Verwaltung setzt Ärztin unter Druck - Keine Arztauskunft ohne Beleg der Schweigepflichtsentbindung!
Bericht der Ärztin Dr. L. aus W.
In einer Schwerbehindertensache forderte das Versorgungsamt mich auf, einen Antrag zu bearbeiten und ihm Patientenunterlagen zuzusenden. Es hieß, eine Schweigepflichtsentbindung würde vorliegen. Ich bat um deren Zusendung. Daraufhin wurde mir mitgeteilt, dass "die Stadtverwaltung im Rahmen ihrer hoheitlichen Aufgaben sich lediglich der Einwilligung berufen muss, da diese Erklärung nach § 418 ZPO den vollen Beweis begründen würde".
Dem Patienten wurde mitgeteilt, dass die verzögerte Bearbeitung allein von mir zu verantworten sei. Nachdem er mir persönlich eine Schweigepflichtsentbindung ausstellte, habe ich den Antrag bearbeitet. Allerdings hat mir die Stadt von meiner Rechnung nach Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 Justizvergütungsentschädigungsgesetz über 25,45 Euro (21 Euro für den Befundbericht plus Kopier- und Portokosten) nur 9,45 Euro beglichen. Mündliche Begründung: Ich hätte den Ablauf verzögert und den Mindestanforderungen nicht entsprochen. Ist das rechtens?
Stefanie Pranschke-Schade, Fachanwältin für Medizinrecht, Wiesbaden
Die Ärztin hat zu Recht die Vorlage der Schweigepflichtsentbindung verlangt, um sich nicht strafbar zu machen. Als juristischer Laie kann sie nicht beurteilen, ob die Auskunft des Versorgungsamtes, die Schweigepflichtsentbindungserklärung müsse nicht vorgelegt werden, tatsächlich zutrifft. Kommt es später zu einer juristischen Auseinandersetzung, in der festgestellt würde, dass die Auskunft der Stadtverwaltung nicht richtig war, ist fraglich, ob sie sich darauf berufen kann.
Überhaupt ist es dem Amt zuzumuten, eine Kopie der Schweigepflichtsentbindung dem Antrag auf Auskunft beizufügen. Dagegen ist es überzogen, von der Ärztin zu erwarten, sie wisse etwas mit dem Verweis auf öffentliche Urkunden nach § 418 Zivilprozessordnung anzufangen.
Es ist auch nicht zulässig, aus der Rückfrage und Forderung der Ärztin nach der Schweigepflichtsentbindung eine "Verzögerung" abzuleiten, die zu einer Rechnungsminderung berechtigt. Die Ärztin hat den Anspruch, eine korrekt erstellte Rechnung vollständig bezahlt zu bekommen. Die behauptete Verzögerung ist kein Grund für einen Abzug. Wenn wirklich "Mindestanforderungen nicht entsprochen" wurde, dann hätte gar nichts gezahlt, sondern die korrekte Erfüllung der Leistung eingefordert werden müssen.