Supraventrikuläre Tachykardien: Medikamentöse Behandlung oder Katheterablation?

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Die SVT beginnt (roter Pfeil) und endet (blauer Pfeil) plötzlich. Hier mit einem Puls von 128. Die SVT beginnt (roter Pfeil) und endet (blauer Pfeil) plötzlich. Hier mit einem Puls von 128. © wikimedia/J. Heuser

Supraventrikuläre Tachykardien sprechen gut auf Medikamente an. Noch effektiver wirkt die Katheterablation. Zudem bessert sie die Lebensqualität erheblich.

Atriale Frequenzen über 100 Schläge/Minute in Ruhe kennzeichnen supraventrikuläre Tachykardien (SVT), die mit einer Prävalenz von 2–3/1000 die häufigste Form von Herzrhythmusstörungen darstellen. Die Erregung breitet sich dann über das His-Bündel oder höhere Strukturen aus.

Fokale atriale Tachykardien beruhen oft auf einer gesteigerten Automatizität und getriggerten Aktivität. Sie stammen meist aus definierten Strukturen des Herzens wie dem Koronarsinus. Reentrytachykardien bilden sich dagegen bei Vorhofflattern im kavotrikuspidalen Isthmus oder in Narbenbereichen nach vorausgegangenen Operationen bzw. Ablationen im linken Atrium.

Die meisten SVT-Patienten suchen wegen Palpitationen ärztliche Hilfe, schreiben Dr. Andreas Böhmer­ von der Medizinischen Klinik I am St. Josefs-Hospital Wiesbaden und Kollegen. Das Spektrum reicht von leichten Symptomen über starke, die Lebensqualität stark einschränkende Beschwerden bis hin zu Präsynkopen. Manche haben bereits eine tachy­karde Kardiomyopathie entwickelt.

Bei älteren Betroffenen (> 60 Jahre) mit neu auftretenden Palpitationen muss man eher an eine atriale Tachykardie (AT) oder ein Vorhofflimmern denken. Bei Jüngeren kommen vor allem die AV-Knoten-Reentrytachykardie oder die atrioventrikuläre Reentrytachykardie über akzessorische Leitungsbahnen als Auslöser in Betracht. Reentrytachykardien haben darüber hinaus noch einige typische Merkmale (s. Kasten).

Kennzeichen der supraventrikulären Reentry-Tachykardie

  • beginnt und endet plötzlich
  • hat einen schnellen regelmäßigen Rhythmus
  • dauert meist Minuten bis Stunden
  • lässt sich durch vagale Manöver in der Regel beenden

Adenosin in ausreichender Dosierung wirkt fast immer

In der körperlichen Untersuchung finden sich wenige Besonderheiten, vielleicht wird während der Tachykardie ein Pulsieren der Jugularvenen („frog sign“) sichtbar. Zur Diagnostik gehören dann neben dem EKG das Blutbild sowie die Messung von Serumelektrolyten und Schilddrüsenparametern. Immer sollte man versuchen, eine SVT in einem 12-Kanal-EKG festzuhalten und zum Vergleich ein Ruhe-EKG abzuleiten. Darin lässt sich vielleicht eine Präexzitation erkennen. Gelingt die EKG-Dokumentation der SVT nicht, aber die Anamnese passt, ist eine elektrophysiologische Untersuchung indiziert. Dabei kann bei entsprechendem Befund gleich eine Katheterablation erfolgen. Für hämodynamisch instabile Patienten raten die Autoren generell zur Kardioversion. In stabilen Fällen gelten vagale Manöver unter EKG-Kontrolle als Mittel der Wahl. Besonders effektiv: das modifizierte Valsalva-Manöver. Nach einer Aus­atemphase werden die Beine des Patienten passiv gegen einen Druck von 40 mmHg angehoben. Beendet dieses oder ein anderes vagales Manöver, z.B. Carotis-Massage, die Tachykardie, besitzt dies sowohl diagnostische als auch therapeutische Bedeutung. Helfen sie nicht, folgt ein Adenosin-Bolus (6–18 mg i.v.). Diese Maßnahme blockiert oder verlangsamt die AV-Überleitung für 10–20 s. Die SVT kommt zum Stillstand, oder es wird eine atriale Aktivität demaskiert. Adenosin wirkt in ausreichender Dosierung fast immer. Es eignet sich jedoch nicht bei Vorhofflimmern mit schneller Leitung über eine akzessorische Bahn. Die ventrikuläre Aktivierung könnte dadurch noch stärker beschleunigt werden.

Keine Antiarrhythmika für Frauen im ersten Trimenon

Für die langfristige Therapie stellt heute die Katheterablation wegen der größeren Effektivität und des positiven Einflusses auf die Lebensqualität die bessere Maßnahme dar. Vor allem, wenn sich bereits eine Tachykardiomyopathie entwickelt hat, sollte die Wahl auf die Ablation fallen. Es bleiben nur wenige Ausnahmen für eine konservative Therapie:
  • die inadäquate Sinustachykardie
  • das posturale orthostatische Tachykardiesyndrom
  • die multifokale AT
Als Medikamente eignen sich Klasse-I- oder Klasse-III-Antiarrhythmika. Bei einer SVT mit 2:1-Überleitung ist auch Verapamil eine Option, es bremst die AV-Überleitung. Hier muss aber zweifelsfrei feststehen, dass es sich nicht doch um eine ventrikuläre Tachykardie (VT) handelt. Dann wäre dieses Klasse-IV-Antiarrhythmikum verheerend. Im Zweifel behandelt man jede Breitkomplex-Tachykardie wie eine VT, das heißt Verapamil scheidet aus. Schwangere sollten im ersten Trimenon keine Antiarrhythmika erhalten. Danach kommen Betablocker oder Flecainid in Betracht. Falls eine Katheterablation notwendig erscheint, muss diese in einem erfahrenen Zentrum strahlungsfrei mittels 3D-Navigationssystem durchgeführt werden.

Quelle: Boehmer AA et al. Dtsch Med Wschr 2020; 145: 1770-1774; DOI: 10.1055/a-1039-8804

Beginn der SVT (roter Pfeil) Beginn der SVT (roter Pfeil) © wikimedia/J. Heuser
Ende der SVT (blauer Pfeil) Ende der SVT (blauer Pfeil) © wikimedia/J. Heuser