Glosse Ein schönes Jahr
In Deutschland sind Botox- und Hyaluronspritzen besonders begehrt. Kein Wunder, schließlich bieten Videokonferenzprogramme nicht so schöne Filter an wie Instagram, Twitter und TikTok. Mit ein bisschen Nachhilfe vom Beauty-Doc läuft im Meeting wieder alles glatt. Die Behandlung lohnt sich natürlich auch für Promis, die sich wegen der Pandemie mehr denn je in sozialen Netzwerken vermarkten müssen. Niemand will einen Wendler sehen, der Botoxinjektionen im Gesicht auslässt, nur weil er die Coronaimpfung in den Oberarm ablehnt.
Brustvergrößerungen stehen ebenfalls hoch im Kurs. Offenbar haben die Werkstoff-Lieferengpässe noch nicht die plastische Chirurgie erreicht. Bei der Zahl der Mammaaugmentationen reiht sich Deutschland allerdings im Mittelfeld ein. Spitzenreiter ist Belgien. Wer nur einen einzigen Knuffelkontakt haben darf, der will bitte schön was zum Knuffeln anbieten können.
Kontrovers diskutiert werden Hintern-Liftings. Dabei ist schon das Palindrom Po-OP so ästhetisch, dass man nicht darauf verzichten sollte. 4.490 Menschen in der Bundesrepublik entschieden sich 2020 für ein gepolstertes Gesäß. Sehr vorausschauend. Denn von der Dekubitusprophylaxe profitiert man nicht nur unmittelbar beim Arbeiten zu Hause, sondern auch im hohen Alter.
Neben dem Anstieg an Schönheitsoperationen zeichnet sich ein weiterer Beauty-Trend ab: Schon vor Corona bräunten sich immer mehr Leute in Spa-Bereichen. Und dieses Jahr blieb einem kaum etwas anderes übrig, um die Homeoffice-Blässe zu kaschieren. Die Reiseplanung ins UV-reiche Ausland gestaltete sich kompliziert und im Spa kam im Vergleich zum klassischen Sonnenstudio wenigstens Urlaubsstimmung auf.
Ja, die Pandemie war für viele ein harter Einschnitt. Einige ließen sich ihren Hals straffen oder die Nase korrigieren, andere hatten genug vom ständigen Shutdown vor Augen und gönnten sich eine Blepharoplastik. So machen letztlich alle gute Miene zum bösen Spiel. Ist das nicht schön?
Dr. Sascha Gehrken
Redakteur Medizin