Lymphödem: Es läuft einfach schlecht

Beim Lymphödem unterscheidet man zwei Formen: primär und sekundär. Das primäre Ödem ist zwar genetisch bedingt, kann sich aber auch erst im späteren Alter manifestieren. Die Mehrzahl der Lymphödeme entsteht jedoch sekundär durch eine Unterbrechung der Drainage etwa bei einer Axilladissektion wegen Brustkrebs. Auch ohne einen zuvor bekannten Tumor ist jedes Lymphödem krebsverdächtig. Denn ein Befall von Lymphknoten- und -gefäßen behindert den Abfluss massiv, heißt es in der S2k-Leitlinie, die unter Federführung der Gesellschaft deutschsprachiger Lymphologen (GDL) erstellt wurde.
Erysipele und Pilzinfektionen durch gebremste Immunzellen
Anhand der Symptome lässt sich das Lymphödem in vier Stadien einteilen. Während das Latenzstadium (0) noch klinisch unauffällig ist, zeichnet sich das spontan reversible Stadium I durch vermehrte interstitielle Flüssigkeit und weiche Konsistenz aus.
In fortgeschrittenen Stadien (II, III) kommt es zu einer Verdickung von Kutis und Subkutis und zu trophischen Veränderungen der Epidermis, z.B. Hyperpigmentierung oder Elefantenhaut.
Die Ödeme dieser Stadien lassen sich nicht durch Hochlagern reduzieren. Die gestörte Immunabwehr führt u.a. öfters zu Erysipelen und Pilzinfektionen. In den meisten Fällen genügt eine Basisdiagnostik mit gründlicher Anamnese, Inspektion und Palpation zur klinischen Einschätzung.
Die Anamnese beinhaltet Fragen zu:
- familiär gehäuften Lymphödemen
- Operationen
- Vorerkrankungen einschließlich abgelaufener Entzündungen, z.B. Erysipel, Erythema migrans, Zeckenstiche
- Hautveränderungen
- Medikation (u.a. Diuretika, Chemotherapie)
- Gewichtsschwankungen
- Unfällen
- Auslandsaufenthalten
- spezieller Ödemanamnese: Erstlokalisation, Ausbreitung, Begleitsymptome, z.B. Schmerz, Hämatomneigung, Flüssigkeitsaustritt.
Der Patient sollte außerdem alle relevanten Vorbefunde zumindest von den letzten drei Jahren mitbringen. Die Autoren raten, während der Inspektion – im Stehen und Liegen – auf eine Umfangs- und Längendifferenz der Extremitäten (Hemihypertrophie) zu achten. Zudem gilt es, nach typischen (potenziell malignen) Hautveränderungen wie Lymphzysten, vertieften Falten oder einer Kastenform der Zehen zu fahnden, ebenso nach venösen Auffälligkeiten.
Weich, elastisch, derb oder hart?
Die Palpation gibt Auskunft über den Zustand der Lymphknoten, also z.B. Größe, Konsistenz, Verschieblichkeit, Druckdolenz, und der Konsistenz des Ödems – von teigig-weich über prall-elastisch, derb-fibrotisch bis hart-induriert. Mit dem Fingerdruck kann man Eindellbarkeit bzw. ausdrückbare Lymphzysten prüfen und mit dem Stemmer-Zeichen, ob das Gewebe verhärtet ist. Dabei lässt sich die Haut an der proximalen Phalanx von Fingern bzw. Zehen des zweiten und/oder dritten Strahls nicht oder nur vermindert abheben.
Fett oder Lymphe?
- Frühstadium
- Verdacht auf thorakale/abdominelle Beteiligung
- kardialer Komorbidität
- kombinierter Genese
- OP-Planung
Szinitigraphie zeigt, ob es vorwärts geht
Die Funktionslymphszintigraphie erlaubt die Quantifizierung des Lymphtransports. Man setzt sie vorwiegend zum Nachweis von Stadium 0 oder I und bei Extremitätenschwellungen unklarer Genese ein, aber auch zur Planung mikrochirurgischer Eingriffe. Da der Lymphfluss unter Ruhebedingungen zu langsam ist, wird er z.B. durch Gehen auf einem Laufband (Beine) oder rhythmischen Faustschluss (Arme) aktiviert. Die MRT hat sich als diagnostischer Goldstandard zum Nachweis lymphatischer Malformationen etabliert.S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Lymphödeme“, www.awmf.org, AMWF-Register-Nr. 058-001
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