Neue Strategien für Diagnostik und Therapie des follikulären Lymphoms

Dr. Claudia Schöllmann

Follikuläre Lymphome in Orbita oder Speicheldrüse können mit LDRT behandelt werden. Follikuläre Lymphome in Orbita oder Speicheldrüse können mit LDRT behandelt werden. © iStock/Vladimir Borovic

Die aktuellen Erkenntnisse zur Behandlung des follikulären Lymphoms lauten: Bei der Diagnostik geht ohne PET nichts, bei der Lokaltherapie kann mitunter weniger mehr sein und bei der Systemtherapie darf auch mal auf Zytostatika verzichtet werden.

Professor Dr. Ulrich Dührsen, Universitätsklinikum Essen, plädierte dafür, die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) in die Diagnostik des follikulären Lymphoms (FL) zu integrieren. Wenngleich dieses Verfahren derzeit nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Denn: „Die wissenschaftliche Evidenz für das PET ist erschlagend“, betonte Prof. Dührsen.

Wichtig für initiales Staging und Abschlussuntersuchung

In den lokalisierten Stadien 1/2 sollte ein PET/CT (Computer-Tomographie) nach Ansicht des Referenten und laut den Empfehlungen der aktuellen Onkopedia-Leitlinie zum FL im Rahmen des initialen Stagings einen festen Platz haben.1 Das PET/CT erlaube beim initialen Staging nicht nur eine Aussage über die Tumorlokalisation, sondern auch über die Tumormasse, sodass eine Abschätzung des Rückfallrisikos der Patienten möglich ist. Die Knochenmarksinfiltration sei durch eine PET/CT allerdings nicht erfassbar.

Von großer Bedeutung ist zudem die PET/CT nach Beendigung der Therapie im Rahmen der Abschlussuntersuchung, erklärte der Experte. Diese habe einen hohen prognostischen Wert für das Gesamtüberleben der Patienten. Das PET könne darüber hinaus auch Hinweise auf eine maligne Transformation in ein aggressives Lymphom geben. Dagegen sollten Interims-PET während der Behandlung nicht durchgeführt werden. Dafür ist die aktuelle Datenlage zu schlecht. Nachsorge-PET sollten ebenfalls unterbleiben, weil diese keine Aussagekraft haben und daher „sinnlos“ sind, erläuterte Prof. Dührsen.

Wenn es um eine Therapie des frühen FL (Stadium 1 oder 2) mit kurativer Intention geht, wird allgemein eine Bestrahlung in Kombination mit einer Systemtherapie empfohlen. Wie Professor Dr. Klaus Herfarth, Universitätsklinikum Heidelberg, berichtete, kann auch ein schonenderer Ansatz zu einem ähnlich guten Ergebnis führen. Wie die Ergebnisse der Phase-2-Studie MIR gezeigt haben, sei eine lokale Radiotherapie in Kombination mit Rituximab ähnlich wirksam wie aggressivere Ansätze – bei geringerer Toxizität und ohne Beeinträchtigung der Lebensqualität.2 Der Einsatz von Rituximab ohne Chemo entspreche allerdings einem Off-Label-Use.

Was tun bei schnell eintretendem Progress?

Professor Dr. Martin Dreyling, Klinikum der Universität München, widmete seinen Vortrag der Behandlung von Patienten mit einem Krankheitsprogress innerhalb der ersten 24 Monate nach Rituximab/Chemotherapie. Wie er zusammenfasste, stellt die Kombination aus Chemotherapie und Obinutuzumab für rituximabrefraktäre Patienten die Behandlung der Wahl dar. Bei jüngeren Betroffenen solle eine autologe Transplantation erwogen werden. Allerdings muss dafür eine maligne Transformation sicher ausgeschlossen sein. Bei älteren Patienten ist laut Prof. Dreyling der Einsatz der zytostatikafreien Kombination Lenalidomid/Rituximab zu diskutieren. Diese hat sich beim fortgeschrittenen unbehandelten FL als ähnlich wirksam wie die Kombination Rituximab/Chemotherapie erwiesen – bei überlegener Verträglichkeit.3 Bei doppelt refraktären Patienten empfiehlt der Experte, den Einsatz von PI3K-Inhibitoren zu erwägen.

Eine noch geringere Belastung für die Patienten stellt laut Prof. Herfarth die Low-Dose-Radiotherapie (LDRT) mit 2x2 Gy dar. Die „quasi homöopathische“ Bestrahlung sei für die Betroffenen ohne Risiko, aber wirke trotzdem. Diese „patientenfreundliche Alternative“ eigne sich im Besonderen für spezielle Lokalisationen wie die Orbita oder Speicheldrüsen. Und zwar nicht nur im palliativen Setting. Derzeit wird in der GAZAI-Studie4 überprüft, ob eine responsegetriggerte LDRT in Kombination mit dem CD20-Antikörper Obinutuzumab ähnlich gute Ergebnisse erzielen kann wie das MIR-Regime.

Quellen:
1. Onkopedia Leitlinie “Follikuläres Lymphom”, www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/follikulaeres-lymphom/@@guideline/html/index.html
2. Herfarth K et al. HemaSphere 2018; 2: e160; DOI: 10.1097/HS9.0000000000000160
3. Morschhauser F et al. N Engl J Med 2018; 379: 934-947; DOI: 10.1056/NEJMoa1805104
4. König L et al. Trials 2019; 20: 544; DOI: doi.org/10.1186/s13063-019-3614-y

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