COVID-19 SGLT2-Hemmer bei akuter schwerer Infektion absetzen?

Autor: Manuela Arand

Noch immer sucht man nach wirksamen Therapien bei schweren COVID-19-Verläufen. Noch immer sucht man nach wirksamen Therapien bei schweren COVID-19-Verläufen. © iStock/askmenow

Dapaglifozin im Falle einer akuten schweren Infektion abzusetzen, scheint nach den Ergebnissen von DARE-19 überflüssig. Zwar konnte die Substanz nicht gegen SARS-CoV-2 punkten. Aber es zeigten sich keinerlei Sicherheitsprobleme.

Als DARE*-19 im März 2020 startete, war das Wissen um Verläufe der SARS-CoV-2-Infektion, Risikofaktoren und Komplikationen ebenso limitiert wie therapeutische Optionen und die Aussicht auf effektive Impfstoffe. Insbesondere für kritisch kranke Patienten suchten Ärzte dringend nach wirksamen Behandlungsverfahren. Da die meisten Personen mit schwerem COVID-19-Verlauf kardiometabolische Komorbiditäten wie Typ-2-Diabetes, Hypertonie, koronare Herzkrankheit, chronische Herz- oder Niereninsuffizienz aufwiesen, erschien es logisch, auf Wirkstoffe zu setzen, die Risikofaktoren adressieren.

SGLT2-Hemmer haben in präklinischen und Humanstudien eine Vielzahl organprotektiver Effekte gezeigt, die sich bei COVID-19 günstig auswirken können“, erklärte Dr. Mikhail­ Kosiborod­, Universität Kansas City. Als besten Zeitpunkt für die Intervention identifizierten die Untersuchenden den Übergang von der akuten Virusreplikation zur hyperinflammatorischen Phase.

Die Hälfte der Teilnehmer hatte einen Typ-2-Diabetes

DARE-19 schloss 1250 Erwachsene mit COVID-19 ein, die noch relativ gesund erschienen und unter O2-Gabe eine gute Sauerstoffsättigung zeigten, aber mindestens einen kardiometabolischen Risikofaktor aufwiesen. Die Hälfte der Teilnehmer hatte einen Typ-2-Diabetes, 85 % eine Hypertonie, aber nur wenige eine Herz- oder Niereninsuffizienz. Die Behandlung bestand in 10 mg/d Dapagliflozin oder Placebo für 30 Tage. Es gab zwei primäre Endpunkte: neu aufgetretene oder verschlechterte Organdysfunktion (Herz, Lunge, Niere) und Gesamt- sterblichkeit als kombinierter Präventionsendpunkt sowie Zeit bis zur klinischen Erholung.

Wie Professor Dr. Otávio­ Berwanger­ vom Hospital Israelita Albert Einstein in Sao Paolo berichtete, schnitt Dapagliflozin in Bezug auf beide Endpunkte numerisch besser ab als Placebo (Organversagen oder Tod: 70 Ereignisse vs. 86 Ereignisse, Hazard Ratio 0,80), verfehlte aber die Signifikanzschwelle. „Die Ergebnisse von Personen mit Typ-2-Diabetes waren ähnlich wie die Stoffwechselgesunder“, sagte der Kardiologe.

Auch wenn die primären Endpunkte nicht erreicht wurden, liefert DARE-19 wertvolle Hinweise zum Einsatz von SGLT2-Hemmern bei akuten schweren Infektionen, wie Professor Dr. Subodh­ Verma­, Kardiochirurg am St. Michael’s Hospital im kanadischen Toronto, ergänzte. Zu Beginn der Pandemie habe man noch vor SGLT2-Hemmern gewarnt: Sie könnten COVID-19-Erkrankte durch Dehydratation, Nierenversagen und diabetische Ketoazidose gefährden und sollten spätestens bei Hospitalisierung abgesetzt werden. „Das ist jetzt vom Tisch“, betonte Prof. Verma. Unter Dapagliflozin gab es kein Zeichen einer akuten Nierenschädigung und nur zwei rein laborchemisch bestätigte dia­betische Ketoazidosen, die nach Absetzen verschwanden. Prof. Kosiborod schloss daraus: „Es gibt keinen Grund, SGLT2-Hemmer bei einer SARS-CoV-2-Infektion abzusetzen, solange die Patienten beobachtet werden.“

* Dapagliflozin in Respiratory Failure in Patients With COVID-19

Quelle: 81st Scientific Sessions der American Diabetes Association (ADA)