Chimäres Virus hetzt Immunzellen aufs Glioblastom

Dr. Alexandra Bischoff

Die Mischung machts: Das Polio-Rhinovirus wird über einen Katheter direkt ins Tumorgewebe gespitzt. Die Mischung machts: Das Polio-Rhinovirus wird über einen Katheter direkt ins Tumorgewebe gespitzt. © wikimedia/Sbrandner; fotolia/Kateryna_Kon; fotolia/fotoliaxrender

Dem Glioblastom hatte die Medizin bisher wenig entgegenzusetzen. Nun macht ein gentechnisch hergestelltes chimäres Polio-Rhinovirus Hoffnung. Es wurde aktuell in einer Phase-I-Studie an Patienten mit einem Glioblastom-Rezidiv getestet – mit Erfolg.

Das Glioblastom ist allseits gefürchtet, denn der maligne Hirntumor wächst nicht nur rasend schnell, sondern ist zudem äußerst rezidivfreudig. Meist kommt es trotz erfolgreicher Operation, Bestrahlung und Chemotherapie bereits innerhalb eines Jahres zu einem Rückfall. Doch neueste Forschungsergebnisse aus den USA lassen hoffen, dass sich ein spezielles chimäres Virus im Fall eines Rezidivs positiv auf die Überlebenszeit auswirken könnte.

Da die Zellen von malignen Tumoren besonders häufig den Poliovirusrezeptor CD155 exprimieren, entwickelten US-Wissenschaftler gentechnisch eine Chimäre aus nicht pathogenen Polio- und Rhinoviren. Diese Virus-Chimäre soll an den CD155-Rezeptoren der Krebszellen andocken und dort eine lokale Immunreaktion auslösen. So wird das körpereigene Immunsystem auf die Krebszellen aufmerksam und kann sie gezielt bekämpfen.

In einer Phase-I-Studie behandelte die Arbeitsgruppe um Dr. Annick Desjardins vom Duke University Hospital in Durham 61 Patienten mit einem Glioblastom-Rezidiv über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren mit dem rekombinanten Doppelvirus. Es wurde über einen implantierten Katheter direkt in das Tumorgewebe appliziert.

Nach zwei Jahren lebten noch acht Teilnehmer (21 %), nach vier Jahren waren es mindestens drei. Bei den restlichen fünf Patienten waren zu diesem Zeitpunkt noch keine vier Jahre seit Studienbeginn vergangen. Zwei Patienten lebten auch noch 69 bzw. 70 Monate nach der Therapie. In der retrospektiven Kontrollgruppe mit 104 Patienten, die früher am selben Universitätskrankenhaus behandelt worden waren, lag die Überlebensrate nach zwei Jahren bei 13 %, nach vier Jahren bei 2 %.

Phase-II-Studie läuft gerade an

Allerdings ist die Aussagekraft dieses Vergleichs unklar, da einerseits der überwiegende Teil der Interventionsgruppe zeitgleich mit weiteren Medikamenten behandelt worden war (meist Bevacizumab). Andererseits unterschied sich die Interventionsgruppe deutlich von der Kontrollgruppe. Die Wissenschaftler sehen jedoch trotz aller Kritik in der Virotherapie echtes Potenzial im Kampf gegen den malignen Hirntumor. Sie wollen nun in einer Phase-II- Studie anhand eines größeren Patientenkollektivs prüfen, ob sich diese positiven Ergebnisse reproduzieren lassen.

Quelle: Desjardins A et al. N Eng J Med 2018; 379: 150-161

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Die Mischung machts: Das Polio-Rhinovirus wird über einen Katheter direkt ins Tumorgewebe gespitzt. Die Mischung machts: Das Polio-Rhinovirus wird über einen Katheter direkt ins Tumorgewebe gespitzt. © wikimedia/Sbrandner; fotolia/Kateryna_Kon; fotolia/fotoliaxrender