Ballaststoffe schützen vor Diabetes, Herzinfarkt und Tumoren

Autor: Ulrike Viegener

Die Auswahl ist groß. Trotzdem ist ballaststoffreich essen für viele eine Herausforderung. Die Auswahl ist groß. Trotzdem ist ballaststoffreich essen für viele eine Herausforderung. © Zerbor – stock.adobe.com

Ballaststoffreiche Ernährung schützt vor unterschiedlichen Krankheiten wie Diabetes, Herzinfarkt und malignen Tumoren. Nicht zuletzt wegen der beobachteten Dosiseffekte sprechen die Autoren einer Metaanalyse von einem Kausalzusammenhang.

Dass Ballaststoffe kein unnötiger Ballast, sondern wertvolle Nahrungsbestandteile sind, gilt inzwischen als gesichert. Restlos geklärt ist das gesundheitliche Potenzial dieser weitgehend unverdaulichen Stoffe aber nicht. Und auch zu der Frage, wie viel davon man täglich zu sich nehmen sollte, gab es bislang keine solide Datenbasis. Das hat sich jetzt mit einer großangelegten Metaanalyse geändert, die eine neuseeländische Forschergruppe um Dr. Andrew Reynolds, University of Otago, Dunedin, vorgelegt hat.

185 prospektive Beobachtungsstudien über zum Teil sehr lange Zeiträume sowie 58 randomisierte klinische Studien gingen in die Analyse ein. In den gepoolten Beobachtungsstudien werden insgesamt 135 Millionen Personenjahre überblickt. Alle Studien wurden an anfangs gesunden Menschen ohne Anzeichen einer chronischen Erkrankung durchgeführt.

Ballaststoffreiche Lebensmittel

  • Möhren, Paprika, Rote Bete, Kohl und Fenchel enthalten zwischen 2 und 5 g Ballaststoffe/100 g.
  • Hülsenfrüchte enthalten durchschnittlich > 7 g/100 g.
  • Eine Scheibe Vollkornbrot enthält knapp 4 g Ballaststoffe.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.

Die Metaanalyse zeigt klare gesundheitliche Vorteile eines Ballaststoffverzehrs von mehr als 25 g/Tag. Im Vergleich zu einem niedrigeren Ballaststoffverzehr von täglich unter 15 g waren verschiedene Gesundheitsrisiken reduziert. Unterm Strich ergab sich bei ballaststoffreicher Ernährung folgendes Bild:
  • Die Gesamtmortalität war um 15 % verringert.
  • Es traten 31 % weniger kardiale Todesfälle auf.
  • Es gab 22 % weniger tödliche Schlaganfälle. n Die Diabetesinzidenz war um 16 % erniedrigt.
  • Fälle von Darmkrebs kamen um 16 % seltener vor.
Diese Daten zur Langzeitmorbidität und -mortalität passen zu Befunden aus den erfassten klinischen Studien, denen zufolge Körpergewicht, systolischer Blutdruck und Cholesterinwerte als wichtige Risikofaktoren bei ballaststoffreicher Ernährung signifikant niedriger liegen als bei geringem Ballaststoffverzehr. Ähnlich – wenn auch mit geringerer Evidenzbasis – fielen die Ergebnisse aus, wenn bei der Auswertung des Datenpools auf den Vollkorngehalt der Nahrung fokussiert wurde. Ob der glykämische Index von Kohlenhydraten höher oder niedriger ist, scheint dagegen mit Blick auf die langfristige Gesundheit keinen großen Unterschied zu machen.

Kausaler Zusammenhang wird vermutet

In puncto Ballaststoffe gehen die Autoren so weit, einen kausalen Zusammenhang mit kardiovaskulären Erkrankungen und bestimmten malignen Tumoren zu vermuten. Nicht zuletzt die klare Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Ballaststoffgehalt und Erkrankungsinzidenzen bzw. Sterblichkeit lasse es eher unwahrscheinlich wirken, dass assoziierte Faktoren entscheidend sind.

Wie machen die Ballaststoffe das?

Da Ballaststoffe weitgehend unverdaulich sind, stellt sich die Frage, wie sie unsere Gesundheit derart positiv beeinflussen können. Die These, dass dies maßgeblich ihrem Sättigungseffekt und der Vermeidung von Übergewicht zuzuschreiben ist, konnte bislang nicht bewiesen werden. Ein anderer Denkansatz führt in Richtung Darmflora, die aktuell Gegenstand eines wahren Forschungsbooms ist. Tatsache ist: Die Fermentierung von Ballaststoffen ist für den Metabolismus der Darmbakterien essenziell. Und so könnte es sein, dass die physiologischen Keime uns umso nützlicher sind, je besser wir sie mit Ballaststoffen versorgen.

Laut der Metaanalyse ist es empfehlenswert, täglich 25–29 g Ballaststoffe zu sich zu nehmen. Alles in allem scheint der Mehrwert einer weiteren Dosissteigerung eher gering, wobei es allerdings speziell mit Blick auf den Diabetes schon noch Luft nach oben gibt. Andererseits sollte die Latte nicht zu hoch gelegt werden. Empfehlungen müssen realistisch sein. Die WHO-Richtlinien, die aus den Ergebnissen der Metaanalyse abgeleitet werden sollen, werden zu berücksichtigen haben, dass schon die 25-g-Marke derzeit für viele Menschen weltweit schwer erreichbar scheint.

Quelle: Reynolds A et al. Lancet 2018; online first