Cartoon Medizin und Markt

Ausschlussdiagnose Reizdarmsyndrom

Maria Weiß

Bei Bauchbeschwerden zuerst nach neun anderen Erkrankungen fahnden.
Bei Bauchbeschwerden zuerst nach neun anderen Erkrankungen fahnden. © fotolia/milanmarkovic78

Die Diagnose Reizdarmsyndrom lässt sich erst stellen, wenn andere Ursachen für die Darmbeschwerden ausgeschlossen wurden. Dann aber sollte eine symptomorientierte gezielte Therapie erfolgen.

Patienten mit Reizdarmsyndrom (RDS) können unter vielfältigen Beschwerden leiden. Dementsprechend groß ist auch die Zahl möglicher Differenzialdiagnosen, erklärte Privatdozentin Dr. Ulrike von Arnim, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie des Universitätsklinikums Magdeburg.

Bei neu aufgetretenen Beschwerden sollte immer ein Kolonkarzinom ausgeschlossen werden. Patienten mit der Erstdiagnose eines RDS haben ein bis zu achtfach erhöhtes Risiko, innerhalb der nächsten drei Monate an einem Kolonkarzinom zu erkranken. Wahrscheinlich bleiben viele Karzinome wegen der reizdarm­ähnlichen Symptome lange Zeit unentdeckt.

Probatorische Therapie deckt Malabsorptionssyndrom

auf Bei Frauen ist eine gynäkologische Untersuchung zur Abklärung der Darmbeschwerden obligatorisch. Denn 80 % der Patientinnen mit einem Ovarialkarzinom klagen zuerst über abdominelle Symptome.

Zum Screening auf Zöliakie eignet sich die Bestimmung von Antikörpern gegen Gewebe-Transglutaminase. Fällt dieser Test positiv aus, sind Duodenalbiopsien angezeigt. Bei chronischem Durchfall sollte man immer auch an ein Gallensäuremalabsorptionssyndrom als Ursache denken. Entsprechend hält die Magdeburger Gastroenterologin eine probatorische Therapie mit einem Gallensäurebinder (z.B. Cholestyr­amin) für gerechtfertigt.

Als weitere wichtige Differenzialdiagnosen nannte Dr. von Arnim die bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms und Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktose-, Fruktose- und Sorbitolintoleranz. Diagnostisch helfen entsprechende Atemtests weiter. Auch Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sowie Darminfektionen sollten ausgeschlossen werden. Als Marker für die Aktivität chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen hat sich das fäkale Calprotectin bewährt. Steht nach Ausschluss all dieser Erkrankungen die Diagnose RDS, sollte eine am Leitsymptom orientierte Behandlung angeboten werden.

Steht der Bauchschmerz im Vordergrund, lohnt sich ein Therapieversuch mit Spasmolytika (inkl. Kümmel- und Pfefferminzöl), löslichen Ballaststoffen und Antidepressiva (Trizyklika oder SSRI). Auch Probiotika können helfen. Periphere Analgetika und Opioide sowie Antibiotika, Gabapentin/Pregabalin, Aloe vera und Pankreasenzyme sind zu vermeiden.

Bei Diarrhö als Leitsymptom können z.B. lösliche Ballaststoffe, Probiotika und Spasmolytika helfen. Oft profitieren Patienten auch von einer morgendlichen Einnahme von Loperamid, so die Erfahrung der Gastroenterologin. Von Antibiotika, Aloe vera und Racecadotril rät sie dagegen ab. Bei Obstipation werden vor allem lösliche Ballaststoffe oder Macrogol, Lubiproston (z.Zt. nicht in Deutschland verfügbar), Probiotika und Spasmolytika empfohlen. Nicht resorbierbare Antibiotika sollten hier nicht gegeben werden.

Meteorismus und Flatulenz kann man bei Reizdarmsyndrom mit Probiotika, Phytotherapeutika und Simethicon begegnen. Nicht resorbierbare Antibiotika bleiben therapierefraktären Fällen vorbehalten. Analgetika sind hier ebenso fehl am Platz wie Pankreas­enzyme, Cholin­ergika und Antidepressiva.

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Bei Bauchbeschwerden zuerst nach neun anderen Erkrankungen fahnden.
Bei Bauchbeschwerden zuerst nach neun anderen Erkrankungen fahnden. © fotolia/milanmarkovic78