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Prostatakrebs: Zusatznutzen durch Radio-Liganden-Therapie?
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Das Radiopharmakon 177Lu-PSMA-617 besteht aus einem kleinen Molekül, das spezifisch an PSMA bindet und mit dem therapeutischen Radionuklid Lutetium(Lu)-177 beladen ist. Mittels Endozytose gelangt der Betastrahler ins Zellinnere und setzt die Prostatakarzinom- und ihre Nachbarzellen radioaktiver Strahlung aus. Da diese nur wenige Millimeter weit wirkt, können höhere und effektivere Strahlendosen direkt gegen die Tumorzellen gerichtet werden als bei einer externen Strahlentherapie, erläuterte Professor Dr. Michael J. Morris vom Memorial Sloane Kettering Cancer Center in New York.
Intensiv vorbehandelte Patientenkohorte
Für die internationale Phase-3-Studie VISION wurden insgesamt 831 Männer mit PSMA-positivem, metastasiertem und kastrationsresistentem Prostatakrebs (mCRPC) 2:1 randomisiert. Alle waren zuvor mit mindestens einer Androgenrezeptor-gerichteten Substanz sowie ein bis zwei taxanbasierten Chemotherapien behandelt worden. Im experimentellen Arm erhielten die Patienten zusätzlich zum „Standard-of-Care“ alle sechs Wochen 177Lu-PSMA-617 über vier bis maximal sechs Zyklen. Der Standard im Kontrollarm durfte u.a. keine Chemo- oder Radium-223-Therapie beinhalten. Alternierende primäre Studienendpunkte waren das radiographische progressionsfreie Überleben (rPFS) sowie das Gesamtüberleben (OS).
Die Studienarme waren balanciert hinsichtlich Alter, Vorbehandlungen und Metastasierung. Das mediane Alter in der Kohorte betrug 70 Jahre bei mehrheitlich (> 90 %) gutem Allgemeinzustand (ECOG 0–1). Mehr als 90 % der Patienten hatten Knochenmetastasen, etwa die Hälfte befallene Lymphknoten und jeweils etwa 10 % Leber- bzw. Lungenmetastasen.
rPFS und OS signifikant verlängert
Die zusätzliche Radio-Liganden-Therapie verlängerte das mediane rPFS auf 8,7 Monate gegenüber 3,4 Monaten im Kontrollarm (HR 0,40; p < 0,001). Das mediane OS betrug mit der Zusatztherapie 15,3 Monate im Vergleich zu 11,3 Monaten unter dem Standard (HR 0,62; p < 0,001). Subgruppen-Auswertungen ergaben größtenteils ähnliche Ergebnisse wie im Gesamtbild.
Gut die Hälfte der Patienten mit messbarer Erkrankung erreichte unter der Radio-Liganden-Therapie eine objektive Remission, darunter 9,2 % komplette Remissionen. Im Kontrollarm kam es dagegen nur zu 3,1 % partiellen Remissionen. Primär progredient waren 13,0 % der Behandelten versus 45,3 % im Standardarm. Ein PSA-Ansprechen mit einem PSA-Wert-Abfall ≥ 50 % bzw. ≥ 80 % zeigten 46,0 % bzw. 33,0 % im Vergleich zu 7,1 % bzw. 2,0 %.
Expertin hatte sich von den Daten „mehr erhofft“
Prof. Morris bezeichnete die 177Lu-PSMA-617-Therapie als gut verträglich. Trotz einer höheren Nebenwirkungsrate im Vergleich zum Kontrollarm seien keine neuen oder bedenklichen Sicherheitssignale aufgetreten. Nach Zulassung biete 177Lu-PSMA-617 künftig eine wichtige neue Therapieoption beim mCRPC.
Die Diskutantin Professor Dr. Mary-Ellen Taplin, Harvard Medical School und Dana Farber Cancer Institute, Boston, sprach zwar von positiven Ergebnissen. Sie wies jedoch darauf hin, dass die Studienpatienten vorab auf PSMA-Positivität selektiert wurden. Die erreichte mediane Gesamtüberlebenszeit liege mit 15,3 Monaten im Rahmen dessen, was in früheren Phase-3-Studien mit der Systemtherapie erreicht wurde. Vor diesem Hintergrund habe sie sich von 177Lu-PSMA-617 mehr erhofft.
Quelle: Morris MJ et al. 2021 ASCO Annual Meeting (virtuell); Abstract LBA4; DOI: 10.1200/JCO.2021.39.15_suppl.LBA4
Kongressbericht: 2021 ASCO Annual Meeting (virtuell)
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