Heparin, VKA, NOAK – die richtige Therapie für Lungenembolie-Patienten finden

Maria Weiß

Bei einer Lungenembolie kommt es insbesondere auf die Wahl des am besten geeigneten Antikoagulans und das Festlegen der Behandlungsdauer an. Bei einer Lungenembolie kommt es insbesondere auf die Wahl des am besten geeigneten Antikoagulans und das Festlegen der Behandlungsdauer an. © Science Photo Library/CNRI; iStock/Christoph Burgstedt

Für alle Patienten nach Lungenembolie ist die Gerinnungshemmung obligat. Bei hohem Rezidivrisiko läuft sie am besten auf unbestimmte Zeit weiter. Die früher so gefürchteten Blutungskomplikationen haben dank der NOAK an Bedeutung verloren.

Die akute Lungenembolie (LE) tritt meist im Zusammenhang mit einer venösen Thromboembolie (VTE) auf und ist nach Herzinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste kardiovaskuläre Todesursache, schreiben Dr. Matthias Ebner und Privatdozentin Dr. Mareike Lankeit von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Das A und O der Therapie ist die Antikoagulation. Vor Herausforderungen stellt aber weiterhin die Wahl des am besten geeigneten Antikoagulans und das Festlegen der Behandlungsdauer. Hilfestellung gibt hier u.a. die im letzten Jahr kürzlich publizierte Leitlinie der European Society of Cardiology.

In der klinischen Routine startet die antithrombotische Therapie meist parenteral, wofür prinzipiell unfraktionierte Heparine (UFH), niedermolekulare Heparine (NMH) und Fondaparinux zur Verfügung stehen.

i.v. Bolus und Dauerinfusion für instabile Patienten

Hämodynamisch instabile Patienten gelten immer als Hochrisikopatienten, die Sterblichkeit ist bei ihnen hoch. Schon bei Verdacht auf eine Lungenembolie sollten sie sofort eine therapeutische Antikoagulation mit UFH (i.d.R. als intravenöse Bolusgabe von 5000 IE mit anschließender Dauerinfusion) erhalten.

Bei hämodynamisch stabilen Patienten sind NMH und Fondaparinux die bessere Wahl. Ihre Wirkung setzt zwar etwas langsamer ein als die der UFH – es überwiegen aber die Vorteile wie stabilere Wirkstoffspiegel, höhere Effektivität, geringere Gefahr für Blutungen und heparininduzierte Thrombozytopenien sowie nicht zuletzt der einfachere subkutane Applikationsweg.

Keine Kontraindikationen? NOAK bevorzugen!

Alternativ kann man in Fällen ohne hohes Risiko auch gleich mit den oralen Faktor-Xa-Inhibitoren Apixaban (10 mg 2 x tägl. für eine Woche, dann 5 mg 2 x tägl.) und Rivaroxaban (15 mg 2 x tägl. für drei Wochen, dann 20 mg 1 x tägl.) beginnen.

Kontraindikationen für NOAK

  • schwere Niereninsuffizienz: Dabigatran: Kreatinin-Clearance < 30 ml/min Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban: Kreatinin-Clearance < 15 ml/min
  • Schwangerschaft oder Stillzeit
  • schwer eingeschränkte Leberfunktion
  • Komedikation mit starken P-Glykoprotein- Inhibitoren (z. B. Ciclosporin, Dronedaron, Erythromycin oder Ketokonazol)
  • Antiphospholipid-Syndrom

In der Erhaltungsphase wird die therapeutische Antikoagulation über mindestens drei Monate fortgesetzt. Die früher dafür regelhaft verwendeten Vitamin-K-Antagonisten (VKA) haben bekanntermaßen viele Nachteile, z.B. das enge therapeutische Fenster, zahlreiche Interaktionen und individuell sehr unterschiedliche Wirkungen. Die aktuellen ESC-Leitlinien empfehlen daher, bei fehlenden Kontraindikationen (s. Kasten) NOAK zu bevorzugen. Der Übergang von der Initial- zur Erhaltungstherapie gestaltet sich je nach Präparat unterschiedlich:
  • „traditionell“: duale Antikoagulation mit NMH und überlappender Wechsel auf VKA
  • sequenzielle duale Therapie: initial NMH für mindestens 5 Tage, dann Wechsel auf Dabigatran oder Edoxaban in Erhaltungs­dosis
  • von Anfang an Monotherapie mit Rivaroxaban oder Apixaban (in der initial höheren Dosierung)
Eine besondere Gruppe bilden Patienten, bei denen die Lungenembolie im Rahmen einer aktiven Krebserkrankung aufgetreten ist. Sie sollten auf jeden Fall so lange antikoaguliert werden, bis die Krebserkrankung als geheilt gilt. Unter den NOAK haben sich die Faktor-Xa-Inhibitoren als effektive Alternative zu Heparinen erwiesen. Als Ausnahme nennen die Autoren Edoxaban und Rivaroxaban bei gastrointestinalen Tumoren, da sie in den Studien mit mehr Blutungen assoziiert waren. Eine wichtige Frage ist die Dauer der Antikoagulation in der Sekundärprophylaxe. Die ESC-Leitlinie teilt die Patienten dazu in drei Gruppen ein.

1. Niedriges Rezidivrisiko:

Lungenembolie im Zusammenhang mit starken, aber transienten Risikofaktoren wie orthopädische OP oder Trauma mit Fraktur: drei Monate Antikoagulation

2. Mittleres Rezidivrisik:

Lungenembolie bei schwachen transienten Risikofaktoren (beispielsweise kleine chirurgische Eingriffe, Langstreckenflug, Pille) oder schwachen persistierenden Risikofaktoren (zum Beispiel chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, aktive Autoimmunerkrankungen) oder fehlendem identifizierbarem Auslöser: Fortführen der Antikoagulation auf unbestimmte Dauer erwägen

3. Hohes Rezidivrisiko

Lungenembolie bei persistierenden starken Risikofaktoren wie Krebserkrankung, Antiphospholipidsyndrom, rezidivierende VTE ohne erkennbare Risikofaktoren: dauerhafte Antikoagulation Drohende Blutungen waren früher der häufigste Grund dafür, eine Antikoagulation abzubrechen. Das Risiko für schwere (insbesondere intrakranielle und letale) Hämorrhagien liegt unter NOAK nun deutlich niedriger als unter VKA. Damit hat heute die Abschätzung der Rezidivwahrscheinlichkeit mehr Bedeutung als die Blutungsgefahr. Letztere sollte aber dennoch für die Dauer der Antikoagulation regelmäßig anhand entsprechender Scores bestimmt werden.

Quelle: Ebner M, Lankeit M. Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 970-977; DOI: 10.1055/a-0955-3379

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Bei einer Lungenembolie kommt es insbesondere auf die Wahl des am besten geeigneten Antikoagulans und das Festlegen der Behandlungsdauer an. Bei einer Lungenembolie kommt es insbesondere auf die Wahl des am besten geeigneten Antikoagulans und das Festlegen der Behandlungsdauer an. © Science Photo Library/CNRI; iStock/Christoph Burgstedt