Hoffnung auf Cannabinoide in der Krebstherapie

Autor: Dr. Daniela Erhard

Mit Cannabis gegen den Krebs – experimentelle Modelle beim Glioblastom geben Grund zur Hoffnung. Mit Cannabis gegen den Krebs – experimentelle Modelle beim Glioblastom geben Grund zur Hoffnung. © iStock/wildpixel

Während bislang eher die Meinung vorherrschte, Cannabis verursache Tumoren, mehren sich nun die Berichte, dass die Inhaltsstoffe der Hanfpflanze Krebs heilen könnten. Was ist da dran?

Vor allem hochkonzentrierten Ölen und Tinkturen mit Tetrahydrocannabinol (THC) bzw. Cannabidiol (CBD) wird eine krebsheilende Wirkung zugeschrieben. Ganz abwegig ist diese Vorstellung nicht, wie der Onkologe Professor Dr. Donald I. Abrams vom Zuckerberg San Francisco General Hospital and Trauma Center und sein spanischer Kollege, der Biochemiker, Professor Dr. Manuel Guzmán, von der Complutense-University in Madrid, deutlich machen. Aus Versuchen mit Zelllinien und Mäusen weiß man, dass natürliche sowie synthetische Cannabinoide über entsprechende Rezeptoren im Tumorgewebe eine breite Palette an krebshemmenden Aktivitäten fördern können. Dort führen sie – nicht aber im gesunden Gewebe – u.a. zum Zelltod. Zudem hemmen sie die Zellteilung, behindern die Tumorangiogenese und unterdrücken die Metastasierung. Bei Mäusen verstärken die Substanzen die Wirkung von Standardprozeduren wie Chemo- oder Strahlentherapien. Insofern stellen Cannabinoide in experimentellen Modellen effektive, selektive und sichere Wirkstoffe dar, schreiben die Autoren.

Ob und in welchem Maße sich die Ergebnisse aus dem Labor auf den Menschen übertragen lassen, bleibt aber auch für die beiden Forscher, die selbst mit Cannabinoiden in der Krebstherapie forschen, offen. Wirklich aussagekräftige klinische Studien sind nämlich Mangelware. Kleinere Untersuchungen mit wenigen Probanden finden sich vor allem zu Glioblastomen.

550 Tage mit Nabiximols, 369 Tage unter Placebo

Dabei hat sich die intrakraniale Gabe von THC als sicher erwiesen und schien bei einigen Patienten das Tumorwachstum zu verlangsamen. Durch die THC:CBD-Mischung Nabiximols als Zusatz zu einer Chemotherapie mit Temozolomid ließ sich das Einjahresüberleben gegenüber Placebo deutlich steigern (83 % vs. 56 %).

Im Durchschnitt überlebten die so behandelten Patienten mehr als 550 Tage, während der Zeitraum unter Placebo mit 369 Tagen viel kürzer ausfiel. Weitere Studien laufen derzeit.

Solang belastbare Daten fehlen, dürfte die Verordnung einer teuren Cannabistherapie anstelle einer erwiesen wirksamen Chemobehandlung also eher verstören. Und selbst wenn Patienten über eine „Heilung“ durch Cannabis berichten: Oft wurden sie zusätzlich konventionell behandelt – das jedoch würden sie häufig nicht erwähnen, merken die Wissenschaftler an. Sie sehen noch großen Forschungsbedarf. Allerdings ist Cannabis derzeit in die Kategorie der gefährlichsten Drogen eingestuft – was der Forschung entsprechend Steine in den Weg legt.

Quelle: Abrams DI, Guzman M. JAMA Oncol 2020; DOI: 10.1001/jamaoncol.2019.5983