Vorläufige Ergebnisse der GMALL-Studie 08/2013

ASH 2021 Friederike Klein

Von den 770 in die Studie rekrutierten Personen litten 638 an einer ALL und 67 an einem LBL Von den 770 in die Studie rekrutierten Personen litten 638 an einer ALL und 67 an einem LBL © iStock/Dr_Microbe

Die Langzeitüberlebensraten Erwachsener mit akuter lymphatischer Leukämie haben sich in den letzten Jahrzehnten verbessert und liegen für Patienten bis 55 Jahren bei etwa 60–70 % – bei Kindern sind es > 80 %. In einer großen unselektierten Phase-3/4-Studie erwiesen sich an der pädiatrischen Onkologie angelehnte Strategien auch für Erwachsene als machbar und effektiv.

Wie Prof. Dr. ­Nicola ­Gökbuget von der Universitätsklinik Frankfurt am Main berichtete, konnte in der Studie GMALL 08/2013 bei einer großen Zahl der Teilnehmer von 18 bis 55 Jahren eine pädiatrisch angelehnte Strategie realisiert werden, die auf Freiheit von minimaler Resterkrankung (MRD) abzielt.1 Das Regime sah unter anderem vor:

  • Dexamethason in Induktion und Konsolidierung
  • die neunmalige Gabe von Asparaginase
  • eine siebenmalige Gabe von hoch dosiertem Methotrexat
  • eine Reinduktion
  • risikoadaptiert eine Stammzelltransplantation

Bei T-Zell-ALL wurde Nelarabin (vs. Cyclophosphamid) eingesetzt. Bis zu 2,5 Jahre lang war außerdem eine Erhaltungstherapie vorgesehen – außer bei Patienten mit lymphoblastischem Lymphom (LBL).

93 % hämatologische und gut 60 % molekulare CR

Von den 770 in die Studie rekrutierten Personen litten 638 an einer ALL und 67 an einem LBL (siehe Tabelle). Nach der ersten Konsolidierung erreichten 93 % der Studienteilnehmer eine hämatologische Komplettremission. In den Leukämie-Subgruppen wurden meist ähnlich hohe CR-Raten erreicht, nur bei Hochrisikoerkrankung und T-ALL waren sie leicht reduziert (88 % und 89 %). Die Rate früher Todesfälle lag bei 4 %. Eine Zahl, die laut Prof. Gökbuget immer wieder zu finden ist und wahrscheinlich auf Infektionen in einer so großen, unselektierten Kohorte beruht. Nicht oder nur partiell sprachen 3 % auf die Therapie an.

Patientencharakteristika GMALL-Studie 08/2013
ALL
LBL
63867
AlterMedian3532
Geschlechtmännlich60 %72 %
SubtypB-Vorläuferzell-ALL, Ph-55 % 12 %
B-Vorläuferzell-ALL, Ph+20 %
T-Linien ALL25 %88 %
Body Mass Index ≥ 30 kg/m²20 %24 %
Steatose28 %23 %
nach Gökbuget N et al.

Für das molekulare Ansprechen ergaben sich größere Unterschiede zwischen den Krankheits-Subgruppen. Insgesamt betrug der Anteil molekularer CR 61 %. Bei Hochrisiko-Kriterien und bei Ph+ B-ALL lag er mit 54 % und 41 % am niedrigsten, allerdings konsistent mit dem, was aus anderen Studien bekannt ist.

Asparaginase: Abstriche vom pädiatrischen Regime

Der intensivierte Einsatz von PEG-Asparaginase (Startdosis 2.000 U/m² am Ende des ersten Induktionszyklus) bedurfte bei einigen Erwachsenen einer Dosisreduktion auf 500 U/m². Gründe dafür waren:
  • ein Body Mass Index > 30 kg/m²
  • eine Steatose
  • vorbestehende Lebertoxizitäten
  • Komorbiditäten
Die zweite Dosis wurde diesen Patienten nur empfohlen, sofern nach der ersten Gabe keine relevanten Toxizitäten auftraten. Die geplante Erhaltungstherapie mit PEG-Asparaginase war nicht machbar, berichtete Prof. Gökbuget. Außerdem beobachtete ihr Team bei einigen, insbesondere jüngeren, Patienten eine Osteonekrose. Für deren Management wurden bereits Empfehlungen publiziert.2 Im Rahmen des Protokolls war bei Studienteilnehmern mit hohem Risiko oder MRD-Positivität eine zielgerichtete Konsolidierung möglich. Sie bestand aus Blinatumomab bei B-Vorläuferzell-ALL (n = 40), Nelarabin bei T-Zell-ALL (n = 11) und wurde gefolgt von einer Stammzelltransplantation (SCT). Die molekulare Ansprechrate betrug mit Blinatumomab 55 %, mit Nelarabin 18 % – beides blieb hinter den Erwartungen zurück. Für Patienten mit Ph+ ALL ist bei molekularem Therapieversagen ein Wechsel auf einen alternativen Tyrosinkinasehemmer und nachfolgend eine SCT geplant. Zu dieser Gruppe liegen aber noch keine Ergebnisse vor, sagte Prof. Gökbuget.

87 % OS bei Jüngeren – und noch 73 % bei > 46 Jahren

Insgesamt waren nach drei Jahren 75 % der Patienten mit Ph- Erkrankung und 79 % mit Ph+ Erkrankung noch ohne molekulares Therapieversagen. Das nannte Prof. Gökbuget sehr vielversprechend. Die Gesamtüberlebensrate lag bei 76 % nach drei Jahren. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen ALL und LBL. Jüngere Patienten lebten länger als ältere, aber selbst bei den 46- bis 55-Jährigen lag das OS nach drei Jahren noch bei 73 % (18- bis 25-Jährige: 87 %). Teilnehmer mit einer T-Zell-ALL und Standardrisiko erreichten eine Drei-Jahres-OS-Rate von 86 %. Für Personen mit Stammzelltransplantation wegen Hochrisikoerkrankung betrug das OS 76 %. „Die SCT ist weiter ein Schlüsselelement, auch wenn in der GMALL-Studie 08/2013 die SCT-Rate niedriger war als in vorangegangenen GMALL-Studien“, kommentierte Prof. Gökbuget.

Quellen:
1. Gökbuget N et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 362
2. Kuhlen M et al. Hemasphere 2021; 5: e544; DOI: 10.1097/HS9.0000000000000544
2021 ASH Annual Meeting

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Von den 770 in die Studie rekrutierten Personen litten 638 an einer ALL und 67 an einem LBL Von den 770 in die Studie rekrutierten Personen litten 638 an einer ALL und 67 an einem LBL © iStock/Dr_Microbe