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Kardiale Risikofaktoren beachten

Die wirksamste der für die neu diagnostizierte CLL entwickelten Chemoimmuntherapien ist die Kombination aus dem CD20-Antikörper Rituximab und den Zytostatika Fludarabin und Cyclophosphamid (FCR). Möglicherweise könnte diese einem Protokoll aus Ibrutinib und Rituximab weichen, wie die Ergebnisse der Phase-3-Studie FLAIR zeigen.1 Darin eingeschlossen waren 771 Patienten mit neu diagnostizierter CLL, berichtete Prof. Dr. Peter Hillmen von der Universität Leeds. Sie erhielten randomisiert
- sechs Zyklen FCR oder
- sechs Dosen Rituximab und bis zu sechs Jahre lang Ibrutinib.
Die Forscher schlossen über 75-Jährige sowie Personen, die mehr als 20 % Zellen mit 17p-Deletion aufwiesen, von der Studie aus.
Der Median für das progressionsfreie Überleben (PFS), dem primären Endpunkt, war nach median 52,7 Monaten im Ibrutinib-Arm noch nicht erreicht, während er in der Kontrolle 67 Monate betrug (HR 0,44; p < 0,001). Die Differenz war aber nur für etwa die Hälfte der Erkrankten signifikant, nämlich für diejenigen, die einen unmutierten IGHV-Status aufwiesen (HR 0,40; p < 0,001). Im Fall eines mutierten IGHV ließ sich zwar ebenfalls ein Unterschied erkennen (HR 0,68), dieser war allerdings nicht signifikant (p = 0,197).
Das mediane Gesamtüberleben unterschied sich nicht zwischen den beiden Armen (HR 1,01; p = 0,956). 90 % der Patienten der FCR-Gruppe erhielten nach einer Krankheitsprogression zielgerichtete Folgetherapien. Die Vier-Jahres-Überlebensrate unter FCR war in der FLAIR-Studie mit 94,5 % vs. 84,2 % deutlich besser als in früheren Untersuchungen – nicht zuletzt, weil zum damaligen Zeitpunkt noch keine zielgerichteten Substanzen zur Verfügung standen.
Die Teilnehmer vertrugen Ibrutinib/Rituximab besser als FCR. Vor allem schwere Nebenwirkungen wie Infektionen (27,1 % vs. 33,6 %) und hämatologische Toxizitäten (10,7 % vs. 19,8 %) traten in der Prüfgruppe seltener auf. Unter schweren kardialen Nebenwirkungen litten allerdings unter dem BTK-Inhibitor mit 8,3 % vs. 1,1 % fast achtmal mehr Personen als unter FCR. Acht von zehn plötzlichen oder kardialen Todesfällen betrafen den Ibrutinib-Arm.
Eine Subgruppenanalyse2 legt wahrscheinliche Gründe dafür offen, so Prof. Hillmen: Sieben der acht Betroffenen mit plötzlichem oder kardialem Tod unter Ibrutinib litten bereits zuvor unter einem Hypertonus und/oder einer kardialen Störung; gegenüber Patienten ohne derartige Anamnese war das relative Risiko hier um den Faktor 23,6 erhöht (p = 0,0003). Bei den drei Teilnehmern, die obduziert wurden, lag eine hypertensive Kardiomyopathie und/oder eine koronare Herzkrankheit vor. Von den 291 Personen ohne diese Risikofaktoren gab es unter Ibrutinib/Rituximab lediglich einen plötzlichen oder kardialen Todesfall (0,3 %).
Unter Antihypertensiva oder anderen Herzmedikamenten scheinen vor allem ACE-Hemmer eine kritische Rolle zu spielen, da alle sieben plötzlich oder aus kardialen Gründen verstorbenen Patienten im Ibrutinib-Arm zu Studienbeginn diese Medikamente eingenommen hatten. Auch wenn die Ergebnisse in anderen Kollektiven bestätigt werden müssten, sei bei Erkrankten mit kardialer oder hypertensiver Anamnese unter ACE-Hemmern bezüglich einer Ibrutinib-Therapie Vorsicht angezeigt, schreiben Dr. Talha Munir vom St James‘s University Hospital in Leeds und Kollegen in ihrem Abstract zur Subgruppenanalyse.
Quellen:
1. Hillmen P et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 642
2. Munir T et al. 2021 ASH Annual Meeting; Abstract 2636
2021 ASH Annual Meeting
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