Praxisverwaltungssystem Bald leichter umsteigen
Auf ein anderes Praxisverwaltungssystem (PVS) umzusteigen, ist bislang eine eher mutige Entscheidung. Es fallen Kosten an, die technische Umsetzung strapaziert die Nerven und am Ende funktioniert vielleicht trotzdem nicht alles so, wie es soll. Schuld ist ein grundlegendes Problem: Das neue System muss die Daten aus dem zuvor verwendeten PVS importieren können – und das geht mangels Interoperabilität nur unter sehr großem Aufwand. Selbst ein Umstieg auf ein System des gleichen Herstellers kann teuer und zeitintensiv sein. Ärzte sind somit indirekt gezwungen, bei ihrem jeweiligen Programm zu bleiben.
Vorerst können nur wenige Daten übertragen werden
Um diesen Missstand zu beheben, hat die KBV Vorgaben für eine „Archiv- und Wechselschnittstelle“ definiert, welche die Softwarehäuser seit Juni in ihre PVS implementieren müssen. Das soll den Wechsel erheblich erleichtern.
Nicole Elias, IT-Beraterin bei der KV Nordrhein, erklärt zu der neuen Schnittstelle: „Aktuell bietet sie leider noch keine Erleichterung.“ Ziel sei es gewesen, einen einheitlichen Standard für die Übertragung der Patientendaten zu ermöglichen. „Die Idee dahinter ist auch der richtige Ansatz, um den Umstieg zu erleichtern“, so Elias. „Die Schnittstelle ist jedoch – wie viele technische Neuerungen – erst mal mit einem geringen Funktionsumfang gestartet, der nur einen Teil der Daten abdeckt, die für einen PVS-Wechsel erforderlich sind.“ Die Expertin schätzt, dass noch einige Jahre vergehen werden, bis die Interoperabilität nicht nur reine Theorie ist, sondern auch technisch zwischen allen PVS gegeben.
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Wann wechseln?
Wann ein Umstieg sinnvoll sei, könne man nicht pauschal sagen, da es vielfältige Beweggründe gibt, erklärt Elias. Ein Wechsel könne etwa eine Chance sein, sich anlässlich einer Praxisübernahme neu aufzustellen. Hat der vorherige Praxisinhaber überwiegend mit Papierakten gearbeitet, können mit einem neuen PVS viele Prozesse in der Praxis digitalisiert und neu gestaltet werden (Stichwort: papierarme Praxis). Funktionen im PVS wie die Blankoformularbedruckung, Terminplanung, Videosprechstunde, Sprachdokumentation, Favoritenliste und Aktionsketten können den Praxisalltag erleichtern. Ansonsten komme ein Wechsel auch infrage, wenn der Alltag durch technische Probleme oder schlechten Support massiv gestört werde. Unvermeidbar sei der Umstieg gar, wenn das verwendete PVS seine KBV-Zertifizierung verliere.Auswahl einer neuen Software
Derzeit sind über 100 PVS am Markt, die Auswahl eines neuen Systems ist daher nicht leicht. „Einer der wichtigsten Punkte ist, dass das PVS für die Fachgruppe geeignet ist, damit alle in der Praxis benötigten Dokumentationen und fachbezogenen Module integriert sind“, so Elias. Darüber hinaus rät sie, zu definieren, welche Funktionalitäten benötigt werden, um den Praxisalltag zu erleichtern bzw. zu optimieren und direkt die Aspekte mit zu berücksichtigen, die beim alten PVS bemängelt wurden. Um sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen, könnten Online-Präsentationen der Hersteller oder Testversionen genutzt werden. Empfehlenswert sei es zudem, das komplette Praxisteam mit einzubeziehen. Auch die Erfahrungen von Kollegen, die das zukünftige System bereits im Einsatz haben, sollten eingeholt werden. Um Ärzten den Überblick zu erleichtern, hat die KBV Listen der 20 meistgenutzten, zertifizierten PVS je Fachgruppe erstellt.Kosten
„Eine konkrete Benennung der Kosten eines Wechsels ist nicht möglich, da hier viele Faktoren berücksichtigt werden müssen“, resümiert Elias. Etwa folgende Fragen:- Wie hoch sind die Anschaffungskosten für die neue Software?
- Wie ist das Preismodell des neuen PVS-Anbieters?
- Muss die Hardware erneuert werden?
- Kann der TI-Konnektor weiterverwendet werden?
- Wie lang sind die Praxisausfallzeiten?
- Wie hoch ist der Schulungsaufwand?
- Ist eine Vor-Ort-Betreuung für die ersten Tage geplant?
- Gibt es einen Festpreis für den Datenexport?
Zurück ins alte System
Stelle sich heraus, dass das neue PVS keine Verbesserung bietet oder die individuellen Anforderungen nicht erfüllt, bestehe immer die Alternative, zum alten System zurück zu wechseln, sagt Elias. „Dies ist jedoch wieder mit weiteren Kosten verbunden.“Medical-Tribune-Bericht