Kardiale Risikofaktoren beachten

ASH 2021 Josef Gulden

Unter Antihypertensiva oder anderen Herzmedikamenten scheinen vor allem ACE-Hemmer eine kritische Rolle zu spielen. Unter Antihypertensiva oder anderen Herzmedikamenten scheinen vor allem ACE-Hemmer eine kritische Rolle zu spielen. © iStock/LuckyStep48

Ist es möglich, bei CLL-Patienten die klassische Erstlinientherapie aus Rituximab, Fludarabin und Cyclophosphamid durch Rituximab und Ibrutinib zu ersetzen? Zumindest deuten die Daten der Phase-3-Studie FLAIR darauf hin. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die Betroffenen unter einem Hypertonus oder kardialen Vorerkrankungen leiden.

Die wirksamste der für die neu diagnostizierte CLL entwickelten Chemoimmuntherapien ist die Kombination aus dem CD20-Antikörper Rituximab und den Zytostatika Fludarabin und Cyclophosphamid (FCR). Möglicherweise könnte diese einem Protokoll aus Ibrutinib und Rituximab weichen, wie die Ergebnisse der Phase-3-Studie FLAIR zeigen.1 Darin eingeschlossen waren 771 Patienten mit neu diagnostizierter CLL, berichtete Prof. Dr. Peter Hillmen von der Universität Leeds. Sie erhielten randomisiert

  • sechs Zyklen FCR oder
  • sechs Dosen Rituximab und bis zu sechs Jahre lang Ibrutinib.

Die Forscher schlossen über 75-Jährige sowie Personen, die mehr als 20 % Zellen mit 17p-Deletion aufwiesen, von der Studie aus.

Der Median für das progressionsfreie Überleben (PFS), dem primären Endpunkt, war nach median 52,7 Monaten im Ibrutinib-Arm noch nicht erreicht, während er in der Kontrolle 67 Monate betrug (HR 0,44; p < 0,001). Die Differenz war aber nur für etwa die Hälfte der Erkrankten signifikant, nämlich für diejenigen, die einen unmutierten IGHV-Status aufwiesen (HR 0,40; p < 0,001). Im Fall eines mutierten IGHV ließ sich zwar ebenfalls ein Unterschied erkennen (HR 0,68), dieser war allerdings nicht signifikant (p = 0,197).

Das mediane Gesamtüberleben unterschied sich nicht zwischen den beiden Armen (HR 1,01; p = 0,956). 90 % der Patienten der FCR-Gruppe erhielten nach einer Krankheitsprogression zielgerichtete Folgetherapien. Die Vier-Jahres-Überlebensrate unter FCR war in der FLAIR-Studie mit 94,5 % vs. 84,2 % deutlich besser als in früheren Untersuchungen – nicht zuletzt, weil zum damaligen Zeitpunkt noch keine zielgerichteten Substanzen zur Verfügung standen.

Die Teilnehmer vertrugen Ibrutinib/Rituximab besser als FCR. Vor allem schwere Nebenwirkungen wie Infektionen (27,1 % vs. 33,6 %) und hämatologische Toxizitäten (10,7 % vs. 19,8 %) traten in der Prüfgruppe seltener auf. Unter schweren kardialen Nebenwirkungen litten allerdings unter dem BTK-Inhibitor mit 8,3 % vs. 1,1 % fast achtmal mehr Personen als unter FCR. Acht von zehn plötzlichen oder kardialen Todesfällen betrafen den Ibrutinib-Arm.

Eine Subgruppen­analyse2 legt wahrscheinliche Gründe dafür offen, so Prof. Hillmen: Sieben der acht Betroffenen mit plötzlichem oder kardialem Tod unter Ibrutinib litten bereits zuvor unter einem Hypertonus und/oder einer kardialen Störung; gegenüber Patienten ohne derartige Anamnese war das relative Risiko hier um den Faktor 23,6 erhöht (p = 0,0003). Bei den drei Teilnehmern, die obduziert wurden, lag eine hypertensive Kardiomyopathie und/oder eine koronare Herzkrankheit vor. Von den 291 Personen ohne diese Risikofaktoren gab es unter Ibrutinib/Rituximab lediglich einen plötzlichen oder kardialen Todesfall (0,3 %).

Unter Antihypertensiva oder anderen Herzmedikamenten scheinen vor allem ACE-Hemmer eine kritische Rolle zu spielen, da alle sieben plötzlich oder aus kardialen Gründen verstorbenen Patienten im Ibrutinib-Arm zu Studienbeginn diese Medikamente eingenommen hatten. Auch wenn die Ergebnisse in anderen Kollektiven bestätigt werden müssten, sei bei Erkrankten mit kardialer oder hypertensiver Anamnese unter ACE-Hemmern bezüglich einer Ibrutinib-Therapie Vorsicht angezeigt, schreiben Dr. Talha Munir vom St James‘s University Hospital in Leeds und Kollegen in ihrem Abstract zur Subgruppenanalyse.

Quellen:
1. Hillmen P et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 642
2. Munir T et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 2636
2021 ASH Annual Meeting

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Unter Antihypertensiva oder anderen Herzmedikamenten scheinen vor allem ACE-Hemmer eine kritische Rolle zu spielen. Unter Antihypertensiva oder anderen Herzmedikamenten scheinen vor allem ACE-Hemmer eine kritische Rolle zu spielen. © iStock/LuckyStep48