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Peniskarzinom: Leitlinie plädiert für Organerhalt

Deutschlandweit erkranken im Mittel 2 von 100 000 Männern jährlich an Peniskrebs, von den über 85-Jährigen trifft es 12 von 100 000. Das durchschnittliche Alter zum Diagnosezeitpunkt dieses seltenen Malignoms beläuft sich auf 70 Jahre. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate beträgt 85 % bei organbegrenzten, rund 60 % bei lymphogen metastasierten und 11 % bei fernmetastasierten Tumoren.
Das Risiko, ein Peniskarzinom zu entwickeln, ist geringer für Männer, deren Vorhaut im Kindesalter beschnitten wurde. Auch eine konsequente Genitalhygiene wirkt präventiv. Zudem mindert eine HPV-Impfung im Alter zwischen 9 und 14 Jahren das Risiko, ein HPV-assoziiertes Plattenepithelkarzinom des Penis zu entwickeln.
HPV-assoziiert oder nicht?
Besonders wichtig: Erhebung des Lymphknotenstatus
Für die Diagnose von fortgeschrittenen Stadien reicht zwar meist bereits eine klinische Untersuchung und Inspektion aus, jedoch sollten der Leitlinie zufolge i.d.R. entzündliche Erkrankungen per Biopsie ausgeschlossen werden. Zum pathologischen Befund gehören neben dem histologischen Tumortyp das Grading und Angaben zu prognostischen Faktoren wie anatomische Lokalisation und perineurale, venöse bzw. Lymphgefäß-Invasion, Vorläuferläsionen und Infiltrationstiefe. Besondere Bedeutung besitzt der inguinale Lymphknotenstatus. Dieser wird in primär nicht-tastbar und tastbar unterschieden. Stadienabhängig kann man eine operative Lymphknotendiagnostik erwägen. Im klinischen Stadium cN0 finden sich Mikrometastasen in bis zu 25 % der Knoten, die mit bildgebenden Verfahren nicht sichtbar sind. Deshalb bedarf es bei allen Peniskarzinomen ab pT1b – lymphovaskuläre Infiltration und/oder perineurale Infiltration bzw. schlecht differenzierter Tumor – einer invasiven nodalen Diagnostik mittels modifizierter inguinaler Lymphadenektomie oder dynamischer Sentinel-Lymphknotenbiopsie. In der Diagnostik von Fernmetastasen kommt bevorzugt die PET-CT zum Einsatz. Die Experten empfehlen, unklare penile Läsionen frühzeitig histologisch abzuklären, um eine eventuell erforderliche Therapie nicht zu verzögern. Es gilt, keine Zeit mit irgendwelchen Salbentherapien zu verlieren. Angesicht der gravierenden psychosexuellen Folgen einer verstümmelnden Penisoperation raten die Kollegen in der Leitlinie zum Organerhalt. Je nach T-Stadium und Grading reicht ein Sicherheitsabstand von einem bis wenigen Millimetern für die Resektion aus. Oberflächliche nicht-invasive Peniskarzinome (penile intraepitheliale Neoplasien) sollten primär oberflächlich behandelt werden, etwa mit 5-Fluorouracil oder Imiquimod (Cave: off label) oder mit dem CO2-Laser. Für ein ausgedehntes Carcinoma in situ der Glans kommt zudem die neue Technik der kompletten chirurgischen Deepithelisierung der Glans in Betracht.Das gehört zur Nachsorge
Teilamputation potenziell bereits ab T1-Stadium
Tumoren, die sich auf die Vorhaut beschränken, können durch Zirkumzision kurativ behandelt werden. Die Vorhaut kann bleiben, wenn nur die Glans betreffende T1/T2-Tumoren operativ entfernt werden, nicht jedoch unter Radiatio oder topischer Therapie. Eine weitere Option bietet die Glansektomie mit Rekonstruktion. Zwar werden T1/T2-Tumoren lokal seltener bestrahlt, falls doch, ist die lokale Tumorkontrolle gleichwertig mit der durch eine Operation. Kann ein organschonendes Verfahren bei T1/T2-Tumoren nicht durchgeführt werden, kommt eine Penisteilamputation in Betracht. Die lokalen Rezidivraten des Eingriffs fallen niedriger aus als nach peniserhaltenden Methoden. Auch für T3-Tumoren empfehlen die Autoren die Teilamputation. Bei ausgedehntem Tumorbefall sollte man eher eine Penektomie erwägen, alternativ eine Brachytherapie, die jedoch der Penektomie in der Tumorkontrolle und im Rezidivrisiko unterlegen ist. Lokal fortgeschrittene Tumoren (T4) erfordern eine ausgedehnte Resektion mit radikaler Penektomie einschließlich Schwellkörpern, die jedoch fast immer palliativen Charakter hat. Die primäre Behandlung des Lymphknotenbefalls beeinflusst die Prognose entscheidend. Kommen bei Patienten mit nicht tastbaren Lymphknoten in der modifizierten inguinalen Lymphadenektomie okkulte Metastasen zutage, folgt eine radikale Lymphadenektomie. Auch, wenn der Mann tastbare Leistenknoten (cN1, cN2) aufweist, in denen histologisch oder zytologisch Tumorgewebe nachgewiesen wurde. Sind mindestens zwei inguinale Lymphknoten befallen oder überschreitet eine Lymphknotenmetastase die Kapsel, sollte der ipsilaterale pelvine Lymphknoten entfernt werden, so die Experten der Leitlinie.Neoadjuvante Chemo bei lokal fortgeschrittenem Krebs
Für Patienten mit ausgedehnter inguinaler Lymphknotenmetastasierung (pN2/pN3) folgt eine adjuvante Chemotherapie. Für das Stadium pN1 kann sie erwogen werden, wenn der Tumor aggressiv (≥ G2) oder die Metastase sehr groß ist (≥ 3cm). Die Autoren favorisieren vier Zyklen Cisplatin/Paclitaxel/5-Fluorouracil, alternativ Cisplatin/Ifosfamid und Paclitaxel. Bei Patienten mit primär resektablen fixierten inguinalen Lymphknoten oder mit T4-Tumoren erfolgt zunächst eine neoadjuvante Therapie mit einem der genannten Schemata, um die Tumorlast vor der OP zu verringern. Spricht das Karzinom an, folgt nach spätestens vier Zyklen der chirurgische Eingriff. Im metastasierten Stadium kann, wenn der Allgemeinzustand des Mannes es erlaubt, eine palliative cisplatinbasierte Chemotherapie gegeben werden, bevorzugt Cisplatin, Ifosfamid und Paclitaxel, alternativ Cisplatin/5-Fluorouracil. Für die Zweitlinie gibt es keinen Standard. Paclitaxel kann als Monotherapie zum Einsatz kommen.Quelle: S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Peniskarzinoms, AWMF-Register-Nr. 043-042OL, www.awmf.org
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