Praxiserbe: Finanzamt holt sich die Steuer auf den Verkaufsgewinn per Zwangsvollstreckung
Der Steuerpflichtige erbte eine pathologische Praxis, die er nach den berufsrechtlichen Vorschriften mangels eigener Approbation weder selbst noch mit angestellten Ärzten fortführen durfte. Er veräußerte die Praxis und erzielte einen einkommensteuerpflichtigen Gewinn. Klingt nicht ungewöhnlich. Die Besonderheit ist: Das Amtsgericht ordnete über den Nachlass ein Insolvenzverfahren an.
Zur Begleichung der rückständigen Steuerschulden betrieb das Finanzamt die Zwangsvollstreckung. Dagegen klagte der Steuerpflichtige. Er habe keine andere Handlungsoption gehabt, sodass das Entstehen einer Steuerschuld zwangsläufig gewesen sei. Diese Schuld entfalle aber in den Zurechnungsbereich des Erblassers. Und für den Fall sehe der Bundesfinanzhof eine Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vor. Tatsächlich hatte der BFH in einem Urteil vom 10. November 2015 (Az.: VII R 35/13) die Haftung für Schulden auf die Höhe des Nachlasses beschränkt – dabei allerdings nur über Erbfallschulden geurteilt.
Der 12. Senat des Finanzgerichts Münster wies die Klage ab. Es verweist auf die zivilrechtliche Abgrenzung zwischen Nachlassverbindlichkeiten und Eigenschulden des Erben. Im Streitfall liege Letzteres vor, wofür er unbeschränkt hafte.
Zügig informieren, eventuell das Erbe ausschlagen
Die Veräußerung der Pathologie beruhe auf seinem Verhalten. Ihm hätten neben dem Verkauf mit der Betriebsaufgabe oder der allmählichen Betriebsabwicklung auch andere Optionen zur Verfügung gestanden – mit unterschiedlichen steuerlichen Folgen bezüglich des Firmenwerts.
Revision zum BFH wurde zugelassen, es bleibt also abzuwarten, ob das Urteil Bestand hat. Ansonsten gilt grundsätzlich: Ein Erbe muss sich frühzeitig gründlich über das Vermögen des Erblassers informieren, damit er ggf. die Frist fürs Ausschlagen des Erbes – sechs Wochen ab Kenntnis des Erbfalls – wahren kann.
Quelle: FG-Urteil vom 24.9.2019, Az.: 12 K 2262/16
Medical-Tribune-Bericht