Wann beim Barrett-Ösophagus eine Radiofrequenzablation nötig ist

Michael Brendler

Ablation eines zirkulären Barrett-Ösophagus (Prag-Klassifikation C11, M1): vor Ablation (links) unmittelbar nach der zirkulären Radiofrequenzablation (Mitte) und drei Monate nach Ablation mit stattgehabter Reepithelialisierung (rechts). Ablation eines zirkulären Barrett-Ösophagus (Prag-Klassifikation C11, M1): vor Ablation (links) unmittelbar nach der zirkulären Radiofrequenzablation (Mitte) und drei Monate nach Ablation mit stattgehabter Reepithelialisierung (rechts). © Striegel J, Jakobs R. internistische praxis 2018; 59: 43-51 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Barrett-Ösophagus gleich Präkanze­rose: dieses Dogma wurde inzwischen relativiert. Fehlen intraepitheliale Neoplasien, kommt es nur selten zu einem Adenokarzinom. Aber in welchem Intervall Kontrollen erfolgen sollten – darüber wird weiterhin diskutiert. Liegen Dysplasien vor, ermöglicht die Ablation eine gezielte Therapie.

Es sind wahrlich kleine Details, die beim Barrett-Ösophagus den Unterschied ausmachen: 0,12–0,3 % beträgt das jährliche Progressionsrisiko zum Adenokarzinom, wenn das metaplastische Zylinderepithel das ursprüngliche Plattenepithel in der Speiseröhre ersetzt hat. Sind jedoch erste Neoplasien im Epithel entstanden, geht es schneller: Eine niedriggradige Dysplasie wandelt sich in zwölf Monaten in 13,4 % der Fälle in eine hochgradige um.

Die diagnostische Strategie zielt deshalb darauf ab, solche Schleimhautveränderungen rechtzeitig zu entdecken und neoplastische von harmloseren Stadien zu unterscheiden, schreiben Dr. Johannes Striegel und Professor Dr. Ralf Jakobs von der Medizinischen Klinik C des Klinikums Ludwigshafen am Rhein. Die Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) rät, bei endoskopischem Verdacht alle suspekten Areale im betroffenen Abschnitt zu biopsieren und über das Barrett-Segment alle ein bis zwei Zentimeter eine 4-Quadranten-Probeentnahme durchzuführen.

Keine Krebsprophylaxe mit Medikamenten

Der klinische Effekt von ASS, NSAR und Statinen auf die Progression einer Barrett-Schleimhaut bleibt unklar. Zwar legen kleinere Studien und in-vitro-Daten nahe, dass die Medikamente die Ausbildung in­traepithelialer Neoplasien hemmen, doch randomisierte Untersuchungen fehlen. Der prophylaktische Einsatz ist demnach nicht zu empfehlen.

Sinnvolles Kontrollintervall: alle drei bis fünf Jahre

Über das weitere Vorgehen gibt es jedoch zwischen europäischen und deutschen Experten Uneinigkeiten. Während die DGVS in der aktuellen Leitlinie bei fehlenden Neoplasien empfiehlt, nach zwölf Monaten endoskopisch nachzukontrollieren, befürwortet die europäische Gesellschaft für gastrointestinale Endoskopie ein weniger invasives Vorgehen:
  • Barrett-Segmente < 1 cm Länge: Routinekontrollen überflüssig (Hier seien keine Adenokarzinome zu befürchten)
  • ≥ 1 bis < 3 cm: Endoskopie nach fünf Jahren
  • ≥ 3 cm bis < 10 cm: Kontrolle nach nach drei Jahren
  • ≥ 10 cm: Überweisung an Spezialzentrum
Welche Empfehlung langfristig Bestand haben wird, bleibt abzuwarten, so die Autoren. Sie halten ein Intervall von drei bis fünf Jahren für sinnvoll. Einigkeit herrscht dagegen über das Vorgehen, wenn etwas gefunden wird. Zwar sollten histopathologisch nachgewiesene niedriggradige Neoplasien reseziert werden. Allerdings müssen sie dafür endoskopisch lokalisierbar und referenzpathologisch bestätigt sein. Letztere Devise ist relativ neu: Denn Studien haben gezeigt, dass der Zweitcheck nur 15–27 % der Befunde bestätigt. Häufig entdeckt man intraepitheliale Neoplasien in den Zufallsbiospien, die kein endoskopisch sichtbares Korrelat aufweisen. Laut der deutschen Leitlinie ist dann eine Überprüfung nach sechs Monaten fällig. Findet sich in dieser Kontrolle keine Dysplasie mehr, genügt eine Überwachungsstrategie wie bei nicht-neoplastischem Barrett. Bestätigt sich das Ergebnis, steht jedoch eine Ablation des entsprechenden Segments an. Denn die Persistenz gilt als Progressionsrisikofaktor.

