Digitale Krankschreibung jetzt auch bei Regelschmerzen

e-Health , Telemedizin Autor: Michael Reischmann/Tim Förderer

Das Start-up erweitert seinen Krankschreibungsservice um Regelschmerzen. Das Start-up erweitert seinen Krankschreibungsservice um Regelschmerzen. © llhedgehogll, gustavofrazao – stock.adobe.com

Das Telemedizin-Start-up AU-Schein.de bietet neben Krankschreibungen wegen einer Erkältung nun auch Atteste bei Menstruationsbeschwerden an.

„Rechtlich sind Regelschmerzen ein genau so guter Grund für Krankschreibungen, wie jede normale Erkrankung“, wirbt der Chef von AU-Schein.de, Dr. jur. Can Ansay, für den neuen Krankschreibungsservice seiner Telemedizin-Plattform.

Frauen können sich mithilfe des Online-Angebots bei akuten, starken Regelschmerzen krankschreiben lassen, ohne dafür eine Arztpraxis aufsuchen zu müssen. Die Patientin füllt dazu einen digitalen Fragebogen aus. Der Tele-Arzt prüft die Symptome und stellt bei Übereinstimmung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die gewünschte Dauer von ein bis drei Tagen aus. Der Service kostet 9 Euro. Wer den AU-Schein auch auf Papier haben will, zahlt 5 Euro mehr.

„Bleiben Sie bei starken Regelschmerzen zuhause!“, heißt es auf der Homepage. „Keine falsche Scham: Ihr Arbeitgeber sieht Ihre Diagnose nicht!“

Während bei den Erkältungskrankschreibungen der Service laut Anbieter auf zweimal im Jahr beschränkt ist, sind AU-Scheine wegen starker Regelschmerzen – keine Überraschung – bis zu zwölfmal im Jahr erhältlich. Rechtsanwalt Dr. Ansay bietet auch ein „kostenloses und für beide Seiten unverbindliches Anwaltsschreiben insbesondere zur Aufklärung von Missverständnissen Ihres Arbeitgebers“ an. Ferner heißt es: „Es ist übrigens auch nicht Aufgabe des Arztes, mögliche Täuschungsversuche ohne Verdacht aufzudecken.“

Das Hamburger Start-up startete im Dezember 2018. Nach eigenen Angaben nutzten innerhalb des ersten halben Jahres mehr als 10 000 Patienten die digitale Krankschreibung bei Erkältung. Angeblich akzeptierten bislang alle Arbeitgeber und Krankenkassen das digitale Attest. Mittlerweile ist das Unternehmen auch in Österreich und der Schweiz aktiv. Es kündigt an, seinen Service auszubauen: „Weitere Erkrankungen folgen sehr bald.“

Medizinredakteur Tim Förderer im Medical-Tribune-Selbstversuch

Krankschreibung übers Internet, ganz einfach, hundert Prozent gültiger AU-Schein und nur neun Euro? Das probier ich mal. Zur Auswahl stehen Erkältung oder Regelschmerzen, mal sehen wie die Kollegen arbeiten, ich entscheide mich für letzteres. Ob ich mittelstarke bis starke krampfartige Schmerzen im Unterbauch habe? Na klar. Darunter stehen 15 Symptome zur Auswahl, bei „Wer wird Millionär“ ist das aber einfacher. Ich entscheide mich für tiefsitzende Rückenschmerzen, Kopfweh und Appetitlosigkeit. Es folgen ein paar anklickbare Antworten: Keine weiteren Symptome, körperliche Ursachen für meine Regelbeschwerden sind mir nicht bekannt, natürlich nicht. Los gings heute und meine Alltags- und Berufsaktivitäten sind selbstverständlich stark gestört. Arbeitsunfähig fühle ich mich für drei Tage, ich will ja was für mein Geld. Auf der nächsten Seite möchte man wissen, ob ich schwanger bin, möglicherweise sagt mein Bauchumfang ja was anderes, aber nein. Meine Blutgerinnung ist nicht gestört und ich nehme auch keine Blutverdünner. Es folgt eine Reihe von Ausschlusskriterien, ich verhüte nicht mit Spirale und nehme auch keinen Ovulationshemmer. Dann geht’s ans Eingemachte, also datenmäßig: Geburtstag, Vor- und Nachname, Handynummer, Mailadresse, Adresse, Land sowie meine Krankenkasse samt Kennnummer und persönlicher Kennnummer. Da hinter jedem Feld ein Sternchen steht, nehme ich an, ich muss alles ausfüllen. Schwupps nur noch bezahlen und dann warten. Meine Anfrage wird abgelehnt. Begründung gibt es keine, ein Geschlecht hatte ich ja nicht angeben müssen… Immerhin kann ich mein Geld zurückfordern. Nächstes Mal probiere ich doch den Schnupfen und gehe jetzt mal meine Eierstöcke pflegen.

Medical-Tribune-Bericht