Tandem-Transplantation und Iberdomid-Erhaltung als erfolgreiche Weiterentwicklung

ASH 2023 Dr. Miriam Sonnet

Für Patient:innen mit Multiplem Myelom wird es neue Therapieoptionen geben. Für Patient:innen mit Multiplem Myelom wird es neue Therapieoptionen geben. © Svetlana – stock.adobe.com

Für Patient:innen mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom stehen erweiterte bzw. modifizierte Optionen in den Startlöchern. Darunter eine Kombination aus Dara-KRd-Induktion/Konsolidierung und Tandem-Transplantation sowie die Erhaltung mit Iberdomid nach der ASCT.

Prof. Dr. Cyrille ­Touzeau, Centre Hospitalier Universitaire de Nantes, fokussierte sich auf die Gruppe der Erkrankten mit neu dia­gnostiziertem Multiplem Myelom (NDMM) und Hochrisikozytogenetik.1 Hier sei die Prognose besonders schlecht. In der Phase-2-Studie ­IFM 2018-04 kombinierten die Kolleg:innen zwei vielversprechende Ansätze: Zum einen die Addition von Daratumumab zur Frontlinetherapie mit Transplantation, zum anderen eine Tandem-ASCT. Primärer Endpunkt war die Machbarkeit, die erreicht wurde, wenn 70 % eine zweite Transplantation erhielten. Daneben prüften die Forschenden u.a. Sicherheit, ORR, PFS und OS.

Die 50 Teilnehmenden bekamen zunächst eine Induktion aus sechs Zyklen Daratumumab, Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason (Dara-KRd), gefolgt von Stammzellsammlung und erster ASCT, Konsolidierung mit vier Zyklen Dara-KRd, zweiter ASCT und Erhaltung mit Daratumumab + Lenalidomid für zwei Jahre. Eine Hochrisikozytogenetik war definiert als del(17p), t(4;14), t(14;16), gain(1q) und del(1p). Zum Zeitpunkt der Datenanalyse (Mai 2023) befanden sich noch 50 % der Patient:innen in Therapie, 8 % hatten diese komplettiert und 42 % hatten die Behandlung abgebrochen. 16 % konnten aufgrund einer unzureichenden Stammzellsammlung keine zweite Transplantation erhalten. 

Neue Sicherheitssignale wurden laut Prof. Touzeau in der Studie nicht beobachtet. Die häufigsten Nebenwirkungen vom Grad 3/4 waren hämatologischer Natur und umfassten Neutropenie (44 %), Anämie (22 %) und Thrombozytopenie (24 %).

Das Ansprechen vertiefte sich mit der Zeit. Nach der zweiten ASCT hatten 81 % eine CR/sCR erzielt. Zu diesem Zeitpunkt waren 94 % der Patient:innen MRD-negativ (10-6). Das PFS bzw. OS nach 30 Monaten betrug 80 % bzw. 91 %.

Addition von Carfilzomib von Vorteil

In der Phase-3-Studie ­EMN-20 wurde Carfilzomib + Lenalidomid + Dexamethason (KRd) gegen Lenalidomid + Dexamethason (Rd) bei Patient:innen mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom getestet, die nicht für eine autologe Stammzelltransplantation infrage kommen. Eingeschlossen waren 82 fitte und intermediate-fitte Erkrankte, berichtete Prof. Dr. Benedetto Bruno, Universität Turin. Erzielten die Teilnehmenden im Prüfarm nach KRd-Behandlung eine MRD-Negativität, wurden sie mit Rd bis zum Progress behandelt; im Falle einer MRD-Positivität erhielten sie weiter KRd für bis zu fünf Jahre und anschließend Rd bis zum Progress. In der Kontrolle war kein Therapiewechsel je nach MRD vorgesehen und es wurde durchgehend Rd gegeben. Als primären Endpunkt definierten die Kolleg:innen die MRD nach zwei Jahren Behandlung und PFS. Im November 2021 wurde das Protokoll gestoppt, nachdem Daratumumab-Rd sich in der Erstlinie durchsetzte. 

95 % der Teilnehmenden erzielten mit KRd mindestens eine partielle Remission und 52 % mindestens eine CR. In der Kontrolle beliefen sich die Werte auf 78 % und 5 % (p = 0,04 bzw. p = 0,0002). 50 % und 60 % der Patient:innen des Prüfarms waren nach einem und zwei Jahren MRD-negativ. Unter Rd wurde keine Person zu keinem Zeitpunkt MRD-negativ (p jeweils < 0,0001). Die Zwei-Jahres-PFS-Rate betrug 81 % vs. 48 % (HR 0,28; p = 0,0013). Mit KRd kam es zu mehr kardiovaskulären und hämatologischen Toxizitäten. 

