Immunglobuline sagen Progression der Multiplen Sklerose voraus

Autor: Dr. Judith Lorenz / Birgit Maronde

Lässt sich die intrathekale IgM- und IgG-Produktion für Therapieentscheidungen nutzen? Lässt sich die intrathekale IgM- und IgG-Produktion für Therapieentscheidungen nutzen? © Christoph Burgstedt – stock.adobe.com

Um vorhersagen zu können, wie rasch ein klinisch isoliertes Syndrom oder eine MS voranschreiten werden, lohnt ein Blick auf die Immunglobuline im Liquor.

Die intrathekale Synthese von IgG und/oder IgM zeigt bei Patienten mit klinisch isoliertem Syndrom (CIS) und solchen mit Multipler Sklerose offenbar eine höher- oder hoch aktive Erkrankung an. Die Betroffenen müsse man womöglich eng monitoren sowie früh und intensiv behandeln, erklärte Professor Dr. Volker Limmroth vom Klinikum Köln-Mehrheim beim 12. Neurologie-Update-Seminar.

Er bezog sich dabei auf die Ergebnisse einer prospektiven Studie von Kollegen aus Berlin und Basel.1 Diese hatten den Liquor von 150 Patienten mit CIS oder früher RRMS auf das Vorliegen oligoklonaler Banden und verschiedener Immunglobuline untersucht. 23,2 % wiesen eine intra­thekale IgM-Synthese auf. Sie waren zu Krankheitsbeginn im Durchschnitt fünf Jahre jünger als Patienten ohne IgM im Liquor und zeigten häufiger infratentorielle Läsionen.

Innerhalb von durchschnittlich 727 Tagen entwickelten 42 von 115 CIS-Patienten gemäß der McDonald-Kriterien von 2010 eine RRMS. Die intrathekale IgM-Synthese steigerte das Risiko dafür – unabhängig von anderen Einflussfaktoren – um den Faktor 3.

IgG im Liquor kündigt frühe EDSS-Verschlechterung an

Auf den Zusammenhang zwischen intrathekaler IgG-Synthese und rascherer Progredienz eines CIS bzw. einer MS hatte bereits vorher eine Arbeitsgruppe des Kompetenznetzwerks Multiple Sklerose hingewiesen. In einer multizentrischen Longitudinalstudie analysierten Dr. Christiane Gasperi, Klinikum rechts der Isar, und weitere Kollegen die Daten von 673 Patienten, die maximal sechs Monate zuvor die Diagnose CIS oder RRMS erhalten hatten. Innerhalb der folgenden vier Jahre erfassten die Wissenschaftler regelmäßig den Schweregrad der Behinderung mithilfe der Expanded Disability Status Scale (EDSS).

Eine initial nachgewiesene intra­thekale IgG-Synthese ging unabhängig von Schüben und Therapie mit einem erhöhten Risiko einher, dass sich der EDSS verschlechterte. Zudem traten die Einschränkungen deutlich früher ein als bei den Patienten ohne IgG-Nachweis.

Die intrathekale IgG-Synthese stelle einen vielversprechenden Bio­marker zur Prognoseeinschätzung dar und könne möglicherweise Therapieentscheidungen erleichtern, schreiben die Studienautoren.

Quellen:
1. Pfuhl C et al. Neurology 2019; 8: e1439-e1451; DOI: 10.1212/WNL.0000000000008237
2. Gasperi C et al. JAMA Neurol 2019; 76: 841-849; DOI: 10.1001/jamaneurol.2019.0905