Verhängnisvolle Beziehungen

Dr. Angelika Bischoff

Obwohl Lunge, Herz und Nieren eigenständige Organe sind, können sie nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Obwohl Lunge, Herz und Nieren eigenständige Organe sind, können sie nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. © pikovit – stock.adobe.com

Erkrankungen der Lunge, des Herz-Kreislauf-Systems und der Niere treten häufig zusammen auf. Das liegt ohne Frage an den gemeinsamen Risikofaktoren, hat aber auch viel mit dem engen Zusammenspiel der Organsysteme zu tun. Diese Interaktionen müssen bei Diagnostik und Therapie unbedingt berücksichtigt werden.

Eine COPD führt nicht selten zur pulmonalen Hypertonie. Dabei handelt es sich meist um eine leichte bis mäßige Druckerhöhung im kleinen Kreislauf. Verursacht wird sie durch eine Rarefizierung des pulmonalen Gefäßbetts, ein vaskuläres Remodeling, hypoxische Vasokonstriktion und einen Anstieg des intra­thorakalen Drucks infolge der Hyperinflation. Bereits ein leichter pulmonal-arterieller Druckanstieg ist mit einem erhöhten Risiko für COPD-Exazerbationen assoziiert.

Medikamente, die zur Therapie der idiopathischen pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) eingesetzt werden, haben in randomisierten kontrollierten Studien bei Patienten mit strukturellen Lungenerkrankungen und pulmonalem Druckanstieg bisher keinen Nutzen gezeigt. Teilweise haben sie sich sogar als nachteilig erwiesen, da sie Gasaustausch und körperliche Belastbarkeit verschlechtern können. Bei pulmonal-arterieller Hypertonie liegt der Fokus daher aus pneumologischer Sicht auf der adäquaten Behandlung der zugrunde liegenden COPD.

Eine spezifische Therapie des pulmonalen Hypertonus bei COPD-Patienten kann jedoch dann sinnvoll sein, wenn der Hochdruck ausgeprägt, die Lungenfunktion aber nur wenig eingeschränkt ist. Denn in dieser Situation weiß man nicht, ob es sich um eine Koinzidenz von PAH und COPD handelt oder um eine schwere pulmonale Hypertonie bei struktureller Lungenerkrankung.

Ein pulmonal-arterieller Druck von 35 mmHg oder von 25 mmHg bei erniedrigtem Herzzeitvolumen kann als hämodynamischer Cut-off für den Einsatz von PAH-Medikamenten betrachtet werden.

Regelmäßig treffen auch COPD und Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion ­(HFpEF) zusammen. Knapp 40 % der HFpEF-Patienten haben zugleich obstruktive oder restriktive Ventilationsstörungen. Umgekehrt findet sich bei etwa 30 % der COPD-Kranken eine ­HFpEF. Sieht man echokardiographisch Hinweise auf erhöhten Lungendruck, sollte stets eine invasive Rechtsherzkatheteruntersuchung erfolgen, um die pulmonale Hypertonie zu klassifizieren. Handelt es sich um einen isolierten postkapillären Hypertonus? Oder liegt eine kombinierte prä- und postkapilläre pulmonale Druckerhöhung vor?

ARNI senkt den postkapillären Druck

Wenn man bei der kombinierten Form den präkapillären Schenkel behandelt, würde im Falle einer ­HFpEF der enddiastolische Füllungsdruck des linken Ventrikels weiter steigen und ein Lungen­ödem entstehen, schreiben Privatdozent Dr. ­Tobias ­Müller, Klinik für Pneumologie und Internistische Intensivmedizin an der Uniklinik Aachen und Koautoren. Ihrer Einschätzung nach ist in dieser Situation ein Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI) angebracht, um den postkapillären Druck zu senken. Ob später eine zusätzliche präkapilläre Drucksenkung nötig wird, klärt eine invasive Kontrolluntersuchung nach drei Monaten.

Schlafbezogene Atemstörungen wie die obstruktive Schlafapnoe (OSA) gelten als unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. Die OSA beeinflusst das kardiovaskuläre System negativ durch

  • intermittierende Hypoxie,
  • Aktivierung des Sympathikus,
  • starke intrathorakale Druckschwankungen.

Bislang konnte nicht klar gezeigt werden, dass eine CPAP*-Therapie auch die kardiovaskuläre Prognose verbessert. Eine Kohortenstudie weist darauf hin, dass dies erst nach langjähriger konsequenter Anwendung zu erwarten ist.

Patienten mit chronischer ventilatorischer Insuffizienz, sei es durch eine COPD oder ein Obesitas-Hypoventilationssyndrom, leiden häufig unter peripheren Ödemen. Das lässt sich zum einen auf eine pulmonale Vasokonstriktion durch Hyperkapnie zurückführen, aus der sich eine pulmonale Hypertonie entwickeln kann. Zum anderen hat die Hyperkapnie eine renale Vasokonstriktion mit Abnahme des renalen Blutflusses zur Folge. Das Ergebnis: eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mit der Retention von Wasser und Kochsalz.

Die alveoläre Hypoventilation stellt eine häufig nicht erkannte Ursache rezidivierender hydropischer Dekompensationen dar. Im Mittelpunkt der Therapie steht die Entlastung der Atempumpe durch eine nicht-invasive Beatmungstherapie.

Menschen mit ventilatorischer Insuffizienz weisen oft eine metabolische Alkalose auf, da die Niere zur Kompensation der Hyperkapnie Bicarbonat zurückhält. Werden zur Therapie peripherer Ödeme Schleifendiuretika eingesetzt, kann sich die Alkalose verschlimmern. Das wiederum verstärkt die Hypoventilation, Rechtsherzbelastung sowie Kochsalz- und Flüssigkeitsretention nehmen zu. Bei COPD-Patienten mit diuretikaresistenten Ödemen sollte deshalb immer eine Blutgasanalyse erfolgen. Zusätzlich zur nicht-invasiven Beatmung kann eine Alkalose intermittierend unter Blutgaskontrolle mit Acetazolamid behandelt werden.

* continous positive airway pressure

Quelle: Müller T et al. Internist (Berl) 2021; 62: 1166-1173; DOI: 10.1007/s00108-021-01169-9

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