Im metastasierten Prostatatumor die DNA-Reparatur hemmen

Josef Gulden

Liegen Rekombinationsdefekte vor, verlängert der PARP-Inhibitor das progressionsfreie und das Gesamtüberleben. Liegen Rekombinationsdefekte vor, verlängert der PARP-Inhibitor das progressionsfreie und das Gesamtüberleben. © iStock/traffic_analyzer

Reagieren metastasierte, kastrationsresistente Prostatakarzinome nicht mehr auf Inhibitoren des Androgen-Stoffwechsels, sind die momentanen Behandlungsmöglichkeiten nicht zufriedenstellend. Für Tumoren mit genetischen Defekten in der DNA-Reparatur scheint die PARP-Inhibition eine gute Alternative zu sein.

Das metastasierte Prostatakarzinom ist eine sehr heterogene Erkrankung mit unterschiedlichen molekularen Anomalien. Diese sind in den letzten Jahren nach und nach in den Fokus der Uro-Onkologie gerückt. So finden sich bei bis zu 30 % der Tumoren funktionelle Schäden in Genen, die an der DNA-Reparatur beteiligt sind, darunter vor allem in den Tumorsuppressor-Genen BRCA1/2 sowie im ATM-Gen, das als Checkpoint für DNA-Schäden fungiert.

Krebszellen mit PARP-Hemmer in Apoptose bringen

Funktionsverluste dieser und anderer Gene mit ähnlichen Aufgaben sind mit einem aggressiveren Wachstum der Prostatatumoren assoziiert, sodass diese Signalwege seit Längerem als Angriffspunkte für eine pharmakologische Beeinflussung diskutiert werden, schreiben Wissenschaftler um Professor Dr. Johann de Bono, Institute of Cancer Research and Royal Marsden Hospital, London. Unter anderem sind Zellen mit diesen Veränderungen empfindlich gegenüber Inhibitoren der Poly(adenosin-diphosphat-ribose)-Polymerase (PARP), die die Reparatur der aufgetretenen DNA-Schäden hemmen und die Zellen dadurch in die Apoptose treiben können.

In die Phase-3-Studie PROfound wurden deshalb Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom eingeschlossen, die unter der Behandlung mit einer der neuen hormonellen Therapien (Enzalutamid oder Abirateronacetat) progredient waren. Zudem wiesen die Tumoren wenigstens eine Mutation in einem der Gene BRCA1, BRCA2 oder ATM (Kohorte A; 245 Patienten) oder in mindes­tens einem von zwölf weiteren Genen der DNA-Reparaturmaschinerie (Kohorte B; 142 Patienten) auf. Die Teilnehmer wurden im Verhältnis 2:1 randomisiert, entweder den PARP-Inhibitor Olaparib oder nach Wahl des behandelnden Arztes Enzalutamid bzw. Abirateronacetat zu erhalten. Primärer Endpunkt war das von unabhängigen, verblindeten Radiologen bestimmte progressionsfreie Überleben in Kohorte A.

Das mediane progressionsfreie Überleben erreicht unter der PARP-Hemmung 7,4 Monate und ist damit mehr als verdoppelt.

In dieser Subgruppe wurde die progressionsfreie Überlebensdauer durch den PARP-Inhibitor von median 3,6 auf 7,4 Monate verdoppelt und das Risiko für Progression oder Tod dabei um zwei Drittel reduziert (Hazard Ratio 0,34; p < 0,001). Ebenfalls signifikant war die Verbesserung bei der Ansprechrate (33 % vs. 2 %; Odds Ratio 20,86; p < 0,001) und der Zeit bis zur Verschlimmerung der Schmerzen (HR 0,44; p = 0,02). Selbst beim Gesamtüberleben war nach erst 93 Todesfällen unter den 245 Patienten bereits ein signifikanter Vorteil für Olaparib festzustellen mit median 18,5 Monaten vs. 15,1 Monate (HR 0,64; p = 0,02). Und dies, obwohl zu dem Zeitpunkt bereits 81 % der Patienten im Kontrollarm wegen Versagens der Hormontherapie die Option zu einem Cross-over wahrgenommen und Olaparib erhalten hatten.

Vorteil ist auch im Gesamtkollektiv wahrnehmbar

Ähnliche, wenn auch weniger stark ausgeprägte Vorteile für den PARP-Inhibitor wurden auch im Gesamtkollektiv (Kohorten A + B) observiert, z.B. mit einer progressionsfreien Überlebenszeit von median 5,8 Monaten versus 3,5 Monate (HR 0,49; p < 0,001). Aber auch bei den Ansprechraten, der Zeit bis zur Schmerzprogression und beim Gesamtüberleben ergab sich ein Benefit (median 17,5 Monate vs. 14,3 Monate; HR 0,67; 95%-KI 0,49–0,93).

BRCA1/2-Mutationsträger mit größtem Benefit

Die am stärksten ausgeprägten toxischen Nebenwirkungen höheren Grades (≥ 3) von Olaparib waren Anämie (21 % vs. 5 %), Nausea (1 % vs. 0 %) und Fatigue oder Asthenie (3 % vs. 5 %). Die Autoren betonen, dass die Ergebnisse die antitumorale Aktivität von Olaparib bei metastasiertem, kastrationsresistentem Prostatakrebs bestätigen. Wie bereits in anderen Studien beschrieben, vermuten auch sie, dass Betroffene mit BRCA1/2-Mutationen den größten Benefit unter dem PARP-Inhibitor erreichen.

Quelle: De Bono J et al. N Engl J Med 2020; 382: 2091-2102; DOI: 10.1056/NEJMoa1911440

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Liegen Rekombinationsdefekte vor, verlängert der PARP-Inhibitor das progressionsfreie und das Gesamtüberleben. Liegen Rekombinationsdefekte vor, verlängert der PARP-Inhibitor das progressionsfreie und das Gesamtüberleben. © iStock/traffic_analyzer