Reizdarm häufig von Angst und Depressionen begleitet

Maria Weiß

Darm und Gehirn sind stark miteinander verbunden, weshalb auch psychische Störung beim Reizdarmsyndrom nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Darm und Gehirn sind stark miteinander verbunden, weshalb auch psychische Störung beim Reizdarmsyndrom nicht außer Acht gelassen werden dürfen. © iStock/ChrisChrisW

Gastrointestinaltrakt und Psyche sind eng miteinander verbunden. Da verwundert es kaum, dass viele Reizdarmpatienten auch seelisch leiden. Mitunter bieten Psychotherapie und Antidepressiva einen Ausweg.

Allzu häufig wird das Reizdarmsyndrom als rein gastrointestinale Erkrankung angesehen, schreiben Dr. ­Heidi ­Staudacher von der ­Deakin University in ­Geelong, Australien, und Kollegen. Die biopsychosozialen Zusammenhänge werden bei dem komplexen Krankheitsbild regelmäßig außer Acht gelassen. Immerhin leidet jeder dritte Patient mit Reizdarmsyndrom zusätzlich unter Angststörungen, jeder vierte unter einer Depression.

Funktionelle Dyspepsie erhöht Depressionsrisiko zusätzlich

Weibliches Geschlecht und ein niedrigeres Lebensalter scheinen Risikofaktoren für eine schwerere depressive Störung zu sein. Reizdarmpatienten mit funktioneller Dyspepsie sind bis zu viermal häufiger von Angststörungen und Depression betroffen als diejenigen mit reiner Darmsymptomatik. Liegen psychische Komorbiditäten vor, sind meist auch die funktionellen Einschränkungen der Betroffenen größer. Zahlreiche Faktoren dürften zur psychischen Erkrankung beitragen. Dazu gehören gehäuft beim Reizdarmsyndrom nachgewiesene endokrine Abweichungen wie vermehrte Kortisolausschüttung, veränderte Hirnstruktur, ein Mangel an Wachstumsfaktor BDNF* sowie eine genetische Prädisposition.

Ein weiterer wichtiger Parameter sind Abnormitäten des Darm-Mikrobioms mit Einfluss auf die Darm-Hirn-Achse. Bei Depressiven konnten Änderungen in der fäkalen Mikrobiota belegt werden, ebenso bei Reizdarmpatienten mit psychischer Komorbidität, verglichen mit solchen mit alleinigen gastrointestinalen Beschwerden.

Neben Psychoedukation und Lebensstiländerungen bei leichter Erkrankung kommen bei schwererer Symptomatik regelmäßig Antidepressiva oder Methoden der Psychotherapie zum Einsatz, etwa die kognitive Verhaltenstherapie. Zuerst aber müssen die Patienten überhaupt auf mögliche psychische Störungen hin gescreent werden, was häufig nicht erfolgt, schreiben die Experten. Des Weiteren müssen die Betroffenen die seelischen Beschwerden als Teil ihrer Krankheit akzeptieren und begreifen, dass diese Störungen Einfluss auf die Darmsymptomatik haben.

Bei der Wahl der Medikamente sollten mögliche positive Effekte auf die gastrointestinale Symptomatik von Anfang an berücksichtigt werden. Stehen Diarrhö und abdominale Schmerzen im Vordergrund, sind trizyklische Antidepressiva die richtige Wahl. Bei Verstopfung als Hauptsymptom kommen eher selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) infrage, bei Bauchschmerzen Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer.

Eine spezielle Hypnotherapie als Ergänzung kann positive Effekte auf den Darm haben und gleichzeitig angstlösend und stressreduzierend wirken. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, lassen sich die unterschiedlichen Ansätze miteinander kombinieren. So kann etwa ­Quetiapin hinzugenommen oder ein trizyklisches Antidepressivum gemeinsam mit einem SSRI gegeben werden.

* brain-derived neurotrophic factor

Quelle: Staudacher HM et al. Lancet Gastroenterol Hepatol 2021; DOI: 10.1016/S2468-1253(20)30363-0

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Darm und Gehirn sind stark miteinander verbunden, weshalb auch psychische Störung beim Reizdarmsyndrom nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Darm und Gehirn sind stark miteinander verbunden, weshalb auch psychische Störung beim Reizdarmsyndrom nicht außer Acht gelassen werden dürfen. © iStock/ChrisChrisW