombination Gemcitabin plus Radiatio mit einer Rate von 46 %.2

R0/R1-Resezierte überleben signifikant länger

Dass die Resektion nach einer Induktionstherapie Patienten tatsächlich Vorteile bringt, lassen die Daten der prospektiven NEOLAP-Studie vermuten. Personen mit lokal fortgeschrittenen Pankreaskarzinomen wurden nach zwei Zyklen nab-Paclitaxel plus Gemcitabin zur Fortführung dieser Therapie oder zu sequenziellem FOLFIRINOX randomisiert und anschließend explorativ laparotomiert.

Die Resektionsraten waren im FOLFIRINOX-Arm mit 45 % tendenziell höher als im nab-Paclitaxel/Gemcitabin-Arm, in dem nur eine Rate von 30,6 % erreicht wurde (Odds Ratio 0,54; 95%-KI 0,26–1,13; p = 0,135). Im Prüfarm gab es außerdem mehr R0-Resektionen, mit Werten von 74 % vs. 68 %. Diejenigen, die R0/R1-reseziert werden konnten, überlebten im Median 27,4 Monate und damit signifikant länger als Studienteilnehmer ohne Operation. Diese erreichten eine mediane Überlebenszeit von 14,2 Monaten (HR 0,45; 95%-KI 0,26–0,78; p = 0,0035).

Behandlung geht in die zweite Runde

Bis vor Kurzem war es nicht möglich, das Pankreaskarzinom in Linien zu behandeln – mittlerweile gibt es dafür neue Optionen. Für die Zweitlinie steht liposomales Irinotecan zur Verfügung. In Kombination mit 5-Fluoruracil (5FU) und Folinsäure (FS) verlängerte die Substanz bei Patienten mit vorangegangener Gemcitabintherapie das Gesamtüberleben gegenüber alleiniger 5FU/FS-Gabe von 4,2 auf 6,1 Monate (HR 0,67; p = 0,012).3

In Zukunft werde das Pankreaskarzinom in immer kleinere Subgruppen zerfallen, so Prof. Seufferlein. Etwa 40 % der Tumoren weisen eine adressierbare Mutation auf. Interessant sind diesbezüglich die Daten der POLO-Studie, in der die Autoren metastasierte Patienten mit BRCA1/2-Mutationen in der Keimbahn untersuchten. Die Teilnehmer waren nach Induktion mit einer platinhaltigen Chemotherapie stabil und wurden zu dem PARP-Inhibitor Olaparib oder einem Placebo randomisiert. Mit einer HR von 0,53 (95%-KI 0,35–0,82; p = 0,0038) war das progressionsfreie Überleben im Prüf­arm länger als in der Kontrollgruppe (7,4 Monate vs. 3,8 Monate). Signifikante Unterschiede im Gesamt­überleben gab es jedoch nicht.

Quellen:
1. Suker M et al. Lancet Oncol. 2016; 17: 801-810; DOI: 10.1016/S1470-2045(16)00172-8
2. Hackert T et al. Ann Surg. 2016; 264: 457-463; DOI: 10.1097/SLA.0000000000001850
3. Wang-Gillam A et al. Lancet 2016; 387: 545-557; DOI: 10.1016/S0140-6736(15)00986-1

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Die frühe Diagnose des Pankreaskarzinoms ist schwierig, da der Tumor zu diesem Zeitpunkt häufig noch keine Beschwerden bei den Patienten hervorruft. Die frühe Diagnose des Pankreaskarzinoms ist schwierig, da der Tumor zu diesem Zeitpunkt häufig noch keine Beschwerden bei den Patienten hervorruft. © Science Photo Library/Anne Weston, EM STP, the Francis Crick Institute