IgA-Nephropathie: Roter Harn und roter Hals

Dr. Dorothea Ranft

Autoantikörper gegen abweichend glykosylierte IgA-Moleküle führen zur Entzündung und Schädigung der Nierenkörperchen. Autoantikörper gegen abweichend glykosylierte IgA-Moleküle führen zur Entzündung und Schädigung der Nierenkörperchen. © fotolia/Kateryna_Kon

Trifft eine makroskopische Hämaturie auf einen entzündeten Hals, sollten Sie an eine Glomerulonephritis denken. Etwa 10–15 % der Betroffenen mit einer Immunglobulin-A-Nephritis weisen Blut im Urin auf. Die Patienten empfinden das zwar als sehr beunruhigend, klinisch scheint damit jedoch ein eher günstiger Verlauf verbunden.

Ein Großteil der Patienten mit Immunglobulin-A(IgA)-Ne­phri­tis bilden IgG-Autoantikörper gegen galaktosedefiziente IgA1-Antikörper. Die dabei entstehenden Immunkomplexe lagern sich in den Nieren ab, sorgen dort für glomeruläre Entzündung und mesangiale Proliferation. Dadurch werden Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) und Komplement aktiviert – es folgen Bluthochdruck und Nierenschäden.

Klinisch manifestiert sich die IgA-Nephritis am häufigsten mit einer asymptomatischen Hämaturie und einem fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion. Seltener kommt es zu einer Makrohämaturie nach einem Infekt der oberen Atemwege, was meist Personen unter 40 Jahren betrifft. Die positive Nachricht für Patienten: Da die Proteinurie meist < 3 g/Tag liegt, kommt es nur selten zum nephrotischen Syndrom.

Häufiger rot als gedacht

Bei der Immunglobulin-A-Nephropathie handelt es sich um die renale Manifestation einer IgA-induzierten Vaskulitis. Sie ist weltweit die häufigste Form der Glomerulonephritis. Schätzungen gehen von 2,5 Betroffenen pro 100 000 Einwohnern aus, wobei die Prävalenzen regional stark schwanken. Asiaten etwa sind rund achtmal häufiger betroffen.

Immunsuppressiva brachten in Studie keine Vorteile

In puncto Therapie werden klinischer Befund, Verlauf und Nierenbiopsie wichtig. Bei der Basistherapie sollten Kollegen zunächst – wie bei anderen Glomerulonephritiden auch – Risikofaktoren beseitigen und dann die pathologischen Veränderungen modifizieren (siehe rechter Kasten).

Therapeutische Strategien

Supportive Maßnahmen 1. RAAS-Blockade mit ACE-Hemmer/ARB:
  • v.a. bei Patienten mit Proteinurie > 1 g/d
  • soweit toleriert: Dosis anpassen, bis Proteinurie < 1 g/d sinkt
2. Blutdruck auf > 125/75 mmHg senken Immunsuppressive Therapie Kortikosteroide für sechs Monate, wenn Proteinurie weiter > 1 g/d
  • bei rascher Progression Cyclophosphamid i.v.
  • Mycophenolat Mofetil
  • Calcineurin-Inhibitoren
Von einer dualen RAAS-Blockade raten die Experten ab. Sie steigert die Komplikationsrate, ohne die Progression aufzuhalten.

Während die RAAS-Blockade bei Patienten mit IgA-Nephropathie heute als obligat gilt, ist der Einsatz von Glukokortikoiden wesentlich weniger gesichert. Zwar konnten kleinere Studien einen güns­tigen Einfluss der Steroide auf die Nierenfunktion ermitteln. In der prospektiven STOP-IgAN-Studie schnitten mit Immunsuppressiva (Steroide, Ciclophosphamid, Azathioprin) behandelte Patienten hinsichtlich ihrer Nierenfunktion allerdings nicht besser ab und erlitten mehr Infektionen als die Kontrollen.

Lokal wirksames Budesonid als potenzielle Option

Vielleicht bietet lokal wirksames Budesonid eine neue Option, schreiben die Autoren. Es wirkt auf das Lymphgewebe im distalen Ileum und moduliert dort die IgA-Produktion. In einer ersten Studie verringerte sich die geschätzte Abnahme der glomerulären Filtrationsrate, allerdings um den Preis vermehrter Nebenwirkungen. Auch wenn es in einigen Kliniken zur Standardbehandlung gehört, Patienten mit Nierenfunktionsverlust, Proteinurie > 1 g/Tag und ausgeprägten histologischen Veränderungen einer immunsuppressiven Kombinationstherapie zu unterziehen, konnte dafür bis dato kein eindeutiger Vorteil gezeigt werden. Die Autoren raten deshalb, Betroffene mit einer Proteinurie < 1 g/Tag und erhaltener GFR supportiv zu therapieren.

Quelle: Bollin R, Haller H. Internist 2018, 59: 736-740

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Autoantikörper gegen abweichend glykosylierte IgA-Moleküle führen zur Entzündung und Schädigung der Nierenkörperchen. Autoantikörper gegen abweichend glykosylierte IgA-Moleküle führen zur Entzündung und Schädigung der Nierenkörperchen. © fotolia/Kateryna_Kon