Angst vor Unterzuckerung – nachts stillen mit Diabetes Typ 1?
Hypoglykämien im Zusammenhang mit dem nächtlichen Stillen sind eine gefürchtete Problematik bei Müttern mit Typ-1-Diabetes. Ihnen wurde bisher oft dazu geraten, in der Nacht vor oder während des Stillens Kohlenhydrate einzunehmen – eine Empfehlung, die nicht auf Evidenz basierte. Daher verglichen die Autoren einer dänischen Studie die Blutzuckerwerte von 26 stillenden Müttern mit einer Kontrollgruppe von 32 Frauen mit Diabetes Typ 1, die seit einem Jahr kein Kind bekommen oder gestillt hatten.¹
Nach dem Stillen nicht mehr Hypoglykämien als in Kontrolle
Der Zeitanteil während der Nacht, in dem die Stillenden eine Hypoglykämie aufwiesen, war ähnlich gering wie in der Kontrollgruppe. Diese Art des nächtlichen Fütterns löste zudem kaum Unterzuckerungen aus: Insgesamt zeichneten die Autoren 438 nächtliche Stillvorgänge ohne eine zusätzliche Einnahme von Kohlenhydraten auf. In den folgenden drei Stunden kam es in nur 4,6 % der Fälle zu Blutzuckerwerten unter 72 mg/dl (4 mmol/l), nicht häufiger als in der Kontrollgruppe.
Stillen bei Gestationsdiabetes sogar vorteilhaft
„Sicherlich sind die Studienergebnisse aufgrund der geringen Probandenzahl nicht eindeutig“, gab Professor Dr. Ute Schäfer-Graf, Sprecherin der DDG Arbeitsgruppe „Diabetes und Schwangerschaft“ zu bedenken. „Dennoch reichen sie aus, um zu verdeutlichen, dass Mütter mit einem Diabetes Typ 1 keinesfalls vor dem Stillen zurückschrecken müssen.“ Voraussetzung sei allerdings, dass sie ihren Blutzucker regelmäßig kontrollieren, ihre Kohlenhydrataufnahme im Blick behalten und sich genau an ihre aktuelle Insulindosierung halten.
Prof. Schäfer-Graf betonte, Frauen mit einem Schwangerschaftsdiabetes profitieren sogar vom Stillen: Ergebnisse neuerer Studien belegten, dass sie durch das Stillen das Risiko, dauerhaft an Diabetes Typ 2 zu erkranken, senken können. „Frauen mit Diabetes müssen während und nach der Schwangerschaft sicher begleitet werden“, fordert zudem die DDG-Präsidentin Professor Dr. Monika Kellerer. „Dafür müssen multiprofessionelle Ambulanzen und Diabetesschwerpunkteinrichtungen sowie Perinatalzentren mit besonderer Expertise in der Betreuung von Schwangeren mit Diabetes besser gefördert werden.“
Quellen:
¹ Ringholm L et al. Diabetologia 2019; 62:387-398; DOI: 10.1007/s00125-018-4794-9
Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG)