Gestationsdiabetes: Komplexe Kohlenhydrate und ungesättigte Fette essen
Nach wie vor ist die Komplikationsrate bei schwangeren Diabetikerinnen und ihren Kindern hoch, schreiben Dr. Maisa N. Feghali aus Pittsburgh, USA, und Dr. Christina M. Scifres, Oklahoma City, USA. Es drohen vermehrt Hypertonie, Präeklampsie und Eklampsie, ein übermäßiges fetales Wachstum mit Makrosomie, eine gesteigerte Rate an Totgeburten oder eine höhere neonatale Morbidität. Zudem haben die Kinder ein erhöhtes Langzeitrisiko für Adipositas und Diabetes.
Bestand der Diabetes schon vor der Schwangerschaft, drohen vermehrt frühe Fehlgeburten und kongenitale Missbildungen. Um das zu verhindern, sollte möglichst schon vor der Empfängnis eine optimale Blutzuckerkontrolle mit einem HbA1c von maximal 6,5 % angestrebt werden, so Dr. Feghali und Dr. Scifres.
Liegt ein Gestationsdiabetes vor, reicht bei etwa einem Drittel bis zur Hälfte der Betroffenen eine alleinige Diät zur Blutzuckerkontrolle aus. Hierfür wird mitunter eine kohlenhydratarme Ernährung (Kohlenhydratanteil 33–40 % der Kalorien) empfohlen, auch wenn kontrollierte Studien dazu fehlen. Durch eine derartige Diät sollen postprandiale Blutzuckerspitzen und damit ein übermäßiges fetales Wachstum vermieden werden.
Wer sich low carb ernährt, greift halt zu Fettigem
Problematisch könnte aber der damit einhergehende erhöhte Fettgehalt der Nahrung sein, schreibt das Autorenduo, was zumindest in Tiermodellen Adipositas, Fettleber und metabolisches Syndrom bei den Nachkommen fördert. Einige Studien weisen darauf hin, dass Schwangere mit Gestationsdiabetes mit einem höheren Anteil an komplexen Kohlenhydraten und Ballaststoffen und weniger gesättigten Fetten besser fahren. In jedem Fall solle man den Frauen aber zu mehr Bewegung raten, da hierdurch die Glukosetoleranz verbessert werde.
Von großer Bedeutung ist die regelmäßige tägliche Selbstkontrolle von Nüchternblutzucker und postprandialen Werten. Der HbA1c-Wert ist weniger zur Kontrolle geeignet, da die Testergebnisse durch den höheren Erythrozyten-Umsatz zu niedrig ausfallen und die Variabilität der Blutzuckerkonzentration nicht abbilden. Bei Typ-1- und Typ-2-Diabetikerinnen kann auch eine kontinuierliche Glukosemessung in der Schwangerschaft sinnvoll sein.
Reichen die Lebensstiländerungen nicht aus, empfehlen die Autorinnen auf Grundlage ihrer Literaturrecherche eine intensivierte Insulintherapie mit lang wirksamem Basalinsulin und kurz wirksamem prandialem Insulin als Therapie der Wahl.
Das sagen die deutschen Leitlinien
- Die Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) empfehlen für Typ-1- und Typ-2-Diabetikerinnen mit Kinderwunsch die möglichst normnahe Stoffwechseleinstellung bereits drei Monate vor der Konzeption, am besten durch eine intensivierte Insulintherapie oder mittels Insulinpumpe. Die Experten der DDG sehen im Insulin derzeit die einzige medikamentöse Therapieoption bei diabetischen Schwangerschaften.
- Für Schwangere mit Gestationsdiabetes mellitus wird ein Kohlenhydratanteil der Nahrung nicht unter 40 % empfohlen. Die Überwachung der Diabeteseinstellung erfolgt idealerweise über die Blutzuckerselbstkontrolle. Die Notwendigkeit einer Insulintherapie soll sorgfältig und streng geprüft werden.
Autor: Tobias Stolzenberg
Metformin allein reicht meist nicht aus
Ist Metformin eine mögliche Alternative bei Gestations- und Typ-2-Diabetes? Das orale Antidiabetikum wird häufig beim Schwangerschaftsdiabetes eingesetzt. Sorge bereitet aber die in einigen Untersuchungen gezeigte erhöhte Rate an Frühgeburten und die noch unklaren Auswirkungen auf den Nachwuchs, schreiben die beiden Expertinnen. Zudem reiche Metformin alleine oft nicht aus. Beim Typ-2-Diabetes scheint die Kombination mit Insulin günstig zu sein. In diesen Punkten müsse man aber die Ergebnisse laufender Studien abwarten. Für den Einsatz von Glibenclamid bei Schwangeren mit Typ-2-Diabetes – auch in Kombination mit Metformin oder Insulin – reiche die bisherige Studienlage ebenfalls nicht aus. Derzeit sei bei der Therapie von Gestationsdiabetes und Typ-2-Diabetes in der Schwangerschaft vieles in Bewegung, so die Autorinnen.Quelle: Feghali MN, Scifres CM. BMJ 2018; 362: k2034