So lässt sich die Telemedizin in der Diabetes-Schwerpunktpraxis umsetzen
Zusammen mit Kollegen betreibe ich eine Diabetes-Schwerpunktpraxis in Eisenach in Thüringen, mit einer Hauptpraxis und zwei Zweigpraxen. Dort bieten wir ausgewählten Patienten an, sie im Rahmen einer Videokonferenz zu konsultieren – sinnvoll ist dies insbesondere im ländlichen Raum, wo die Anfahrtswege oftmals weit sind oder das Patientenklientel im fortgeschrittenen Alter und damit weniger mobil ist.
Software verschiedener Anbieter und separate Technik
Neben der üblichen Hard- und Software einer Schwerpunktpraxis haben wir einen separaten internetfähigen Rechner sowie ein Ausleseterminal mit Touchscreen und einen großen Flatscreen-Bildschirm, den ich auch für die Video-Sprechstunde nutzen kann. Als Software nutzen wir die Ausleseprogramme der Diabetes-Technologiefirmen Abbott, Dexcom, Medtronic und Roche, daneben, falls erforderlich, die cloudbasierten Onlineprogramme Carelink-Pro®, Clarity, Mylife digital, Accu-Chek® connect und Libreview. Der Down- und Upload der Daten geht dann auf den zentralen Server und ist somit auf allen Arbeitsplätzen abrufbar.
Daten werden vor dem Termin bereitgestellt
Vor einer Videosprechstunde stellen Patienten ihre Daten aus Pumpe und CGM-System on- oder offline in das System ein. Möglich ist es aber auch, uns die Daten zu faxen, zu mailen oder auch ganz traditionell mit der Post zu schicken. Zur Videosprechstunde lade ich mir dann die Auswertungen auf den Bildschirm und mache mich mit ihnen vertraut, bevor ich den Patienten aus dem virtuellen Wartezimmer aufrufe. Der Zugang erfolgt über das Portal eines externen Anbieters, nach Eingabe von Namen und Zugangsdaten habe ich den Patienten bzw. seine aktuellen Daten vor mir, beim diabetischen Fußsyndrom (DFS) auch ein aktuelles Foto. Das virtuelle Arzt-Patienten-Gespräch über Telefon oder Video ist inhaltlich im Wesentlichen identisch mit dem persönlichen Vis-à-vis-Gespräch.
Technische Voraussetzungen auf Seiten der Patienten
Damit das alles reibungslos funktioniert, sind einige technische Voraussetzungen notwendig: Der Patient benötigt einen PC, ein Tablet oder ein Smartphone mit Kamera und Mikrofon und natürlich einen Internetzugang mit aktuellem Browser. Die Praxis benötigt das alles ebenfalls und zusätzlich einen zertifizierten Videodienstanbieter, außerdem müssen die Zulassungs- und Abrechnungsvoraussetzungen der KV Thüringen erfüllt werden.
So weit, so gut. Die Ersparnis von Zeit- und Fahrtaufwand auf Seiten der Patienten ist enorm, was von diesen sehr geschätzt wird. Doch es gibt Enschränkungen:
- Die technische Ausstattung und das digitale Know-how seitens der Patienten ist oft gering – die Browser sind häufig veraltet, es ist kein Smartphone vorhanden.
- Die Netzverbindungen sind gerade im ländlichen Raum manchmal instabil. Das bringt wiederum Zeitaufwand mit sich, wenn Ton- und Bildqualität schlecht sind und die Verbindung immer wieder zusammenbricht.
- Manche Systeme unterstützen das Hochladen der Daten nicht (z.B. iOS).
- DFS-Patienten benötigen Fremdhilfe für das Foto durch einen Angehörigen oder durch eine Wundschwester.
Telemedizin aktuell ein sinnvolles Zusatzangebot
Finanziell rechnet sich die Telemedizin nicht. Unser Lösungsansatz: Patienten, für die eine Videosprechstunde infrage kommt, erhalten neben zwei Präsenzterminen im Jahr zwei weitere Videokonferenztermine. Die elektronische Gesundheitskarte wird mit der Post zugeschickt oder von Angehörigen gebracht, um den Chip einzulesen, Rezepte werden mitgegeben oder zugeschickt. Bei DFS-Patienten ist die Chipkarte meist nicht notwendig, der Patient ist ja bereits bekannt durch häufige Kontakte. Wir vereinbaren einen synchronen Termin mit Arztkonsultation, Wundbetrachtung und Fotoversendung in derselben Sitzung, auch dafür lassen sich bereits Abrechnungsziffern nutzen.