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Kompressionssyndrom: Wenn mehr als nur der Schuh drückt

Mehr als zwei Dutzend Knochen, dazu über 20 Muskeln und Sehnen, zwischen denen sich Nerven am Fuß ihren Weg bahnen – kein Wunder, dass es da manchmal eng wird und Schmerzen auftreten. Voraussetzung einer guten Differenzialdiagnostik ist die Kenntnis der nervalen Topographie, schreiben Professor Dr. Wieland Hermann, Neurologie, SRO AG Langenthal, Schweiz, und Carmen Tinta, Neurologie, Klinikum Chemnitz.
Eine erste Unterscheidung zwischen neurologischen (s. Kasten) und nicht-nervalen Ursachen gelingt mittels Inspektion und Palpation. Nicht-neurologische Auslöser umfassen vorwiegend Nagel-, Verhornungsstörungen sowie Deformitäten. Erkrankungen wie „complex regional pain syndrome“, L5/S1-Syndrom und Polyneuropathie müssen wegen des drohenden Mobilitätsverlustes oder potenzieller Lebensgefahr (z.B. bei Phlebothrombose) rasch ausgeschlossen werden. Nervenkompressionssyndrome liegen den Fußschmerzen zwar verhältnismäßig selten zugrunde, können aber ebenfalls die Mobilität einschränken.
Häufigkeit von neurologischen Ursachen des Fußschmerzes | |
---|---|
Polyneuropathie | sehr häufig |
L5/S1-Syndrom | sehr häufig |
Morton-Metatarsalgie | häufig, meist Frauen |
Baxter-Neuropathie | häufig, meist Frauen |
Fußspastik, Krampi | häufig |
Restless-Legs-Syndrom | Prävalenz 5–10 % |
vorderes Tarsaltunnelsyndrom | selten |
hinteres Tarsaltunnelsyndrom | selten |
complex regional pain syndrome | Inzidenz 55–260/100 000 |
primäre Erythromelalgie | selten (genau unklar) |
primäre Fußdystonie, Segawa-Syndrom, Joplin-Syndrom | sehr selten |
Vorderes Tarsaltunnelsyndrom:
Am Fuß gibt es zwei physiologische Engstellen. Eine davon nennt sich Retinaculum musculorum extensorum (Ligamentum cruciforme), unter dem der N. peroneus profundus verläuft. Verdickte Bänder, Fettvermehrungen oder Exostosen führen dort schnell zu Platzproblemen, sodass der Nerv eingeengt wird. Manchmal reicht bereits eine Diabeteskrankheit.
Enge und hohe Schuhe verstärken die Symptome
Hauptsymptome sind Belastungsschmerzen am Fußrücken, die aber manchmal auch nachts oder in Ruhe auftreten können. Zusätzlich lassen sich oft Parästhesien zwischen erster und zweiter Zehe beobachten sowie eine Schwächung der Muskulatur der kurzen Zehenstrecker. Enge und hohe Schuhe können die Symptomatik darüber hinaus verstärken.
Hinteres Tarsaltunnelsyndrom:
Die zweite Engstelle liegt um den Innenknöchel herum im Canalis malleolaris. Hier ist es der N. tibialis, der von dort Richtung Mittelfuß zieht und eingezwängt werden kann. Leit- und Initialsymptom eines zunehmenden Raummangels sind plantare Parästhesien oder ein Brennschmerz. Eversion und Dorsalflexion des Fußes verstärken die Beschwerden, das Hoffmann-Tinel-Zeichen am Innenknöchel ist positiv. Insgesamt kommt es aber selten zu dieser Einengung. Laut den Autoren wird das hintere Tarsaltunnelsyndrom überdiagnostiziert.
Die Überlastung und Kompression des N. plantaris mediales, einem Ast des N. tibialis, hat sich unter dem Begriff „Jogger’s foot“ einen Namen gemacht, da sie durch Laufen ausgelöst wird. Patienten berichten über einen stechenden Schmerz an der medialen Fußsohle.
Morton- Metatarsalgie:
Nimmt der plantare Schmerz beim Laufen (besonders barfuß) zu und schießt in Vorfuß und Zehen ein, kommt eine Morton-Metatarsalgie infrage. Dabei handelt es sich um eine Reizung der Interdigitalnerven in Höhe der Zehengrundgelenke, meist im dritten Zehenzwischenraum. Infolge eines Spreizfußes und der damit verbundenen chronischen Fehlbelastung und des Drucks bildet sich ein Neurom. Vier einfache Tests zur Schmerzprovokation fallen bei der Morton-Neuralgie positiv aus:
1.Hohmann-Handgriff: die gegenläufige Verschiebung der benachbarten Mittelfußknochen mit Daumen und Zeigefinger
2.Gaenslen-Zeichen: Kompression des Vorfußes in Höhe der Zehengrundgelenke
3.Klingelknopfzeichen: plantarer Druck im Interdigitalraum drei oder zwei und Tasten von Krepitationen des Neuroms
4.Kompressionstest: plantardorsaler Druck in den Interdigitalräumen
Baxter-Neuropathie:
Eine Überlastung durch valgische Verkippung des Fußes oder Übergewicht kann auch am sogenannten Baxter-Nerv auftreten, dem ersten Abgangsast des Nervus plantaris lateralis. Dieser kreuzt die Plantaraponeurose nahe des Fersenbeins und kann durch die scharfe und derbe Kante gereizt werden.
Baxter lässt sich leicht vom Fersensporn unterscheiden
Als typisch gelten eine Schmerzprojektion in den Ansatz der Plantaraponeurose und ein maximaler Schmerzpunkt an der hinteren inneren Ferse. Mitunter kommt es auch zu Ruheschmerzen, Schmerzen am äußeren Fußrand oder einer Gefühlsstörung der fünften Zehe. Ein einfacher Test hilft, die Baxter-Neuropathie von der Differenzialdiagnose Fersenspornschmerz zu unterscheiden: Letzterer macht sich nur bei Belastung bemerkbar und verstärkt sich bei Fußdorsalflexion.
Quelle: Hermann W, Tinta C. Nervenheilkd 2017; 36: 634-645
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