Mehr Mut zur hochintensiven Statintherapie

Dr. Andrea Wülker

Um die Patienten vor einer ASCVD zu schützen, muss die Statintherapie schon mal intensiviert werden. Um die Patienten vor einer ASCVD zu schützen, muss die Statintherapie schon mal intensiviert werden. © freshidea – stock.adobe.com

Zahlreiche Studien belegen den Nutzen von Statinen – dennoch erhalten die meisten Patienten mit einem hohen Risiko für eine atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankung keine hochintensive Therapie. Das liegt unter anderem daran, dass viele Betroffene den Fettsenkern eher kritisch gegenüberstehen.

Statine senken die LDL-Chole­sterinspiegel effektiv und reduzieren Ereignisse aufgrund einer atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankung (ASCVD) – dies belegen zahlreiche randomisierte kontrollierte Studien. Bei Hochrisikopatienten sollte eine hochintensive Statintherapie (Atorvastatin 40 bis 80 mg oder Rosuvastatin 20 bis 40 mg) bevorzugt werden, da diese das ASCVD-Risiko um ein Drittel mehr senkt als eine Statinbehandlung moderater Intensität, schreiben Dr. Scott Grundy­ von der Universität Texas, Dallas, und Kollegen. Die amerikanische Leitlinie aus dem Jahr 2018 empfiehlt für Patienten mit hohem ASCVD-Risiko für die Primär- und Sekundärprävention eine LDL-C-Senkung von 50 % oder mehr, wobei möglichst eine hochintensive Statintherapie erfolgen sollte.

Zwei Gruppen von Patienten sind Kandidaten für die hochintensive Statintherapie:

  • Patienten mit klinischer ASCVD (akutes Koronarsyndrom, Zustand nach Herzinfarkt, stabile/instabile Angina pectoris, Revaskularisation der Koronararterien oder anderer Arterien, Schlaganfall, TIA, PAVK oder atherosklerotisches Aortenaneurysma). Diese sollten die hochintensive Statinbehandlung als Sekundärprävention erhalten.
  • Hochrisikopatienten ohne klinische ASCVD. Ziele der Primärprävention sind in dieser Gruppe schwere Hypercholesterinämie, Diabetes mit begleitenden Risikofaktoren, 10-Jahres-Risiko einer ASCVD von ≥ 20 % bei 40- bis 75-Jährigen und, sofern ermittelt, ein Koronararterien-Kalzium-Score von ≥ 300 Agatston-Einheiten.

In Europa und den USA erhalten die meisten Hochrisikopatienten keine hochintensive Statintherapie. Viele KHK-Patienten holen nach einem stationären Aufenthalt das rezeptierte Statin gar nicht erst in der Apotheke ab. Und wenn doch, lässt die Therapieadhärenz im Verlauf deutlich nach.

Dass es mit der Statintherapie nicht gut klappt, hat unterschiedliche Gründe, wie z.B.:

  • suboptimale Aufklärung/Beratung des Patienten
  • das Versäumnis, ein hochwirksames Statin zu verordnen oder die Dosis des Statins zu erhöhen
  • mangelnde Motivation des Patienten
  • Polypharmazie (hohe Tablettenlast)
  • kritische Begleiterkrankungen
  • mangelnde Unterstützung durch Betreuer
  • sozioökonomische Faktoren

Nicht selten äußern Patienten Bedenken gegen eine Statintherapie, etwa weil sie deren Notwendigkeit nicht verstehen oder Myalgien bzw. andere Nebenwirkungen befürchten.

Davon ausgehen, dass die Therapie vertragen wird

Einige dieser Barrieren lassen sich im Gespräch mit dem Patienten durch entsprechende Aufklärung überwinden. So sollte den Patienten klar vermittelt werden, dass durch eine konsequente Cholesterinsenkung das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall reduziert werden kann.

Wie also erreichen Sie bei Ihren Patienten eine optimale LDL-C-Senkung? Machen Sie sich klar, dass hoch dosierte Statine, die das LDL-C um 50 % oder mehr senken, das ASCVD-Risiko um ein Drittel mehr reduzieren als eine Statintherapie moderater Intensität, und sprechen Sie mit Ihren Patienten über die Vorteile einer maximalen LDL-C-Senkung.

Gehen Sie davon aus, dass Ihre Patienten die Behandlung vertragen werden – etwa 90 % der Patienten tolerieren die hochintensive Statintherapie ohne wesentliche Statin-assoziierte Nebenwirkungen. Erklären Sie dem Patienten, dass Myalgien unter hoch dosierten Statinen nicht häufiger auftreten als während einer moderaten Statintherapie. Falls statinbezogene Symptome auftreten, lassen diese nach dem Absetzen des Statins meist nach. Nachdem die Symptome verschwunden sind, können Sie eine niedrigere Dosierung oder ein anderes Statin geben.

Wenn Patienten tatsächlich nur eine moderate Statintherapie vertragen, können Sie zusätzlich Ezetimib (10 mg/d) und eventuell einen Gallensäurebinder oder ­Bempedoinsäure geben, um eine weitere LDL-C-Senkung zu erreichen. Bei ASCVD-Patienten, die Statine gar nicht vertragen, sollte der Einsatz eines PCSK9-Inhibitors dringend erwogen werden.

Quelle: Grundy SM et al. Mayo Clin Proc 2021; 96: 2660-2670; DOI: 10.1016/j.mayocp.2021.02.032

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