Beim Lymphödem mit chronischer Wunde bringt der multimodale Ansatz Linderung

Dr. Susanne Gallus

Die Behandlung der Läsionen kann durchaus sehr langwierig sein.
Die Behandlung der Läsionen kann durchaus sehr langwierig sein. © Achatz B et al. internistische praxis 2019; 61: 196-208 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Entwickeln Patienten mit Lymphödem chronische Wunden, hilft eine Entstauungstherapie. Kombiniert man diese mit Wundmanagement und ggf. mit einer chirurgischen Versorgung, ist ein Abheilen möglich.

Lymphödeme treten als eigenständiges Krankheitsbild, als Begleitsymptom oder als Neben­effekt einer Therapie, Operation oder Verletzung auf. Wird das Lymph­ödem chronisch, kann das mit dermatologischen Komplikationen einhergehen. Dazu gehören neben bakteriellen oder mykotischen Infektionen bei fortgeschrittenen Lymphödemen im Stadium II oder III auch Hautläsionen.

Wundsekret weicht umliegende Haut auf

Entzündung, Fibrose und Ödem verhindern das Abheilen der Läsionen. Die Wund­ränder sind wall­artig verdickt und das Wundsekret kann umliegende Hautbereiche irritieren und aufweichen. Therapeutisch stehen daher Exsudation und Entzündung im Mittelpunkt. Bei adipösen Patienten ist immer eine zusätzliche Gewichtsreduktion angebracht. Hat sich die Wunde infiziert, muss auch dies in die Behandlung einfließen.

Die komplexe physikalische Entstauungstherapie bietet einen multimodalen Ansatz, der sich nach Erfahrung von Dr. Birgit Achatz vom Universitätsklinikum Regensburg und Kollegen in vielen Fällen bewährt hat. Die fünf Bestandteile sind:

  1. manuelle Lymphdrainage durch einen medizinischen Masseur oder Physiotherapeuten
  2. Kompressionstherapie mit mehrlagig angelegten Kompressionsverbänden und maßgefertigte Flachstrick-Kompressions­wäsche
  3. Aktivierung der Muskelpumpe durch Bewegung
  4. Hautpflege mit rückfettenden ureahaltigen Emollenzien und Hautsanierung, um Infektionen vorzubeugen
  5. Patientenaufklärung zur Verbesserung der Adhärenz

Kombiniert man die gezielte Bewegung zur Verbesserung des lymphatischen und venösen Abflusses mit äußerlicher Kompression und Atemtherapie, lässt sich der Effekt zusätzlich steigern. Besonders Motivierte können sich z.B. in Nordic Walking, Langlauf oder Radfahren versuchen. Zur Behandlung bei Ekzemen sind kurzfristig auch topische Steroide möglich. Insbesondere bei lymphatischer Papillomatose müssen betroffene Areale sorgfältig von Wundsekret gereinigt und Hyperkeratosen entfernt werden. Poly­acrylat- oder Polyurethanschichten bieten einen guten Schutz vor dem Aufquellen.

Entstauen geht nicht immer

Trotz aller Vorteile ist die komplexe physikalische Entstauungstherapie nicht für jeden Patienten geeignet. Akute Kontraindikationen sind:
  • Infektionen (Erysipel)
  • Sklerodermie
  • schwere periphere arterielle Verschlusskrankheit
  • dekompensierte Herzinsuffizienz
Dazu kommen relative Kontraindikationen wie das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS), Herzrhythmusstörungen, Angina pectoris und dekompensierte arterielle Hypertonie.

Langwierige Behandlung gelingt nur gemeinsam

Bei allen Maßnahmen kommt dem Patientengespräch eine besondere Bedeutung zu. Denn die Therapie chronischer Wunden bei Lymphödem ist langwierig und gelingt nur, wenn der Patient dauerhaft mitmacht. Informationen über die Hintergründe der jeweiligen Maßnahmen fördern die Mitarbeit. Abseits der komplexen physikalischen Entstauungstherapie kann eine Wunddrainage die Durchblutung des Areals verbessern und helfen, die Wundränder abzuflachen. Allerdings birgt sie ein gewisses Infektionsrisiko. Zusätzlich sollte mit geeigneten Wundauflagen (Hydrogele mit Polyhexanid, Octenidin oder Silber- bzw. Dialkylcarbamoylchlorid) gearbeitet werden. Zur Drainage und zur Entzündungsreduktion insbesondere vor einer chirurgischen Deckung der Läsion hat sich die Wundvakuum-Therapie bewährt. Entstauend und schmerzlindernd wirkt außerdem eine Tiefenoszillation über ein gepulstes elektrostatisches Feld. Eine apparative oder pneumatisch intermittierende Kompression bietet sich für Wunden an Armen und Beinen an, bei Bedarf kombiniert mit Wärmebehandlungen.

Mit Verbandmaterial haushalten

Wenn die Wunde stark exsudiert, raten die Experten zu kostengünstigen Produkten, z.B. zu sterilen Saugkompressen. Bei starker Wundsekretion muss allerdings auf Superabsorber gewechselt werden, die – falls ein täglicher Verbandwechsel nicht möglich ist – die Flüssigkeit gut speichern.

Medikamentös können bei peripherem Lymphödem und entsprechender Komorbidität Diuretika und bei Infektionen Anti­biotika oder antiparasitäre Wirkstoffe eingesetzt werden. Der Nutzen von Benzopyronen, Mesotherapie und Immunmodulation wird kontrovers diskutiert. Lässt sich mit der konservativen Therapie nichts erreichen, müssen die Chirurgen ran, damit nach Geweberesektion ein primärer Wundverschluss oder ein Verschluss mittels Spalthauttransplantation oder Lappenplastik erfolgen kann. Da in Europa die Mehrzahl der Lymph­ödeme iatrogen bedingt ist, sollte die Rekonstruktion des unterbrochenen Lymphgefäßsystems angestrebt werden.

Quelle Text und Abb.: Achatz B et al. internistische praxis 2019; 61: 196-208 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

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Die Behandlung der Läsionen kann durchaus sehr langwierig sein.
Die Behandlung der Läsionen kann durchaus sehr langwierig sein. © Achatz B et al. internistische praxis 2019; 61: 196-208 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Lymphödem mit chronischer Wunde am Unterschenkel links lateral. Lymphödem mit chronischer Wunde am Unterschenkel links lateral. © Achatz B et al. internistische praxis 2019; 61: 196-208 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Lymphödempatientin mit Erysipel am linken Unterschenkel. Charakteristisch ist das hellrote Erythem mit scharf begrenzten Rändern. Lymphödempatientin mit Erysipel am linken Unterschenkel. Charakteristisch ist das hellrote Erythem mit scharf begrenzten Rändern. © Achatz B et al. internistische praxis 2019; 61: 196-208 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach