Hat der Kinasehemmer beim Nierenzellkarzinom bald ausgedient?

Josef Gulden

PD-L1- plus VEGF-Inhibition kann den Progress des Nierenzellkarzinoms deutlich hinauszögern. PD-L1- plus VEGF-Inhibition kann den Progress des Nierenzellkarzinoms deutlich hinauszögern. © iStock/Mohammed Haneefa Nizamudeen

Beim lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Nierenzellkarzinom wird nach einer Alternative zu Tyrosinkinasehemmern gesucht. Eine Option: Atezolizumab plus Bevacizumab. Im Direktvergleich schnitt die Kombination gut ab.

In den letzten Jahren waren VEGF hemmende Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI) wie Sunitinib der Standard in der Behandlung des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Nierenzellkarzinoms. Ein großes Problem der TKI-Therapie sind Resistenzen, die bei manchen Patienten bereits zu Behandlungsbeginn vorhanden sind und sich bei fast allen anderen mit der Zeit entwickeln.

Spezifischer VEGF-Hemmer statt Sunitinib

Besonders schlecht sprechen Personen an, deren Tumoren eine sarkomatoide Differenzierung aufweisen oder PD-L1 exprimieren. Hinzu kommen Nebenwirkungen, die die Lebensqualität der Patienten teilweise erheblich beeinträchtigen können.

Der antiangiogene Antikörper Bevacizumab hemmt die VEGF-Schiene durch Blockade des Wachstumsfaktors selbst. So fördert dieser durch die hierdurch bewirkte Normalisierung der Tumorgefäße auch die Infiltration mit T-Lymphozyten. Das ist die Rationale, Bevacizumab mit einem Immuncheckpointinhibitor zu kombinieren. Etwa mit dem PD-L1-Hemmer Atezolizumab – eine Kombination, die bereits in einer Phase-Ib- und einer Phase-II-Studie beim metastasierten Nierenzellkarzinom ein positives Signal gezeigt hatte. In der Phase-III-Studie IMmotion151 wurden deshalb 915 Patienten mit klarzelliger oder sarkomatoider Histologie randomisiert, Atezolizumab (1200 mg) und Bevacizumab (15 mg/kg alle drei Wochen) oder Sunitinib (50 mg/d für vier Wochen, gefolgt von zwei Wochen Pause) als Monotherapie zu erhalten.

Kein Benefit für Patienten ohne PD-L1-Expression

Ko-primäre Endpunkte waren das durch die Prüfärzte beurteilte progressionsfreie Überleben bei den Patienten mit PD-L1-exprimierenden Tumoren und das Gesamtüberleben in der Intention-to-treat-Population. Beim progressionsfreien Überleben (PFS) in der PD-L1-positiven Population (n = 362) war nach median 16 Monaten die Kombination signifikant überlegen mit median 11,2 Monaten vs. 7,7 Monate (Hazard Ratio 0,74; p = 0,02). In der ITT-Population war dieser Effekt mit median 11,2 Monaten vs. 8,4 Monate etwas schwächer, aber weiterhin signifikant (HR 0,83; p = 0,02).

In einer Subgruppenanalyse war erkennbar, dass PD-L1-negative Patienten beim PFS nicht von der Kombination zu profitieren scheinen (HR 0,93; 95%-KI 0,75–1,15), schreiben die Wissenschaftler. Mit steigender PD-L1-Expression vergrößerte sich umgekehrt auch der PFS-Benefit unter Atezolizumab/Bevacizumab.

Beim Gesamtüberleben in der ITT-Population ist bislang nach median zwei Jahren kein Unterschied zu erkennen mit einer medianen Überlebenszeit von 33,6 Monaten vs. 34,9 Monate (HR 0,93; p = 0,48). Hier war der Effekt ebenfalls in der PD-L1 exprimierenden Kohorte etwas stärker ausgeprägt, allerdings auch hier nicht signifikant (median 34,0 Monate vs. 32,7 Monate, HR 0,84; p = 0,29).

Nebenwirkungen leicht verringert unter Kombination

Die immunologische Kombinationstherapie war zumindest nicht schlechter verträglich als Sunitinib: Nebenwirkungen vom Grad 3 oder 4 traten unter Atezolizumab und Bevacizumab bei 40 % und unter Sunitinib bei 54 % aller Patienten auf. Bei 5 % bzw. 8 % der Teilnehmer führten unerwünschte Effekte der Therapie zu deren Abbruch. Zudem mussten einige Patienten im Verumarm eines der zwei Präparate absetzen (Atezolizumab 2 %; Bevacizumab 5 %).

Längere Beobachtungsdauer ist erforderlich

Die Autoren resümieren: Beim neu diagnostizierten metastasierten Nierenzellkarzinom ist die Kombinationstherapie aus Atezolizumab und Bevacizumab dem Standard Sunitinib bezüglich des progressionsfreien Überlebens überlegen – zumindest bei PD-L1-positiven Tumoren. Ob sich das auch auf das Gesamtüberleben auswirkt, wird sich erst nach einer längeren Nachbeobachtungsdauer sagen lassen, so die Wissenschaftler. 

Quelle: Rini BI et al. Lancet 2019; 393: 2404-2415

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