Auch hochgradigen Neoplasien mit Strom den Garaus machen

Die Ablation (s. Kasten) ist auch bei sichtbaren hochgradigen Veränderungen Therapie der Wahl. Manifeste Adenokarzinome werden endosonographisch weiter diagnostiziert und dann für die eingehendere Tumordiagnostik endoskopisch reseziert. OP-Indikationen umfassen eine Lymph- bzw. Blutgefäßinvasion, eine tiefe Infiltration in die Submukosa, einen schlechten Differezierungsgrad sowie einen Tumorrest am basalen Resektionsrand. 

Verbrutzelt und abgekratzt

Die Radiofrequenzablation gilt aktuell als das am besten validierte Verfahren und ist somit Methode der Wahl bei dysplastischem Barrett. Verschiedene Sondentypen lassen sich unterscheiden: Für zirkuläre Segmente gibt es z.B. Ballonkatheter. Auf dem Ballon sitzt eine Elektrode, mit der das Gewebe koaguliert und anschließend mit einer weichen Kappe auf der Endoskopspitze abgeschabt wird. Die Gesamtkomplikationsrate der Hitzedenaturierung liegt laut einer Metaanalyse bei 8,8 %, die Eradikationsrate der Dysplasien laut einer anderen bei 91 %. Als Alternative – besonders für kleinere (Rest-)Barrett-Areale – kommt den Autoren zufolge die Argon-Plasma-Koagulation infrage.

Manche dysplastische Zelle wird lediglich vergraben

Sämtliche ablative Verfahren gehen mit einem Langzeitproblem einher: den sogenannten „buried glands“. Das sind nicht erfasste dysplastische Zellen, die sich nach der Reepithelisierung wieder ausbreiten können und durch oberflächliche Kontrollbiopsien nicht erfasst werden. Die klinische Bedeutung solcher Zellen bleibt laut den Experten derzeit aber unklar. Grundsätzlich profitieren Patienten mit Neopla­sien in der Barrett-Schleimhaut von einem Überwachungsprogramm.

Quelle Text und Abb.: Striegel J, Jakobs R. internistische praxis 2018; 59: 43-51 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

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Ablation eines zirkulären Barrett-Ösophagus (Prag-Klassifikation C11, M1): vor Ablation (links) unmittelbar nach der zirkulären Radiofrequenzablation (Mitte) und drei Monate nach Ablation mit stattgehabter Reepithelialisierung (rechts). Ablation eines zirkulären Barrett-Ösophagus (Prag-Klassifikation C11, M1): vor Ablation (links) unmittelbar nach der zirkulären Radiofrequenzablation (Mitte) und drei Monate nach Ablation mit stattgehabter Reepithelialisierung (rechts). © Striegel J, Jakobs R. internistische praxis 2018; 59: 43-51 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Das Barrett-Ösophagus vor der Ablation. Das Barrett-Ösophagus vor der Ablation. © Striegel J, Jakobs R. internistische praxis 2018; 59: 43-51 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Die Speiseröhre unmittelbar nach der zirkulären Radiofrequenzablation. Die Speiseröhre unmittelbar nach der zirkulären Radiofrequenzablation. © Striegel J, Jakobs R. internistische praxis 2018; 59: 43-51 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
Und die Speiseröhre drei Monate nach Ablation mit stattgehabter Reepithelialisierung. Und die Speiseröhre drei Monate nach Ablation mit stattgehabter Reepithelialisierung. © Striegel J, Jakobs R. internistische praxis 2018; 59: 43-51 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach