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PARP-Hemmer eignen sich beim BRCA-Prostatakrebs am besten

Eine personalisierte Medizin mit zielgerichteten Therapien ist für viele Krebspatienten heute Alltag. Beim Prostatakarzinom stand eine solche individualisierte Behandlung auf Basis genetischer Veränderungen bisher nicht zur Verfügung. Das änderte sich mit dem Einsatz von PARP*-Inhibitoren.
Die Hemmung des Enzyms in Kombination mit einer homologen Rekombinationsdefizienz (HRD, s. Kasten) führt zur genomischen Instabilität der Krebszelle. Die DNA-Schäden nehmen in den folgenden Replikationsrunden zu und der Tumor stirbt daraufhin ab, erläuterte Professor Dr. Carsten Bokemeyer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
So wirken PARP-Inhibitoren
BRCA2 in Prostatatumoren am häufigsten mutiert
Eine HRD kann infolge von Mutationen in BRCA1 und BRCA2 hervorgerufen werden. Sie kann aber auch durch Veränderungen in anderen Genen entstehen, die an der homologen Rekombinationsreparatur beteiligt sind. Dazu gehören u.a. ATM, CHEK2, PALB2 und RAD51D. In einer multizentrischen Studie wurden bei rund 12 % der Männer mit metastasiertem Prostatakrebs Keimbahnalterationen in DNA-Reparaturgenen detektiert.1 Mit einem Anteil von 44 % war am häufigsten BRCA2 betroffen. „BRCA2- und BRCA1-, ATM- und CHEK2-Mutationen machen zusammen drei Viertel der Keimbahnmutationen aus“, erklärte Prof. Bokemeyer. Untersucht man fortgeschrittene Prostatakarzinome, so finden sich bei jedem dritten Patienten Alterationen in DNA-Reparaturgenen. In zwei Drittel handele es sich um somatische Mutationen im Tumor,2 so der Experte weiter. Ob die Genveränderungen das Ansprechen auf PARP-Inhibitoren beeinflussen können, wurde in der Phase-2-Studie TOPARB-B geprüft. Die Wissenschaftler untersuchten Tumorbiopsien von 711 Männern mit progredientem metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakrebs (mCRPC). Mutationen in DNA-Reparaturgenen wiesen 161 (22,6 %) Teilnehmer auf. Davon erhielten 98 Männer zweimal täglich den PARP-Inhibitor Olaparib in zwei verschiedenen Dosierungen. Jeweils 46 Erkrankte aus den beiden Armen waren auswertbar. Ein Ansprechen erzielten 54,3 % unter 400 mg der Substanz und 39,1 % unter 300 mg.3 Die Forscher analysierten anschließend die Wirksamkeit der Behandlung in Abhängigkeit von den genetischen Alterationen. Am effektivsten war die Therapie bei Patienten mit BRCA-Mutation, die Gesamtansprechrate (ORR) kletterte auf 83,3 %. Auch in der sehr kleinen Gruppe der Teilnehmer mit PALB2-Veränderung zeigte sich eine hohe ORR von 57,1 %. Waren andere Gene mutiert, fiel der Wert deutlich geringer aus. Prof. Bokemeyer: „Es ist also keineswegs egal, welche Genmutation der gestörten DNA-Reparatur zugrunde liegt, am meisten profitieren Männer mit BRCA-Mutation von Olaparib.“ Der Experte ging weiterhin auf die Phase-3-Studie PROfound ein. Darin verglichen Wissenschaftler Olaparib mit Enzalutamid bzw. Abirateron bei mCRPC und nachgewiesener HRD nach Versagen mindestens eines New Hormonal Agents (NHA).4 Die Untersuchung beinhaltete zwei Kohorten: Die erste umfasste 245 Personen mit Mutationen in BRCA oder ATM, die zweite 142 Teilnehmer mit Alterationen in anderen HRR-Genen. In Kohorte A war das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) unter Olaparib mit 7,4 Monaten vs. 3,6 Monaten signifikant länger als in der Kontrolle (Hazard Ratio [HR] 0,34; p < 0,001). Auch verbesserte sich das Ansprechen und die Zeit bis zum symptomatischen Progress. Der Vorteil zeigte sich insbesondere in Erkrankten mit BRCA2-Mutation, wohingegen im Fall einer ATM-Veränderung nahezu kein Unterschied beobachtet wurde, berichtete Prof. Bokemeyer. Mittlerweise liegt die finale Analyse zum Gesamtüberleben (OS) vor.5 Diese ergab – trotz des hohen Crossovers auf Olaparib bei Progression – einen signifikanten Vorteil für den PARP-Inhibitor in Kohorte A mit einem medianen OS von 19,1 Monaten vs. 14,7 Monate (HR 0,69; p = 0,02). In Kohorte B war das OS unter Olaparib mit 14,1 Monaten im Vergleich zu 11,5 Monate rund zwölf Wochen länger (HR 0,96). Nach Berücksichtigung des Crossovers vom Kontroll- in den Prüfarm errechneten die Autoren für Patienten in Kohorte A ein 58%ig reduziertes Mortalitätsrisiko (HR 0,42).Olaparib von der EMA bereits zugelassen, Rucaparib nicht
Mit Rucaparib wurde ein weiterer PARP-Inhibitor beim mCRPC untersucht, der allerdings im Unterschied zu Olaparib in Europa noch nicht zugelassen ist.6,7 Die Ansprechraten von ATM-Tumoren fielen deutlich geringer aus als die von denen mit BRCA1- oder BRCA2-Alteration. Insbesondere Prostatakrebs mit biallelischem ATM-Verlust oder einer ATM-Keimbahn- mutation zeigte kein Ansprechen. Dagegen sprachen Prostatatumoren mit Veränderungen in PALB2, BRIP1, FANCA oder RAD51B gut an. Prof. Bokemeyers Fazit: PARP-Inhibitoren sind eine neue Option für mCRPC-Patienten. Die beste Wirkung erzielen sie, wenn BRCA-Mutationen vorliegen. So wurde Olaparib durch die EMA auch nur bei dieser Personengruppe zugelassen – nach Vorbehandlung mit einem NHA. Für andere Gene der HRR müssten unbedingt weitere Daten generiert werden. Vielversprechende Kandidaten seien PALB2, BRIP1, RAD51B und FANCA. Wichtig für den sinnvollen Einsatz der Substanzen sei es künftig, die Betroffenen auf Mutationen von DNA-Reparaturgenen zu untersuchen, betonte Prof. Bokemeyer. Es bliebe allerdings noch zu klären, welcher Assay sich dafür am besten eignet.* Poly-ADP-Ribose-Polymerase
1. Pritchard CC et al. N Engl J Med 2016; 375: 443-453; DOI: 10.1056/NEJMoa1603144
2. Mateo J et al. A.a.O.; 373: 1697-1708; DOI: 10.1056/NEJMoa1506859
3. Mateo J et al. Lancet Oncol 2020; 21: 162-174; DOI: 10.1016/S1470-2045(19)30684-9
4. de Bono J et al. N Engl J Med 2020; 382: 2091-2102; DOI: 10.1056/NEJMoa1911440
5. Hussain M et al. A.a.O.; 383: 2345-2357; DOI: 10.1056/NEJMoa2022485
6. Abida W et al. J Clin Oncol 2020; 38: 3763-3772; DOI: 10.1200/JCO.20.01035
7. Abida W et al. Clin Cancer Res 2020; 26: 2487-2496; DOI: 10.1158/1078-0432.CCR-20-0394
Quelle: Bokemeyer C. 16. Onkologie-Update-Seminar (virtuell)
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