Supraventrikuläre Tachykardien: Medikamentöse Behandlung oder Katheterablation?
Atriale Frequenzen über 100 Schläge/Minute in Ruhe kennzeichnen supraventrikuläre Tachykardien (SVT), die mit einer Prävalenz von 2–3/1000 die häufigste Form von Herzrhythmusstörungen darstellen. Die Erregung breitet sich dann über das His-Bündel oder höhere Strukturen aus.
Fokale atriale Tachykardien beruhen oft auf einer gesteigerten Automatizität und getriggerten Aktivität. Sie stammen meist aus definierten Strukturen des Herzens wie dem Koronarsinus. Reentrytachykardien bilden sich dagegen bei Vorhofflattern im kavotrikuspidalen Isthmus oder in Narbenbereichen nach vorausgegangenen Operationen bzw. Ablationen im linken Atrium.
Die meisten SVT-Patienten suchen wegen Palpitationen ärztliche Hilfe, schreiben Dr. Andreas Böhmer von der Medizinischen Klinik I am St. Josefs-Hospital Wiesbaden und Kollegen. Das Spektrum reicht von leichten Symptomen über starke, die Lebensqualität stark einschränkende Beschwerden bis hin zu Präsynkopen. Manche haben bereits eine tachykarde Kardiomyopathie entwickelt.
Bei älteren Betroffenen (> 60 Jahre) mit neu auftretenden Palpitationen muss man eher an eine atriale Tachykardie (AT) oder ein Vorhofflimmern denken. Bei Jüngeren kommen vor allem die AV-Knoten-Reentrytachykardie oder die atrioventrikuläre Reentrytachykardie über akzessorische Leitungsbahnen als Auslöser in Betracht. Reentrytachykardien haben darüber hinaus noch einige typische Merkmale (s. Kasten).
Kennzeichen der supraventrikulären Reentry-Tachykardie
- beginnt und endet plötzlich
- hat einen schnellen regelmäßigen Rhythmus
- dauert meist Minuten bis Stunden
- lässt sich durch vagale Manöver in der Regel beenden
Adenosin in ausreichender Dosierung wirkt fast immer
In der körperlichen Untersuchung finden sich wenige Besonderheiten, vielleicht wird während der Tachykardie ein Pulsieren der Jugularvenen („frog sign“) sichtbar. Zur Diagnostik gehören dann neben dem EKG das Blutbild sowie die Messung von Serumelektrolyten und Schilddrüsenparametern. Immer sollte man versuchen, eine SVT in einem 12-Kanal-EKG festzuhalten und zum Vergleich ein Ruhe-EKG abzuleiten. Darin lässt sich vielleicht eine Präexzitation erkennen. Gelingt die EKG-Dokumentation der SVT nicht, aber die Anamnese passt, ist eine elektrophysiologische Untersuchung indiziert. Dabei kann bei entsprechendem Befund gleich eine Katheterablation erfolgen. Für hämodynamisch instabile Patienten raten die Autoren generell zur Kardioversion. In stabilen Fällen gelten vagale Manöver unter EKG-Kontrolle als Mittel der Wahl. Besonders effektiv: das modifizierte Valsalva-Manöver. Nach einer Ausatemphase werden die Beine des Patienten passiv gegen einen Druck von 40 mmHg angehoben. Beendet dieses oder ein anderes vagales Manöver, z.B. Carotis-Massage, die Tachykardie, besitzt dies sowohl diagnostische als auch therapeutische Bedeutung. Helfen sie nicht, folgt ein Adenosin-Bolus (6–18 mg i.v.). Diese Maßnahme blockiert oder verlangsamt die AV-Überleitung für 10–20 s. Die SVT kommt zum Stillstand, oder es wird eine atriale Aktivität demaskiert. Adenosin wirkt in ausreichender Dosierung fast immer. Es eignet sich jedoch nicht bei Vorhofflimmern mit schneller Leitung über eine akzessorische Bahn. Die ventrikuläre Aktivierung könnte dadurch noch stärker beschleunigt werden.Keine Antiarrhythmika für Frauen im ersten Trimenon
Für die langfristige Therapie stellt heute die Katheterablation wegen der größeren Effektivität und des positiven Einflusses auf die Lebensqualität die bessere Maßnahme dar. Vor allem, wenn sich bereits eine Tachykardiomyopathie entwickelt hat, sollte die Wahl auf die Ablation fallen. Es bleiben nur wenige Ausnahmen für eine konservative Therapie:- die inadäquate Sinustachykardie
- das posturale orthostatische Tachykardiesyndrom
- die multifokale AT
Quelle: Boehmer AA et al. Dtsch Med Wschr 2020; 145: 1770-1774; DOI: 10.1055/a-1039-8804