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Rheumatherapie auf Sparflamme: Wann DMARD und Biologika reduziert werden dürfen
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Das von vielen Patienten erbetene pauschale „Aufhören“ mit der Therapie hält Professor Dr. Klaus Krüger vom Praxiszentrum St. Bonifatius in München für keine gute Lösung. Denn dann sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich eine rheumatoide Arthritis (RA) wieder voll bemerkbar macht. Als sinnvoller erachtet der Experte eine langsame Reduktion der Medikation.
Für das Ausschleichen gelten klare Regeln: Voraussetzung ist eine seit mindestens sechs Monaten anhaltende Remission, möglichst bestätigt durch bildgebende Verfahren (z.B. Ultraschall). Eine niedrige Krankheitsaktivität genügt in der Regel nicht als Argument, weil die Entzündung weiterhin fortbesteht.
Was die Reihenfolge anbetrifft, sollten vor einer Reduktion der DMARD* zunächst die Glukokortikoide ausgeschlichen werden. Falls ein vollständiges Absetzen nicht möglich ist, kommt eventuell auch eine stabile Low-Dose-Therapie mit ≤ 5 mg Prednisolonäquivalent infrage. Schwieriger ist der nächste Schritt: Die EULAR** empfiehlt, primär die Biologika runter zu fahren und erst danach die konventionellen DMARD. Eine Evidenzbasis für diese Reihenfolge gibt es jedoch nicht, so Prof. Krüger. Der Rheumatologe bevorzugt eine individuelle Entscheidung, in die neben dem Patientenwunsch z.B. auch Risiken und Nebenwirkungen eingehen.
Viele wollen zuerst vom Methotrexat loskommen
Viele Patienten möchten zuerst weg vom Methotrexat (MTX). Mehrere Studien zeigen, dass sich die MTX-Therapie unter einer laufenden Biologikabehandlung ohne Wirkverlust beenden lässt. Ob mit reduzierter MTX-Dosis oder vollständigem Absetzen – in einer niederländischen Arbeit blieben jeweils rund 80 % der Probanden ein Jahr lang rückfallfrei. Eine kanadische Studie ergab mit und ohne MTX nach einem Jahr keinen Unterschied im Ansprechen auf den TNF-α-Blocker.
So einfach wie bei Methotrexat kann man bei den Biologika offenbar nicht vorgehen. Empfohlen wird stattdessen, das Wirkprinzip beizubehalten und nur die Dosis vorsichtig und langsam zu reduzieren. In Studien unterschieden sich die mit voller oder halber Dosierung erzielten Ergebnisse kaum, während die Erfolgsrate nach komplettem Absetzen rapide abnahm, berichtete Prof. Krüger.
Flammt die Erkrankung während der Reduktion wieder auf, so lassen sich diese Episoden in 80–100 % der Fälle erfolgreich mit dem bisher eingesetzten Biologikum behandeln, so der Experte weiter. Das Risiko, mit dem Vorgehen eine komplette Destabilisierung zu erzeugen, sei sehr gering. Auch strukturelle Schäden bzw. eine radiologische Progression wurden bisher nicht beobachtet.
Heute weiß man, dass der positive Effekt der Dosisreduktion langfristig anhält: In einer niederländischen Studie wurde diese mit der herkömmlichen Therapie über einen Zeitraum von drei Jahren verglichen. Dabei zeigten sich keine Unterschiede – weder hinsichtlich der radiologischen Progression noch beim funktionellen Status. Es ist also nicht zu erwarten, dass RA-Patienten durch den Versuch Schaden erleiden, wiederholte Prof. Krüger, auch wenn dies für Einzelfälle eventuell zutreffen könnte.
Als Prädiktoren für ein Gelingen der Therapiereduktion nannte der Rheumatologe:
- kurze Krankheitsdauer,
- niedrige Aktivität zu Beginn
- rasches Ansprechen auf DMARD
- früher Einsatz von Biologika
- keine Anti-CCP-Antikörper
- klinische und bildgebende Remission
Grundsätzlich handelt es sich beim Ausschleichen und Absetzen um individuelle medizinische Maßnahmen. Im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung setzen sie voraus, dass der Patient damit einverstanden ist. Etwaige Sparwünsche der Krankenkassen haben hier nichts zu suchen, betonte Prof. Krüger.
Regresse von Kassenseite eher nicht zu erwarten
In der Regel läuft die Behandlung dann off label. Regresse vonseiten der Krankenkassen sind aufgrund der Ersparnis aber eher nicht zu erwarten. Möglich wäre allerdings, dass ein Patient klagt, z.B. wegen Arbeitsunfähigkeit und Verdienstausfall. Umso wichtiger ist es, den Wunsch des Betroffenen bzw. sein Einverständnis genau zu dokumentieren.
Quelle: 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie 2017
* Disease Modifying Antirheumatic Drugs
** European League against Rheumatism
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