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Dicke Beine: Lymphödem, Lipödem, Thrombose, Erysipel oder Organerkrankung?

Beinschwellungen können das Leitsymptom vieler Erkrankungen sein. Dazu zählt ein venöser Stau ebenso wie Lymphödeme und Entzündungen von Haut und Weichteilgewebe. Auch eine Dekompensation von Herz- oder Niereninsuffizienz sowie Leberleiden und chronische Darmerkrankungen (Eiweißverlust) kommen als Ursache in Betracht. Dringlich ist die Abklärung einseitiger Beinschwellungen wegen des akuten Thromboseverdachts. Bei beidseitigen Ödemen hat man mit Ausnahme einer akuten kardialen oder renalen Dekompensation wenige Tage bis Wochen Zeit. Als chronisch gilt eine Schwellung, wenn sie sich über mehr als 72 Stunden entwickelt hat.
Anamnestisch steht die Frage nach Krankheitsdauer und Ausdehnung des Befunds an erster Stelle. Außerdem gilt es nach kurz zurückliegenden Infektionen und Traumata sowie Immobilisation (Schonung, Gipsbehandlung) und Tropenreisen zu fragen, schreibt der Mainzer Allgemeinarzt und Diabetologe Dr. Dieter Burchert. Ebenfalls wichtig sind ggf. aufgetretene Erschöpfungszustände, Komorbiditäten, eingenommene Medikamente, Alkohol und Drogenabusus. Die häufigste Ursache chronischer Beinödeme ist die venöse Insuffizienz. An zweiter Stelle folgen die kardialen Beinödeme (beidseitige Schwellung).
Schnelltests auf D-Dimere und CRP durchführen
Als Erstes sollte bei einseitigen Ödemen die Möglichkeit einer (tiefen) Beinvenenthrombose abgeklärt werden. Als Leitsymptome gelten Wadendruck- und Plantarsehnenschmerz. Zur klinischen Untersuchung gehört die Umfangsmessung ebenso wie das Abtasten der Beine (Lymphknoten, Phlebitis). Nimmt der Beinumfang um mehr als 1 cm zu, geht man von einem pathologischen Zustand aus. Als obligat stuft Dr. Burchert auch den Wells-Score zur Abschätzung der Thrombose-Wahrscheinlichkeit ein (s. Tabelle).
Wells-Score für tiefe Beinvenenthrombose | |
---|---|
Klinische Charakteristik | Punkte |
Aktive Tumorerkrankung | 1 |
Lähmung oder kürzliche Immobilisation der Beine | 1 |
Bettruhe (> 3 Tage); große Chirurgie (< 12 Wochen) | 1 |
Schmerz/Verhärtung entlang der tiefen Venen | 1 |
Schwellung ganzes Bein | 1 |
Unterschenkelschwellung > 3 cm gegenüber Gegenseite | 1 |
Eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein | 1 |
Kollateralvenen | 1 |
Frühere, dokumentierte TVT | 1 |
Alternative Diagnose mindestens ebenso wahrscheinlich wie Venenthrombose | -2 |
Score ≥ 2,0: Wahrscheinlichkeit für TVT hoch; Score < 2,0: Wahrscheinlichkeit für TVT nicht hoch aus S2-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie; www.awmf.org |
Eindrückbarkeit des Gewebes sowie Schmerzcharakter bei lokalem Druck und Hautveränderungen (Erysipel, Lymphangitis) geben wichtige Anhaltspunkte. Auch Neuropathiezeichen und Fußpulse sollten bei der Untersuchung nicht vergessen werden. Labordiagnostisch stehen Schnelltests auf C-reaktives Protein und D-Dimere an erster Stelle, gefolgt von einem Routinelabor (siehe Kasten). Vervollständigt wird das diagnostische Programm mit EKG, Pulsoxymetrie und Abdomensonographie (Neoplasie, Lymphknoten).
Routinelabor bei Beinödemen
- kleines Blutbild
- Elektrolyte
- Kreatinin, Harnsäure, Harnstoff
- sensitiver CRP-Test, GGT, GPT
- Gesamteiweiß
- Gerinnung (INR)
- Blutzucker oder HbA1c
- TSH (Schnelltest am selben Tag)
Schwache Venen erfordern Dauer-Kompressionstherapie
Entstand die Schwellung aus einer chronisch venösen Insuffizienz heraus, wird langfristig eine dauerhafte Kompressionstherapie gebraucht. Bei Varizen kann eine OP für Abhilfe sorgen. Für Patienten mit nicht spontan reversiblen Lymphödemen empfehlen die Spezialisten eine regelmäßige Entstauungstherapie kombiniert mit Kompressionsstrümpfen bzw. -strumpfhosen nach Maß.Quelle: Burchert D et al. Internist 2020; 61: 36-43; DOI: 10.1007/s00108-019-00708-9
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