Der Barrett-Ösophagus ist weniger bösartig als gedacht

Dr. Angelika Bischoff

Ohne Dysplasie keine endoskopische Therapie nötig, bei geringgradiger Neoplasie allerdings schon. Ohne Dysplasie keine endoskopische Therapie nötig, bei geringgradiger Neoplasie allerdings schon. © Fotolia/Sebastian Kaulitzki

Aus einem Barrett-Ösophagus kann sich bekanntermaßen ein Adenokarzinom entwickeln. Zwar ist das Risiko, falls keine Dysplasie vorliegt, geringer als bisher angenommen. Dennoch gilt es, Risikopatienten im Auge zu behalten

Der Barrett-Ösophagus kann als Komplikation einer gastrointestinalen Refluxerkrankung (GERD) auftreten. Man bezeichnet damit eine Metaplasie der Schleimhaut der distalen Speiseröhre, schreiben die Gastroenterologen um Professor Dr. Stefan­ Seewald,­ Klinik Hirslanden Zürich. Es bilden sich Zylinder­epithelzellen, die der Magenschleimhaut ähneln und die durch den ständigen Reflux geschädigten Plattenepithelzellen des Ösophagus ersetzen.

Hochgradige Läsionen fast immer rezidivfrei behandelbar

Patienten mit behandlungsbedürftigen Refluxbeschwerden sollten endoskopiert werden, wenn Alarmsignale wie Dysphagie, Gewichtsverlust > 5 %, Anämie oder eine positive Familienanamnese für Malig­nome des oberen Verdauungstrakts vorliegen. Auch Risikofaktoren wie männliches Geschlecht, Alter ≥ 50 Jahre, chronischer Reflux, axiale Hiatushernie, Nikotinabusus oder Übergewicht gelten als Argumente. Mit der Anzahl der Faktoren steigt die Dringlichkeit einer Endoskopie. Ein besonders hohes Risiko für einen Barrett besitzen Menschen, die vor dem 30. Lebensjahr Refluxsymptome entwickeln.

In der Endoskopie dominieren zungenförmige rötliche Schleimhautausläufer, die nach proximal reichen. Die Diagnose erfolgt his­tologisch, da sich endoskopisch die verschiedenen entarteten Epitheltypen nicht unterscheiden lassen. Liegen allerdings entzündliche Veränderungen im Sinne einer Ösophagitis vor, raten die Experten vor der Biopsie zu einer vierwöchigen Therapie mit PPI.

Da ein Barrett-Ösophagus ohne Dysplasien höchst selten maligne entartet, besteht in diesem Fall keine Indikation für eine endoskopische Therapie. Ein Jahr nach der Diagnosestellung sollte die erste Kontrolle erfolgen. Danach reicht alle drei bis vier Jahre eine hochauflösende Videoendoskopie. Bei der Prozedur entnimmt man multiple Biopsien aus allen suspekten Arealen.

Auf die Größe kommt es an

Die Prag-Kriterien helfen, einen Barrett-Ösophagus zu beschreiben. Sie um­fassen:
  • Länge (kurz < 3 cm, lang > 3 cm)
  • Zirkuläre Ausdehnung, inkl. Abstand (C) und maximale Ausdehnung nach proximal (M)

Dauertherapie mit PPI senkt das Entartungsrisiko

Unabhängig von einer potenziellen Ösophagitis erhalten alle Patienten eine PPI-Dauertherapie. Sie senkt das Risiko für die maligne Entartung zu Dysplasie oder Adenokarzinom. Eine durch einen spezialisierten Pathologen bestätigte geringgradige Dysplasie in der Barrett-Schleimhaut weist eine Karzinominzidenz von bis zu 13 % jährlich auf. Die bisher bei Dysplasie empfohlene Kontrollendoskopie alle sechs Monate greift deshalb wohl zu kurz. Vielmehr sehen die Autoren bereits die niedriggradige Dysplasie als klare Indikation für eine Radiofrequenz­ablation der Barrett-Schleimhaut. Diese kann das Progressionsrisiko um 25 % senken. Eine hochgradige Neoplasie bzw. ein intramukosales Karzinom lassen sich endoskopisch resezieren. Wenn die histologische Untersuchung des Exzidats bestätigt, dass das frühkarzinomatöse Gewebe vollständig abgetragen wurde, erfolgt die Ablation der übrigen Barrett-Schleimhaut. Fast alle Patienten erreichen nach diesem Vorgehen langfristig eine Heilung ohne Rezidiv.

Ausbreitung von Metastasen extrem selten

Findet der Pathologe eine tiefe submukosale Infiltration, erfolgt i.d.R. eine Op. Die Gefahr einer nodalen Metastasierung steigt mit der Tiefe des Tumors. Lediglich für hochdifferenzierte Tumoren, die weniger als 500 µm tief submukös reichen, ohne dass Lymph- oder Blutgefäße beteiligt sind, kommt die endoskopische Resektion noch in Betracht. Die sehr geringe Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung muss man nun gegen das Risiko des Eingriffs abwägen.

Das Barrett-Paradoxon

Etwa 10–15 % der Patienten, die sich aufgrund ihrer Refluxsymptome einer Endoskopie unterziehen, weisen einen Barrett-Ösophagus auf. Andererseits leidet nahezu die Hälfte der Menschen mit Barrett-Schleimhaut nicht an Refluxbeschwerden.

Seewald S et al. Swiss Medical Forum 2017; 17: 135-142

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Ohne Dysplasie keine endoskopische Therapie nötig, bei geringgradiger Neoplasie allerdings schon. Ohne Dysplasie keine endoskopische Therapie nötig, bei geringgradiger Neoplasie allerdings schon. © Fotolia/Sebastian Kaulitzki