Weniger Schlaganfälle unter einmal wöchentlichem GLP1-Rezeptoragonist beobachtet

Dr. Judith Lorenz

Die Therapie schützte vor ischämischen Insulten. Die Therapie schützte vor ischämischen Insulten. © istock/kmlmtz66

Bei Diabetes Typ 2 könnte eine Langzeitbehandlung mit einem GLP1-Rezeptoragonisten möglicherweise vor ischämischen Schlaganfällen bewahren. Der Schweregrad der Insulte wurde aber offenbar nicht beeinflusst, so das Ergebnis einer explorativen Analyse der REWIND-Studie.

Wie andere GLP1(Glucagon-Like Peptide-1)-Rezeptor­agonisten fördert auch Dulaglutid die pankreatische Insulinantwort auf Nahrungsreize und hemmt gleichzeitig die Glukagonsekretion. Sieben große Studien, darunter auch die zwischen 2011 und 2013 an 371 Zentren in 24 Ländern durchgeführte REWIND-Studie, deuten auf eine kardiovaskuläre Schutzfunktion der Substanzklasse hin, schreiben die Autoren um Professor Dr. Hertzel Gerstein von der McMaster University in Hamilton.

Insbesondere scheint unter der Behandlung mit dem Inkretinmimetikum das Schlaganfallrisiko zu sinken. Um diese Hypothese zu prüfen, wertete das Wissenschaftlerteam die Daten der REWIND-Studie im Rahmen einer explorativen Analyse erneut aus.

Nachbeobachtungszeit im Median über fünf Jahre

Die Studienteilnehmer waren Patienten mit Diabetes Typ 2, von denen bereits 31 % an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litten, mehr als 93 % wiesen einen Bluthochdruck auf. Gemäß Randomisierung injizierte sich je etwa die Hälfte von ihnen einmal pro Woche Dulaglutid beziehungsweise ein Placebo subkutan. Während der medianen Nachbeobachtungszeit von 5,4 Jahren kam es bei 4,1 % der Placebo-Gruppe, aber nur bei 3,2 % unter Dulaglutidtherapie zu einem Schlaganfall (Hazard Ratio [HR] 0,76; 95%-KI 0,62–0,94).

Dulaglutid schützte dabei zwar scheinbar vor ischämischen Insulten (HR 0,75; 95%-KI 0,59–0,94), nicht jedoch vor hämorrhagischen Insulten (HR 1,05; 95%-KI 0,55–1,99), unklaren Schlaganfällen (HR 0,82; 95%-KI 0,40–1,66) oder transitorischen ischämischen Attacken (TIA; HR 0,79; 95%-KI 0,52–1,20).

Ferner war das kombinierte Outcome aus „nicht tödlichem Schlaganfall“ und „Tod aufgrund jeglicher Ursache“ unter Einnahme des GLP1-Rezeptoragonisten reduziert, wie auch die Anzahl der Schlaganfälle mit Behinderungsfolgen. Der Schweregrad der Schlaganfälle unterschied sich nicht zwischen den Studienarmen.

Einschlusskriterien der REWIND-Studie

Teilnehmer der randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie waren 9901 Typ-2-Diabetespatienten im Alter über 50 Jahre, die einen HbA1c-Wert ≤ 9,5 % und einen Bodymassindex ≥ 23 kg/m² aufwiesen und unter stabiler Behandlung mit maximal zwei oralen Antidiabetika (mit oder ohne Basalinsulin) standen. Patienten, die bei Studieneinschluss einen GLP1-Rezeptor­agonisten oder einen Dipeptidylpeptidase-4-Hemmer anwendeten, setzten diese Medikation ab, alle anderen Antidiabetika wurden unverändert eingenommen.

Typ-2-Diabetespatienten mittleren und höheren Alters profitieren hinsichtlich des Risikos für isch­ämische – nicht jedoch für hämorrhagische – Schlaganfälle von einer zusätzlichen Behandlung mit Dulaglutid, schlussfolgern die Autoren. Der protektive Effekt scheint dabei unabhängig vom Alter, dem Geschlecht, kardiovaskulären Vorerkrankungen, dem HbA1c-Wert, dem systolischen Blutdruck oder der Einnahme von Statinen, ACE-Hemmern und Angiotensinrezeptorblockern zu bestehen. Die Mechanismen einer möglichen Schutzfunktion des GLP1-Rezeptoragonisten sind bisher nicht bekannt. Die Studienautoren gehen davon aus, dass Dulaglutid einerseits verschiedene Schlaganfallrisikofaktoren (HbA1c-Wert, systolischer Blutdruck, Gewicht) reduziert und andererseits direkte positive Effekte auf die zerebrale Gefäßarchitektur und -funktion hat. Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, so das Fazit der Forscher, könnten GLP1-Rezeptoragonisten künftig ein fester Bestandteil von Strategien zur Schlaganfallprävention werden.

Quelle: Gerstein HC et al. Lancet Diabetes Endo­crinol 2020; 8: 106-114; DOI: 10.1016/S2213-8587(19)30423-1

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Die Therapie schützte vor ischämischen Insulten. Die Therapie schützte vor ischämischen Insulten. © istock/kmlmtz66