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Welcher Wirkstoff zeigt das günstigste Profil?

Wenn Metformin bei Patienten mit Typ-2-Diabetes nicht den erwünschten Effekt zeigt – also ein Absenken des HbA1c-Werts auf unter 7,0 % –, stehen verschiedene Substanzklassen als Add-on zur Verfügung. Wie eine große US-Längsschnittstudie nun zeigt, haben von vier untersuchten Wirkstoffen Insulin glargin und der GLP1-Rezeptoragonist* Liraglutid in Bezug auf die Blutzuckereinstellung und makrovaskuläre Folgekrankheiten leicht die Nase vorn. Allerdings bleiben noch viele Fragen offen.
An der an 36 Zentren durchgeführten GRADE-Studie nahmen 5.047 Personen im Durchschnittsalter von 57 Jahren teil, die im Schnitt seit vier Jahren an einem Typ-2-Diabetes litten und trotz Metformintherapie einen HbA1c-Wert zwischen 6,8 % und 8,5 % aufwiesen. Im Rahmen der Randomisierung erhielt je ein Viertel von ihnen zusätzlich Insulin glargin, Liraglutid, den Sulfonylharnstoff Glimepirid oder den DPP4-Hemmer** Sitagliptin.
71 % verfehlen Blutzucker-Zielwert weiterhin
Die Studienergebnisse zeigten, wie schwierig das Erreichen und Halten der empfohlenen Blutzuckerziele beim Typ-2-Diabetes ist, konstatiert das Forscherteam um Prof. Dr. David Nathan vom Massachusetts General Hospital Diabetes Center in Boston. Im Verlauf der durchschnittlich fünf Jahre dauernden Nachbeobachtungszeit gelang dies trotz Kombinationstherapie bei 71 % der Teilnehmenden nicht. Immerhin nahm in allen Studienarmen der HbA1c-Wert ab. Hierbei wirkten Insulin glargin (67 %) und Liraglutid (68 %) etwas besser als Glimepirid (72 %) und Sitagliptin (77 %).
Im Hinblick auf verschiedene mikro- und makrovaskuläre Diabetes-Spätfolgen inklusive der Mortalität unterschieden sich die einzelnen Präparate nicht signifikant. Die einzige Ausnahme war Liraglutid, welches das Risiko für jegliche Herz-Kreislauf-Erkrankung im Vergleich zu den anderen drei Wirkstoffen um 29 % senkte. Allerdings war das Herz-Kreislauf-Risiko im Studienkollektiv per se relativ gering und die Studie hatte bezüglich einiger kardiovaskulärer Endpunkte eine zu geringe Power sowie eine kurze Laufzeit, gibt Prof. Nathan zu bedenken.
Aufgrund dieser Limitationen werde die Frage, welches Antidiabetikum bei Typ-2-Diabeteskranken mit geringem kardiovaskulärem Risiko zusätzlich zu Metformin gewählt werden sollte, durch die GRADE-Studie nicht eindeutig beantwortet, bedauern Prof. Dr. Lars Rydén vom Karolinska-Institut in Stockholm und Prof. Dr. Eberhard Standl vom Helmholtz Zentrum München.
Alle vier Wirkstoffe wurden gut vertragen
Insgesamt sehen die Kommentatoren aber einen möglichen primärpräventiven Effekt von Liraglutid. Alle vier Wirkstoffe wurden relativ gut vertragen, schwere Hypoglykämien traten nur unter Glimepirid häufiger auf als unter den anderen Präparaten. Liraglutid verursachte dagegen mehr gastrointestinale Nebenwirkungen und eine Gewichtsabnahme.
* GLP1: Glucagon-like Peptide 1 ** DPP4: Dipeptidylpeptidase 4
Quellen:
1. GRADE Study Research Group. N Engl J Med 2022; 387: 1063-1074; DOI: 10.1056/NEJMoa2200433
2. GRADE Study Research Group. N Engl J Med 2022; 387: 1075-1088; DOI: 10.1056/NEJMoa2200436
3. Rydén L, Standl E. N Engl J Med 2022; 387: 1136-1138; DOI: 10.1056/NEJMe2210531
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