Bei ihm ist die Organisation des Praxisalltags nur noch auf Sicht möglich. „Wir achten darauf, dass sich die
Arbeitslast auf alle Schultern gleichermaßen verteilt, aber es lässt sich manchmal nicht vermeiden, dass jemand mehr machen muss.“ Um den Andrang zu reduzieren, bittet er asymptomatische Patienten, die einen Corona-Abstrich möchten, sich an ein Testzentrum zu wenden. Er begrüßt es, dass nach den Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenz weniger Personen PCR-Tests bekommen sollen.
Um die schwierige Situation zu erklären, sprechen er und sein Team die Patienten direkt an. Das habe sich bewährt, berichtet der Arzt. „Die meisten reagieren sehr verständnisvoll.“ Auch auf der Website informiert die Praxis über das reduzierte Angebot.
Wie sich die Mitarbeitenden infiziert haben, ist unklar. Möglicherweise steckten sie sich über
Familienmitglieder an. Aber auch eine
Infektion durch asymptomatische Patienten in der Praxis schließt Dr. Höhne nicht aus. „Einige Leute erklären beim Blutdruckmessen nebenher, dass ihr Test morgens positiv war und es gut wäre, noch einen PCR-Abstrich zu machen.“
Seitens der KV spürt der Arzt bislang keine Unterstützung (Stand: 27.01.2022). Zwar teilte er der Körperschaft mit, dass er den klassischen Versorgungsauftrag derzeit nicht erfüllen könne. Doch eine Rückmeldung habe er nicht erhalten, berichtet er. Von der Politik fühlt er sich ebenfalls
im Stich gelassen. Seit Pandemiebeginn würden die Kliniken im Fokus stehen, an die Niedergelassenen werde selten gedacht. „In den Expertenrat der Bundesregierung müsste dringend auch ein Hausarzt.“
Zudem überschatte die Sorge um COVID-19 das Auftreten von Infarkten oder Krebserkrankungen, die
nicht rechtzeitig behandelt würden. Ein Patient habe beispielsweise mit herabhängendem Mundwinkel an der Anmeldung gestanden und berichtet, dass er sich die letzten drei Wochen nicht in die Praxis getraut habe, weil es zu voll gewesen sei. Auch das Aufgabenspektrum des Arztes habe sich verändert. „Ich bin kein Allgemeinmediziner mehr, sondern Infektionsarzt. Ich mache vorrangig Abstriche.“
Um die Hausärzte in den kommenden Wochen etwas zu entlasten, haben viele KVen den
Ärztlichen Bereitschaftsdienst der 116 117 aufgestockt. In Bayern soll dieser notfalls auch während der Regelöffnungszeiten der Praxen aktiv werden. Der Deutsche Hausärzteverband fordert die Politik derweil auf, die Bürokratie in den Praxen zu reduzieren. Es gebe allein über 30 Ziffern zur Dokumentation und Abrechnung von Impfungen.
Das Team von Dr. Höhne geht nun erstmal in den regulären Praxisurlaub. Danach könnte das Personal wieder fit sein, hofft der Mediziner. Er vermutet, dass die
Omikron-Welle weite Teile der Bevölkerung betreffen wird und möglicherweise zur
Herdenimmunität führt. „Dann können wir uns vielleicht wieder anderen Themen zuwenden.“
Medical-Tribune-Bericht