Transiente globale Amnesie, TIA oder epileptischer Anfall?

Dr. Dorothea Ranft

Vegetative Begleitsymptome wie Nausea, Schwindel und Kopfschmerzen schließen eine TGA nicht aus. Vegetative Begleitsymptome wie Nausea, Schwindel und Kopfschmerzen schließen eine TGA nicht aus. © Pixabay

Amnesie, plötzlich aufgetreten, weckt schnell den Verdacht einer TIA oder eines epileptischen Anfall. Oft handelt es sich jedoch um transiente retrograde Amnesie. Experten erläutern, wie Sie das Krankheitsbild erkennen.

Typisch für die meist zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr auftretende transiente globale Amnesie (TGA) ist der plötzliche Verlust der Merkfähigkeit. Betroffene verstehen ihre Situation nicht mehr, fragen dauernd „Warum bin ich hier?“, „Wie viel Uhr ist es?“, vergessen aber die Antworten sofort wieder, erklären Neurologen der Mayo Clinic in Rochester. Gleichzeitig können sie z.B. ohne Probleme Auto fahren, denn das prozedurale Gedächtnis bleibt erhalten.

Die Patienten wirken zwar oft konfus, sind aber wach, zur Person orientiert und erkennen ihre Angehörigen zuverlässig. Vegetative Begleitsymptome wie Nausea, Schwindel und Kopfschmerzen schließen eine TGA nicht aus, weitere neurologische Symptome sollten aber Anlass für eine differenzialdiagnostische Abklärung geben, wobei an folgende Erkrankungen zu denken ist:

  • TIA bzw. Schlaganfall im posterioren Stromgebiet
  • Fokaler epileptischer Anfall bzw. postiktaler Status
  • Psychogene Amnesie
  • Metabolische Erkrankung (z.B. Hypoglykämie)

Die akute Gedächtnis-Störung hält für gewöhnlich vier bis sechs Stunden (maximal 24 Stunden) an und bessert sich anschließend schrittweise. Vielfach bleibt eine Amnesie für den Zeitraum der Attacke bestehen. Relativ häufig findet sich als Auslöser ein Valsalva-Manöver, aber auch emotionale Belastungen, Geschlechtsverkehr, heiße Bäder und Schmerzen können das Gedächtnis abstellen.

Diagnosekriterien TGA
  • Eindeutige anterograde Amnesie (von Zeugen beobachtet)
  • Weder Bewusstseinsstörung noch ldentitätsverlust
  • Keine neurologischen Symptome (während/nach der Attacke)
  • Keine Epilepsie-Zeichen (Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma oder aktiver Epilepsie werden ausgeschlossen)
  • Abklingen der Attacke innerhalb von 24 Stunden

Die Diagnose der transienten globalen Amnesie wird klinisch gestellt – auf der Basis von Anamnese, kognitiver Evaluation und körperlicher Untersuchung. CT und MRT dienen in erster Linie dem Ausschluss anderer Ursachen. Abweichend von den TGA-Kriterien ist eine gewisse retrograde Amnesie (v.a. für die nähere Vergangenheit) während der Attacken möglich.

 Neurologische Zusatzsymptome abklären

Hellhörig sollten Sie bei zusätzlichen neurologischen Symptomen werden: Aphasie, Hemiparese, sensorische Ausfälle oder Koordinationsstörungen sprechen gegen eine TGA und erfordern eine differenzialdiagnostische Abklärung. Das CT ist bei Patienten mit transienter globaler Amnesie in der Regel unauffällig. Diffusionsgewichtete MRT-Aufnahmen zeigen evtl. vorübergehend hippokampale Veränderungen ohne radiologische Evidenz für einen Hirninfarkt.

Deshalb halten die Autoren eine gezielte Schlaganfalldiagnostik mit vaskulärer Bildgebung, EKG und Herz-Echo bei typischer TGA-Symptomatik nicht für erforderlich, solange sich begleitende MRT-Veränderungen auf den Hippocampus beschränken. Da auch epileptische Anfälle eine transiente Amnesie auslösen können, wird empfohlen, bei Patienten mit kurzen, rekurrierenden Attacken bzw. oralen Automatismen oder olfaktorischen/gustatorischen Halluzinationen ein EEG abzuleiten.

Gedächtnis kompakt
  • Das Arbeitsgedächtnis kann Informationen aktuell speichern. Test: Lassen Sie Ihren Patienten eine siebenstellige Zahl wiederholen.
  • Das Kurzzeitgedächtnis speichert Informationen für Minuten bis Stunden. Test: Fragen Sie Ihren Patienten, was er den Tag über gemacht hat.
  • Das Langzeitgedächtnis speichert Informationen über viele Jahrzehnte. Test: Fragen Sie Ihren Patienten nach Geburtstag, Schulbesuch etc.



TGA von Epilepsie differenzieren: EEG

Bezüglich der Pathogenese wird derzeit die venöse Hypothese favorisiert: Die als TGA-Trigger bekannten Valsalva-Manöver erhöhen den intrathorakalen Druck. Dadurch kehrt sich bei insuffizienten Klappen der Blutstrom in der V. jugularis um – mit der Folge einer venösen Hypertension in den Temporallappen, die ihrerseits die Amnesie erklärt. Der klinische Verlauf der TGA ist selbstlimitierend mit positiver Kurzzeitprognose.

Betroffene erholen sich meist innerhalb weniger Tage vollständig, gelegentlich können leichte Residuen für Wochen überdauern. Über die Langzeitprognose ist dagegen bisher weniger bekannt. Rezidive können vorkommen, sind aber relativ selten. Nach bisheriger, teils spärlicher Datenlage wird das Risiko für Schlaganfälle, Epilepsie und kognitive Einbußen durch die TGA nicht erhöht.

Quelle: Julieta E. Arena et al., Mayo Clin Proc 2015; 90: 264-272, DOI 10.1016/j.mayocp.2014.12.001

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Vegetative Begleitsymptome wie Nausea, Schwindel und Kopfschmerzen schließen eine TGA nicht aus. Vegetative Begleitsymptome wie Nausea, Schwindel und Kopfschmerzen schließen eine TGA nicht aus. © Pixabay