Rheumatoide Arthritis: Gelenkgefahr erkennen, Schaden minimieren

Dr. Dorothea Ranft

Die rheumatoide Arthritis manifestiert sich vor allem an der Hand. Die rheumatoide Arthritis manifestiert sich vor allem an der Hand. © iStock/gilaxia

Bei der rheumatoiden Arthritis drängt die neue Leitlinie zur Eile: Innerhalb von drei Monaten soll die spezifische Therapie beginnen, um die Prognose zu verbessern. Gelingen kann dies nur, wenn man schon die ersten Krankheitssignale richtig deutet.

Liegt eine reine Arthralgie z.B. aufgrund degenerativer Veränderungen vor oder doch eine Arthritis? So lautet die richtungsweisende Frage für die Diagnose der frühen rheumatoiden Arthritis (RA). Als typisch für die Arthritis gilt eine Synovitis, also weiche elas­tische Schwellungen der Gelenkkapsel. Die Gelenkergüsse bilden sich unabhängig von Belastung – im Gegensatz zur Arthrose. Sie umfasst „knochenharte“ Auftreibungen (Osteophyten).

Diagnose der frühen rheumatoiden Arthritis
geschwollen/schmerzhaft
SerologieAkutphase-Parameter
SymptomdauerPunkte
≤ 1 (mittel-)großes GelenkRF und ACPA negativCRP und BSG normal< 6 Wochen0
2–10 (mittel-)große GelenkeCRP oder BSG erhöht≥ 6 Wochen1
1–3 kleine GelenkeRF oder ACPA niedrig positiv2
4–10 kleine GelenkeRF oder ACPA hochpositiv (> dreifach obere Norm)3
> 10 Gelenke, ≥ 1 kleines5
Die ACR/EULAR-Klassifikationskriterien setzen mindestens eine gesicherte Synovitis in mindestens einem Prädilektionsgelenk voraus bei fehlenden Hinweisen für andere Ursachen. Jedes geschwollene oder druckschmerzhafte Gelenk wird gewertet, auch ohne definitive Synovitis. Eine RA erfordert mindestens 6 Punkte, in den Spalten wird nur der höchste Punktwert gezählt.

Sieben Kriterien ermöglichen eine Risikoeinschätzung

Jede neu aufgetretene Gelenkschwellung gibt Anlass, die Ursache mittels gründlicher Anamnese und klinischer Untersuchung abzuklären, schreiben die Autoren der aktuellen Leitlinie. Dabei sollte der komplette Körper untersucht werden. Schon bei einem geschwollenen Gelenk und entsprechender Konstellation ist eine RA-Diagnose möglich. Mit der Zahl der betroffenen Gelenke steigt das Risiko für die Erkrankung.

Die RA manifestiert sich v.a. an Fingergrund- und Fingermittel- sowie Hand- und Zehengrundgelenken. Persistieren Schmerz, Schwellung und Steifheit über mindestens sechs Wochen, ist eine frühe RA wahrscheinlich. Bestehen die Beschwerden bereits mehr als drei bis sechs Monate, liegt i.d.R. bereits eine RA vor (Cave: andere rheumatische Erkrankungen ausschließen!).

Doch wie sieht es mit dem Risiko aus, eine manifeste RA oder eine chronische Arthritis zu entwickeln im Falle einer Arthralgie ohne klinische Arthritis-Zeichen? Folgende sieben Kriterien helfen nun:

  • Symptomdauer < 1 Jahr
  • Beschwerden an Fingergrund­gelenken
  • Morgensteifigkeit ≥ 60 Minuten
  • stärkste Beschwerden morgens
  • Verwandte 1. Grades mit RA
  • Faustschluss erschwert
  • Querdruckschmerz an den Fingergrundgelenken

Patienten, die mindestens drei der sieben Kriterien erfüllen, haben ein erhöhtes RA-Risiko im Sinne einer klinisch suspekten Arthralgie.

NSAR trotz noch ungesicherter Erkrankung erlaubt

Bereits bei Verdacht auf eine RA bzw. bei verdächtiger Arthralgie sollten BSG, CRP und Rheumafaktoren (RF) bzw. Antikörper gegen cy­clische citrullinierte Peptide (ACPA) bestimmt werden. Die Röntgendiagnostik dient dem Ausschluss anderer Läsionen, Frühzeichen einer RA lassen sich damit selten erkennen. Können Kollegen die Ursache neu aufgetretener Gelenkschwellungen nicht innerhalb von sechs Wochen klären, sollten sie den Patienten umgehend an einen Rheumatologen überweisen. Dessen Aufgabe ist es auch, eine Prognose zu erstellen und die Therapie zu adjustieren.

Eine symptomatische Behandlung mit NSAR oder anderen Analgetika (WHO-Schema) ist auch bei noch ungesicherter Erkrankung erlaubt. Von einer Steroidtherapie ohne klare Diagnose rät die Leitlinie ab, nicht zuletzt, weil diese den Nachweis der Gelenkerkrankung erschwert.

Ab Diagnosestellung kommen krankheitsmodifizierende Medikamente (DMARD) zum Einsatz – mit dem Ziel, die Progression zu verzögern und die Prognose zu verbessern. Primär empfiehlt die Leitlinie eine Monotherapie mit Methotrexat, einem konventionellen synthetischen DMARD. Bis die Wirkung einsetzt, sollte man die Krankheitsaktivität mit einem Steroid unterdrücken. Dabei darf eine Startdosis von 30 mg Prednisolon-Äquivalent nicht überschritten werden – mit anschließender Dosisreduktion auf ≤ 7,5 mg innerhalb von acht Wochen. Nach maximal sechs Wochen muss sie beendet werden. Die Steroidgabe geht mit einer Osteoporoseprohylaxe einher.

Informationen für Patienten

Von der aktuellen Leitlinie existiert eine Patientenversion, die verständlich über Krankheit, Diagnostik und Therapie aufklärt. Zusätzlich empfehlen die Autoren, Patienten eine Schulung anzubieten und über Nebenwirkungen aufzuklären. Informationen bieten z.B. die Webseiten:
www.dgrh.de
www.rheuma-liga.de

www.wegweiser-rheuma.de

Für eine regelmäßige Kontrolle der Krankheitsaktivität eignet sich z.B. der Disease Activity Score über 28 Gelenke (DAS28), bei Werten < 2,6 besteht eine Remission. Drei Monate nach Behandlungs­start sollte ein Ansprechen erkennbar sein. Wenn maximal sechs Monate später keine Remission vorliegt, muss die Therapie laut dem Motto Treat-to-target modifiziert werden. Methotrexat sollte auch in DMARD-Kombinationen enthalten sein. Reichen konventionelle Varianten nicht aus, werden biologische oder zielgerichtete synthetische DMARD kombiniert. Cave: Infek­tionsgefahr! Der Langzeitverlauf wird anhand des Funktionsstatus und der radiologischen Progression kontrolliert.

Quelle: Interdisziplinäre Leitlinie Management der frühen rheumatoiden Arthritis; AWMF-Register-Nr. 060/002, www.awmf.org

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Die rheumatoide Arthritis manifestiert sich vor allem an der Hand. Die rheumatoide Arthritis manifestiert sich vor allem an der Hand. © iStock/gilaxia