Morbus Waldenström: Rutscht Ibrutinib in die zweite Reihe?

Josef Gulden

Morbus Waldenström spricht auf den neuen BTK-Inhibitor an – Nebenwirkungen sinken. Morbus Waldenström spricht auf den neuen BTK-Inhibitor an – Nebenwirkungen sinken. © iStock/Dmitrii_Guzhanin

Bisher wird der Morbus Waldenström mit dem BTK-Inhibitor Ibrutinib behandelt. Eine selektivere Option könnte Zanubrutinib darstellen. Der Einsatz des Präparats wird momentan in Studien aller Phasen geprüft.

Der Morbus Waldenström ist ein seltenes indolentes Non-Hodgkin-Lymphom mit Knochenmarksinfiltration und monoklonaler Gammopathie im Serum. Die derzeit bedeutsamste genetische Alteration ist die L265P-Mutation im MYD88-Gen, das an der angeborenen und erworbenen Immunantwort beteiligt ist und im mutierten Zustand antiapoptotisch wirkt.

Zanubrutinib wirkt selektiver als Ibrutinib

Eine der wichtigsten therapeutischen Entwicklungen in den letzten Jahren war die Einführung des BTK-Inhibitors Ibrutinib. Der Zweitgenerations-BTK-Inhibitor Zanubrutinib ist selektiver und mindestens so wirksam wie Ibrutinib. Dieser wurde in den USA bereits zur Behandlung des rezidivierten oder refraktären Mantelzell-Lymphoms zugelassen. Nun wurden neue Daten zur Anwendung beim Morbus Waldenström vorgestellt.

Zu einer Phase-1/2-Studie präsentierte Professor Dr. Constantine S. L. Tam, Peter MacCallum Cancer Centre, Melbourne, Resultate nach dreijähriger Behandlung.1 In der Studie wurde Zanubrutinib sowohl beim neu diagnostizierten als auch beim rezidivierten/refraktären Morbus Waldenström getestet. Das Ansprechen wurde nach den IWWM-6-Kriterien bestimmt. Dabei zeigte sich eine Remission bei 70 von insgesamt 73 auswertbaren Patienten (96 %). Darunter waren 33 sehr gute partielle (45 %) und eine komplette Remission (1 %).

Die Rate an mindestens sehr guten partiellen Remissionen hatte mit der Zeit deutlich zugenommen, von 22 % nach sechs über 33 % nach zwölf auf 46 % nach 24 Monaten Behandlung. Nach drei Jahren waren 85 % der Patienten noch am Leben, 81 % progressionsfrei. Wie Prof. Tam auslegte, schienen die zu Beginn therapienaiven Patienten besser abzuschneiden mit Überlebensraten von 91,7 % gegenüber 80 % bei den rezidivierten Fällen. Ebenso die Patienten, die Mutationen im MYD88- und gleichzeitig im CXCR4-Gen aufwiesen: Hier lag die Rate an mindestens sehr guten partiellen Remissionen bei 59 %.

Vorab definierter Unterschied wurde nicht erreicht

Diese gute und mit der Zeit zunehmende Wirksamkeit bei akzeptabler Verträglichkeit bestätigte sich laut dem Referenten in der Phase-3-Studie ASPEN. In dieser waren in einer Kohorte 201 Patienten mit MYD88-Mutation auf eine Behandlung mit Zanubrutinib oder Ibrutinib randomisiert worden.2 Der Prüfarm hatte mit einem höheren Anteil an über 75-Jährigen (33 % vs. 22 %) sowie anämischen Patienten (66 % vs. 54 %) ungünstigere Voraussetzungen.

Unerwünschte Ereignisse waren seltener

Bei der Verträglichkeit war Zanubrutinib im Vorteil: Verschiedene Nebenwirkungen waren hier deutlich seltener, wie zum Beispiel Vorhofflimmern bzw. -flattern (2 % vs. 15,3 %; p = 0,0008), nicht-signifikant auch stärkere Blutungen (5,9 % vs. 9,2 %), Diarrhö (20,8 % vs. 31,6 %) und ein Hypertonus (10,9 % vs. 17,3 %). Infektionen traten unter der Prüfmedikation trotz höherer Neutropenie-Raten nicht häufiger auf und nebenwirkungsbedingte Todesfälle, Behandlungsabbrüche oder -unterbrechungen waren seltener.

Die Studie war formal negativ ausgegangen, weil beim primären Endpunkt (mindestens sehr gute partielle Remissionen) der vorab festgelegte Unterschied von 35 % vs. 15 % zwischen experimenteller und Kontrollgruppe nach einem Jahr nicht erreicht war. Stattdessen lag die Differenz bei 28,4 % vs. 19,2 % zugunsten von Zanubrutinib. Bei der Gesamtansprechrate waren die Gruppen mit 77,5 % vs. 77,8 % sogar gleichauf, ähnlich beim progressionsfreien und Gesamtüberleben. Allerdings schien sich der Unterschied zwischen den Armen mit der Zeit zu vertiefen. Dieser Effekt erreichte in einer deskriptiven Analyse statistische Signifikanz (p = 0,04) und ist angesichts der Daten aus der Phase-1/2-Studie nicht überraschend, wie der Referent betonte. Die Abnahme der IgM-Konzentrationen war unter Zanubrutinib signifikant stärker als unter Ibrutinib (p = 0,037).

Quellen:
1. Tam CSL et al. J Clin Oncol 2020; 38 (suppl; abstr 8051); DOI: 10.1200/JCO.2020.38.15_suppl.8051
2. Tam CSL et al. J Clin Oncol 2020; 38 (suppl; abstr 8007); DOI: 10.1200/JCO.2020.38.15_suppl.8007
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