Wie Rheuma-Experten sich selbst behandeln

Maria Weiß

Für welche Behandlung würden sich wohl Ärzte entscheiden, wenn sie selbst der Rheumapatient sind? Für welche Behandlung würden sich wohl Ärzte entscheiden, wenn sie selbst der Rheumapatient sind? © Aliaksandr Marko – stock.adobe.com

Unabhängig von Leitlinien und wirtschaftlichen Überlegungen – wie würde man sich als Arzt bei rheumatischen Erkrankungen selbst behandeln? Rheumatologen haben das an den Beispielen Psoriasisarthritis und rheumatoider Arthritis durchgespielt.

Fall 1

Im ersten Fall ging man von einer seit zehn Jahren bestehenden Psoriasis vulgaris aus, die mit topischer Therapie bisher einigermaßen in den Griff zu bekommen war. Vor sechs Monaten hatte sich aber zusätzlich eine periphere Psoriasisarthritis (PsA) mit schmerzhafter Enthesitis der Patellarsehne und Oligoarthritis (MCP-1 beidseits, PIP-4 linke Hand und rechtes Sprunggelenk) entwickelt. Eine vor drei Monaten begonnene Therapie mit Methotrexat (15 mg 1x/Woche s.c.) zeigte keine Wirkung, 20 mg führten zu Haarausfall.

Würde man selbst in dieser Situation eher zu einem IL-17-Inhibitor oder zu einem TNF-alpha-Blocker greifen?

Ein Plädoyer für den primären Einsatz eines Anti-IL-17-Therapieprinzips hielt Privatdozent Dr. Axel Hueber, Abteilung für Rheumatologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Hauptargument sei die besonders gute Besserung der Hauterscheinungen bei einer im Vergleich zu TNF-alpha-Blockern genauso guten Wirkung auf die Gelenkbeteiligung. Gerade bei ungünstigen Lokalisationen im Gesicht oder an den Händen könne bei relativ geringen Anteilen betroffener Haut ein hoher Leidensdruck bestehen. Auch an der Entwicklung der Enthesitis sei IL-17 ganz wesentlich beteiligt, sodass hier eine hohe Wirksamkeit zu erwarten sei. Im aktuellen Update der EULAR-Empfehlungen wird zudem ausgeführt, dass bei PsA mit relevanter Hautbeteiligung nach Versagen eines csDMARD ein IL-17- oder IL-23-Antikörper bevorzugt eingesetzt werden kann. Was für ihn „relevant“ ist, muss jeder einzelne letztendlich selbst entscheiden, so PD Dr. Hueber.

Eine Hautbeteiligung <3% der Körper­oberfläche beeinträchtigt die Lebensqualität i.d.R. nicht, hielt Professor Dr. Peter Härle, Klinik für Rheumatologie am Marienhaus Klinikum Mainz, dagegen. Zudem seien die typischen Prädilektionsstellen an Ellenbogen, Knien und Bauch meist gut zu verstecken. Bei solch einer milden Hautbeteiligung wären in dieser Situation TNF-alpha-Blocker für ihn die erste Wahl, da ihre Wirksamkeit auf Arthritis, Enthesitis und Haut gut belegt sei. Außerdem wies er darauf hin, dass der IL17-Inhibitor Secukinumab bei milder Hautbeteiligung nur in der Dosierung von 150 mg s.c. alle vier Wochen zugelassen ist – die besonders gute Wirkung auf die Haut aber in Studien mit 300 mg erreicht wurde. Mit der niedrigeren Dosierung sei auch eine schlechtere Wirksamkeit auf Arthritis und Enthesitis zu erwarten. An TNF-alpha-Blockern schätzt er zudem die lange Erfahrung bezüglich der Sicherheit und das geringere Risiko für Candida-Infektionen.

Fall 2

Beim zweiten diskutierten Fall handelte es sich um eine seit sechs Monaten bestehende RF- und CCP-AK-positive rheumatoide Arthritis. Unter MTX 10 mg/Woche s.c. lag noch eine relativ hohe Restaktivität vor, höhere Dosierungen wurden aufgrund von Übelkeit nicht vertragen. Erosionen an Händen und Vorfüßen waren röntgenologisch noch nicht nachweisbar.

Würde man sich in dieser Situation für die zusätzliche Gabe eines Biologikums oder für einen oralen JAK-Inhibitor entscheiden?

Auf die über 20-jährige Erfahrung mit TNF-alpha-Blockern und die unzähligen Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten aus Studien und Registern wies Professor Dr. Rieke Alten, Schlosspark-Klinik in Berlin, hin. Auch die Möglichkeit einer Dosisreduktion oder Therapieunterbrechung nach Erreichen einer stabilen Remission sei inzwischen gut belegt. Man kenne sich zudem sehr gut mit dem Nebenwirkungsmanagement aus und wisse, worauf man im Verlauf achten müsse. Auch bei Schwangeren gilt die Sicherheit als gut belegt. Unter JAK-Inhibitoren ist das Risiko für Herpes zoster signifikant erhöht, betonte die Rheumatologin. Bei über 65-Jährigen mit zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktoren drohen zudem vermehrt schwere venöse Thromboembolien. Sie persönlich würde sich in dem geschilderten Fall als erstes Biologikum nach MTX-Versagen für Abatacept entscheiden.

Eine Lanze für die JAK-Inhibitoren brach dagegen Professor Dr. Andrea Rubbert-Roth, Klinik für Rheumatologie am Kantonsspital St. Gallen. Nachdem im beschriebenen Fall schon sechs Monate entzündlicher Aktivität ins Land gegangen sind, sollte jetzt so schnell wie möglich eine lang haltende Remission erreicht werden. Hinsichtlich der Schnelligkeit seien die JAK-Inhibitoren deutlich überlegen – sowohl in der Monotherapie als auch in Kombination. Einen weiteren Vorteil sieht sie im möglichen Verzicht auf das bei vielen Patienten ungeliebte MTX. So wurden unter Upadacitinib in der Monotherapie ähnliche Therapieerfolge erzielt wie bei Kombination mit MTX. Nach den bisherigen Daten scheint ein sekundärer Wirkverlust seltener zu sein als unter Biologika. Das Sicherheitsprofil für JAK-Inhibitoren sei gut charakterisiert und bei jüngeren Patienten und solchen ohne zusätzliche kardiovaskuläre Risikofaktoren geht Prof. Rubbert-Roth nicht von einem erhöhtem Thromboembolierisiko aus. Last, but not least sei die einfache orale Einnahme als Vorteil nicht von der Hand zu weisen.

Quelle: Deutscher Rheumatologie Kongress 2021 – virtuell

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