Feinstaub schadet nicht nur Herz und Lunge
Zumindest die kleinere Fraktion des Feinstaubs mit einem Teilchendurchmesser von weniger als 2,5 µm, kurz PM2,5 genannt, kann über die Lunge in den Blutkreislauf eindringen. Schon das spricht dafür, dass sich die Luftschadstoffe nicht nur auf Herz und Lunge auswirken.
Eine umfassende Untersuchung der gesundheitlichen Auswirkungen der Exposition blieb die Medizin aber bislang schuldig, sagen Dr. Yaguang Wei von der Abteilung für Umweltmedizin der Harvard T H Chan School of Public Health in Boston und Kollegen.
Jedes µg/m³ bewirkt 2.050 zusätzliche Klinikeinweisungen
Nun wollten sie herausfinden, was die vorübergehende Exposition gegenüber Feinstaub in anderen Körperbereichen anrichtet. Zu diesem Zweck werteten sie die Diagnosedaten von 95.277.169 staatlich versicherten Patienten aus, die in den Jahren 2000 bis 2012 in ein Krankenhaus in den USA eingeliefert wurden. Alle Patienten waren mindestens 65 Jahre alt. Zudem flossen die jeweiligen lokalen Feinstaubkonzentrationen und Wetterdaten in die Analyse mit ein.
Laut dieser Untersuchung scheinen erhöhte PM2,5-Konzentrationen auch aufgrund ganz anderer Krankheiten als den bisher bekannten zu vermehrten Klinikeinweisungen zu führen. Dies galt zum Beispiel für Sepsis, Störungen des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts, akutes unspezifisches Nierenversagen, Harnwegsinfekte und Hautinfektionen sowie zahlreiche andere Erkrankungen. Jedes weitere Mikrogramm PM2,5 pro Kubikmeter war für diese Indikationen mit im Schnitt 2.050 zusätzlichen Klinikeinweisungen pro Jahr verbunden.
Für das Gesundheitssystem bedeutete das ein unmittelbares Ausgabenplus von 31 Millionen Dollar. 3.642 Patienten landeten im selben Zeitraum wegen der bereits seit Längerem mit erhöhten Feinstaubkonzentrationen in Zusammenhang gebrachten Krankheiten in der Klinik.
Die Assoziationen fanden sich sogar schon bei Belastungen unterhalb der Grenzwerte, die die WHO in ihrer Leitlinie für Luftqualität im Jahr 2005 definiert hat, wie die Autoren betonen. „Das Ergebnis legt nahe“, schreiben sie, „dass die Leitlinien einer Überarbeitung bedürfen.“ Tatsächlich ist eine neue Version für dieses Jahr angekündigt.
Quelle: Wei Y et al. BMJ 2019; 367: l6258; DOI: 10.1136/bmj.l6258