Der Referent bezeichnete abschließend die MRD-Negativitäts-Raten unter KRd als „unerwartet hoch“. Mit einem längeren Follow-up müsse man eine Strategie entwickeln, mit der sich die Therapieintensität in der Gruppe der MRD-negativen Personen reduzieren lasse.

Quelle:
Bringhen S et al. 65th ASH Annual­ Meeting; Abstract 205

Insgesamt bestätigen die Daten aus IFM 2018-04 die Wirksamkeit und Machbarkeit einer Dara-KRd-Induktion, Konsolidierung und Tandem-Transplantation in der Gruppe von Personen mit NDMM und Hochrisikozytogenetik, schloss der Referent. Im Kontext der CD38-Induktion solle man die Stammzellen nach drei bis vier Zyklen sammeln. Das verringere das Risiko, dass nicht genügend Stammzellen zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit der ­GMMG-CONCEPT-Studie, in der die Autor:innen Isatuximab + KRd plus eine Tandem-Transplantation prüfen. In der Phase-3-Studie ­MIDAS wird der Ansatz aus CD38-Antikörper + KRd plus Doppeltransplantation ebenfalls untersucht.

Iberdomid-Erhaltung ist weniger toxisch

Nach der autologen Stammzelltransplantation stellt die Erhaltungstherapie mit Lenalidomid den Standard dar, erinnerte Prof. Dr. ­Niels W.C.J. van de ­Donk, Cancer Center Amsterdam.2 Allerdings brechen 24–29 % der Patient:innen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab. Der CELMod* Iberdomid verfügt über eine höhere tumorizidale und immunmodulatorische Wirkung als andere Immunmodulatoren, erläuterte der Experte. Und: Im Gegensatz zu Lenalidomid wird Iberdomid als einzelnes Enantiomer (S-Isomer) appliziert, das in vivo erhalten bleibt. Das wiederum könnte Nebenwirkungen wie Fatigue reduzieren, die dem R-Isomer zugeschrieben werden. 

Prof. van de Donk präsentierte erste Ergebnisse der ­EMN26-Studie, in der die Kolleg:innen eine Iber­domid-Erhaltungstherapie nach der ASCT prüften. 120 Personen mit NDMM und mindestens partieller Remission nach der ASCT (Einzel oder Doppel) nahmen teil. Sie erhielten in drei Kohorten unterschiedliche Dosierungen des CELMod (1,3 mg PO; 1,0 mg PO; 0,75 mg PO). Das mediane Follow-up für die drei Kohorten belief sich auf 14,6 Monate, 17,0 Monate und 4,7 Monate. Zu Dosisreduktionen kam es in 45 %, 38 % bzw. 10 % der Fälle. 10 %, 3 % bzw. 3 % der Patient:innen brachen die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen ab. Grad-3/4-Thrombozytopenien oder -Anämien gab es nicht.

Wegen des kurzen Follow-ups in Kohorte 3 fokussierte sich der Referent auf die 1,3-mg- und 1,0-mg-Dosierungen. 50 % bzw. 42 % der Teilnehmenden entwickelten eine Neutropenie vom Grad 3/4. Sie repräsentierte damit die häufigste hämatologische Toxizität. Die meis­ten nicht-hämatologischen Nebenwirkungen fielen niedriggradig aus. „Insgesamt wurde die Iberdomid-Erhaltung gut vertragen“, konstatierte der Experte. 

Im Vergleich zu Studienbeginn verbesserte sich bei 42 % der Patient:innen in Kohorte 1 das Ansprechen innerhalb der ersten sechs Zyklen der Erhaltungstherapie. Unter der 1-mg-Dosierung wurde dies in 35 % der Fälle beobachtet. 15 % vs. 24 % erzielten nach sechs Zyklen Iberdomid eine MRD-Negativität. Nach zwölf Zyklen verbesserten sich Ansprechen (50 % bzw. 54 % der Teilnehmenden) und MRD-Konversionsrate (58 % vs. 29 %) weiter. Das PFS nach zwölf Monaten betrug 91 % bzw. 90 %. In der Phase-3-Studie ­Excaliber wird die Erhaltungstherapie mit Iberdomid nun gegen Lenalidomid geprüft, stellte Prof. van de Donk in Aussicht.

* cereblon E3 ubiquitin ligase modulator

Quellen:
1.    Touzeau C. 65th ASH Annual­ Meeting;  Abstract 207
2.    Van de Donk N. 65th ASH Annual­ Meeting; Abstract 208

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