Algorithmus erkennt ambulant erworbene Pneumonie am Husten

Autor: Dr. Anne Benckendorff

Durch den Algorithmus kann die Pneumonie-Diagnose auch von zu Hause aus geschehen. (Agenturfoto) Durch den Algorithmus kann die Pneumonie-Diagnose auch von zu Hause aus geschehen. (Agenturfoto) © iStock/Cunaplus_M.Faba

Ferndiagnose ohne Ansteckungsgefahr: Einfach ins Smartphone husten, ein paar Daten eingeben, und schon steht die Diagnose Pneumonie. Ein australischer Algorithmus machts´s möglich.

Die Diagnose einer ambulant erworbenen Lungenentzündung (CAP) lässt sich mit den üblichen Methoden in der täglichen Praxis nicht immer zuverlässig stellen. Australische Forscher haben nun einen Algorithmus entwickelt, der eine Lungenentzündung in 86 % der Fälle richtig erkennt. Basis dafür sind die mit dem Smartphone aufgenommenen Hustengeräusche und vier vom Patienten angegebene Symptome. Die Rationale dahinter: Unterschiedliche Atemwegserkrankungen gehen mit unterschiedlichen Tönen beim Hustenstoß einher.

Um den Algorithmus zu entwickeln, rekrutierten der Pädiater Professor Dr. Paul Porter, Curtin University, Perth, und Kollegen in den Jahren 2016 und 2017 eine Kohorte von Klinikpatienten im Alter von mindestens zwölf Jahren. Viele waren aus anderen Gründen statio­när aufgenommen worden und hatten zufällig respiratorische Symptome. Mit Blick auf die Atemwegserkrankungen entsprachen sie daher etwa der Klientel einer ambulanten Praxis.

Diese Patienten sollten nun fünfmal husten, wobei die Hustengeräusche mit einem konventionellen iPhone 6 aufgenommen wurden. Die Mitschnitte dauerten jeweils weniger als eine Minute und beinhalteten auch die üblichen Hintergrundgeräusche wie Gespräche oder das Brummen medizinischer Geräte. Mit diesen Aufnahmen und Informationen über die von den Patienten berichteten Atemwegssymptome fütterten die Wissenschaftler ihren Computer. Aus den Daten entwickelten sie schließlich einen Algorithmus.

Um diesen zu testen, rekrutierten Prof. Porter und Kollegen eine zweite Kohorte von gut 300 Patienten im selben Krankenhaus. 163 von ihnen hatten nach den Kriterien der European Respiratory Society eine ambulant erworbene Pneumonie.

86 % der CAP-Fälle werden erkannt

Die anderen litten unter anderem an Infektionen der oberen Atemwege, Bronchitis oder Asthma (Patienten mit COPD hatte man für die Studie nicht berücksichtigt.) Auch bei diesen Kranken wurden fünf Hus­tenstöße mit dem Smartphone aufgenommen; außerdem fragte man sie nach Fieber innerhalb der letzten Woche, akutem (≤ 7 Tage) oder produktivem Husten sowie nach ihrem Alter.

Das Ergebnis: Der Algorithmus erkannte 86,2 % der CAP-Fälle korrekt; 86,5 % derjenigen ohne Pneumonie waren auch gemäß des Algorithmus negativ. Dies galt unabhängig vom Alter der Patienten und vom Schweregrad der Lungenentzündung.

Nach Einschätzung der Studienautoren bekommen die Ergebnisse angesichts der zunehmenden Bedeutung der Telemedizin ganz neue Relevanz. Schließlich ist für die Smartphone-basierte Diagnose der CAP keine klinische Untersuchung und damit auch kein Praxisbesuch nötig.

Quelle: Porter P et al. Br J Gen Pract 2021; 71: e258-e265; DOI: 10.3399/BJGP.2020.0750