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Von der Gicht gelähmt – verwirrende Knochenschäden am ganzen Körper

Mit einem schmerzhaft geröteten Fuß stellt sich eine 67-jährige Patientin in der Notaufnahme des Städtischen Klinikums Dresden vor. Besonders betroffen sind Fußrücken und Sprunggelenk, der Unterschenkel ist ebenfalls beteiligt. Neben einem Lymphödem finden sich zwei Hautläsionen in der Größe je einer Zwei-Euro-Münze. Die Fußpulse lassen sich beidseits nur schwach tasten, im Labor fällt ein massiv erhöhter CRP-Wert von 147 mg/l auf. Anamnestisch ist eine tiefe Beinvenenthrombose am nicht betroffenen Bein bekannt.
Vermutetes Erysipel erfolglos mit Penicillin behandelt
Als Ursache der Beschwerden vermuten Kristin Engel und Kollegen aus der Dresdener Klinik zunächst ein Erysipel und behandeln die ältere Dame erfolglos mit Penicillin. Zwei weitere naheliegende Erkrankungen – die periphere arterielle Verschlusskrankheit und eine tiefe Beinvenenthrombose – können sie ebenfalls ausschließen.
Also geht die Suche weiter: CT und MRT fördern Erosionen an sämtlichen knöchernen Strukturen des Sprunggelenks, am Mittelfuß und der Ossa metatarsalia III und IV zutage. Zudem fallen gekammerte Flüssigkeitsansammlungen, Weichteilschwellungen und multiple Kalkdepots auf. Unter dem Verdacht auf einen Abszess erfolgt eine operative Sanierung. Als potenzieller Auslöser wird Streptococcus dysgalactiae nachgewiesen. Die Abheilung gelingt erst nach mehrfacher Revision und nur mit plastischer Deckung.
Auch die Abklärung eines weiteren Symptoms der Patientin – beidseitige Schulterschmerzen – ergibt osteolytische Destruktionen mit Verkalkungen. Die Läsionen finden sich an Sternoklavikular- und Sternokostalgelenken sowie den Halswirbelkörpern 5/6. Jetzt vermuten die Autoren eine chronische Osteomyelitis.
In der Folge entwickelt die Patientin lumbosakrale Schmerzen und eine Paraparese beider Beine. In der MRT stellt sich eine aseptische Entzündung der Brustwirbelkörper 12 bis Lendenwirbelkörper 5 dar, mit Einbruch in Wirbelbögen und Os sacrum.
Der intraoperative Befund weckt Tuberkuloseverdacht. Statt säurefester Stäbchen werden jedoch E. coli und Enterococcus faecium nachgewiesen. Die histologische Aufarbeitung ergibt Gichttophi. Der Nachweis doppelbrechender Kristalle führt letzten Endes zur Diagnose superinfizierte Arthritis urica.
Mit einer Prednisolon-Stoßtherapie und harnsäuresenkenden Maßnahmen kriegen die Ärzte die Entzündung in den Griff, das CRP sinkt auf 27 mg/l. Im Nachhinein fällt ihnen ein wohlbekannter Risikofaktor für die Gichtarthritis auf: Die Patientin ist schon länger alkoholabhängig. Die atypisch lokalisierten Knochendestruktionen verzögerten die Diagnose und die prätibialen Hautdefekte wurden nicht einer Gicht zugeordnet.
Quelle: Deutscher Rheumatologiekongress 2020 – virtuell
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